Allein im Januar kamen 5,1 Millionen Touristen nach Spanien. Das sind sechs Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Schon wieder ein Rekord, denn das gesamte Vorjahr war bereits ein Rekordjahr. Noch nie kamen so viele Menschen nach Spanien. Und stärker noch als die Zahl der Besucher stieg der Umsatz: 7,1 Milliarden Euro gaben sie im ersten Monat des Jahres aus, 165 Euro pro Tag, fast neun Prozent mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Die Daten des nationalen Statistikinstituts belegen zwei Trends: Der Tourismus in Spanien wird anspruchsvoller. Und die Fremden kommen längst nicht mehr nur im Sommer.
Den Luxus-Trend illustrieren spektakuläre Neueröffnungen wie ein für 90 Millionen Euro renoviertes Hotel in Madrid mit dem passenden Namen „The Palace“. Schon Pablo Picasso, Marie Curie, Salvador Dalí oder Mata Hari übernachteten hier. Mit mindestens 100 Millionen Besuchern rechnet Spanien in diesem Jahr. Die wenigsten werden im „Palace“ übernachten, aber alle tragen sie zur florierenden Wirtschaft Spaniens bei.
Doch die schönen Umsatzzahlen können über eine Schattenseite der Entwicklung nicht hinwegtäuschen: Mehr Besucher und mehr Luxus benötigen mehr Personal. Und das ist mancherorts kaum mehr zu finden, insbesondere auf Inseln wie den Balearen und Kanaren. Allein die Hotelkette Meliá muss 1800 offene Stellen besetzen, die meisten auf den Balearen, berichtet die Zeitung El País. Die Iberostar-Kette bietet in diesen Tagen „Job-Days“ auf Mallorca an, um 150 Angestellte zu werben. Der Trend gehe zu ganzjährigen Anstellungen, bestätigt eine Sprecherin der Hotelkette Riu. Man plane in diesem Jahr zwar keine Neueröffnungen, aber mehrere Häuser, die bisher im Winter geschlossen hatten, öffnen nun ganzjährig.
Größere Hotelketten können ihre Angestellten teils mit kostenfreier Logis locken. Doch viele Zimmerfrauen, Barmänner und Küchenhilfen müssen sich selbst um ein Dach über dem Kopf kümmern. Und dort treffen sie auf einen völlig überhitzten Wohnungsmarkt, dessen Preise sich vom örtlichen Lohnniveau vollends entkoppelt haben. Und zudem sind Wohnungen knapp, was wiederum dem Tourismus geschuldet ist. An die 30 000 illegale Ferienbetten gibt es allein auf Mallorca, schätzt der Tourismusminister der Insel. Viele Hotelangestellte hausieren deshalb in Campingmobilen, manche fahren Dutzende Kilometer weit ins Hinterland oder geben 80 Prozent ihres Gehalts für eine Wohnung aus. Die Wohnungsnot hat längst Auswirkungen auch auf Restaurants und den Einzelhandel, die keine Angestellten mehr finden, weil die wiederum die hohen Mieten nicht bezahlen können. In Mallorcas Supermärkten sind laut Medienberichten mehr als 500 Stellen unbesetzt.
„Dass noch mehr Touristen kommen, führt nicht zu einer Verbesserung der Arbeitsplätze, im Gegenteil, es bedeutet mehr Arbeit und schlechtere Bedingungen“, sagt Sara del Mar, die Vorsitzende der Zimmerfrauen-Gewerkschaft Kellys auf den Balearen. Zwar würden Arbeitskräfte gebraucht, aber die Arbeitsbedingungen und die Wohnungssituation machten es für Auswärtige schwerer als bisher, auf Mallorca eine Arbeit anzunehmen. „Man kann nicht 1200 Euro Miete bezahlen, wenn man 1400 verdient“, sagt del Mar. So viel wie ein Osterwochenende im Madrider „Palace“ kostet. Ohne Frühstück.