Am Donnerstagvormittag, dem Tag von Halloween, hätte Elon Musk zur Anhörung vor einem Gericht in Pennsylvania erscheinen sollen. Der dortige Bezirksstaatsanwalt Larry Krasner hatte dem Multimilliardär vorgeworfen, mit seiner Millionen-Lotterie im Rahmen des Wahlkampfes „unbestreitbar“ gegen das Gesetz in dem US-Bundesstaat zu verstoßen. Aber statt des Beschuldigten kamen nur seine Anwälte –und wollten dafür sorgen, dass sich ein Bundesgericht mit der Sache befassen muss. Der Richter pausierte das Verfahren vorerst, Fortsetzung ungewiss.
Elon Musk war derweil anderweitig beschäftigt, sichtbar in seinem Netzwerk X, vormals Twitter. Da gratulierte er zum Beispiel einem „Joshua aus North Carolina“, der soeben einen Scheck über eine Million Dollar erhalten hatte. Diese Summe verlost der reichste Mensch der Welt bis zum Wahltag am 5. November 18 Tage lang täglich an Bewerber in den jeweiligen Swing States, die sich an Musks Petition beteiligen. Nicht nur der Bezirksstaatsanwalt Krasner in Pennsylvania hält diese offenkundig politisch motivierte Tombola für illegal.
120 Millionen Dollar für die Wahlkampagne von Trump
Musks Petition tritt ein für die fortgesetzte Verwendung der amerikanischen Verfassungszusätze eins und zwei, die freie Meinungsäußerung und freien Waffenbesitz garantieren. Als seien dieses First Amendment und Second Amendment in Gefahr, wenn die Demokratin Kamala Harris gewinnt. Wer einen registrierten Wähler zur Unterschrift anregt, bekommt 47 Dollar. Unter den Teilnehmern wird der Hauptgewinn ausgelost. Er sei „ein Vater von drei wunderbaren Kindern“, sagt der aktuelle Millionen-Gewinner Joshua aus North Carolina. „Ich will, dass sie in einem Amerika aufwachsen, in dem sie ihre grundlegenden Rechte und Freiheiten nicht verlieren.“
Gegner von Donald Trump haben eher Angst, dass ihm da gerade Stimmen gekauft werden und der Republikaner die Demokratie schleifen würde, falls er am kommenden Dienstag die Wahl gewinnt. Sorgen macht vielen auch die rassistische und sexistische Rhetorik von Trump und seinen Leuten, die kürzlich im Madison Square Garden in New York einen neuen Höhepunkt erreichte. Elon Musk dagegen ist seit einiger Zeit der vielleicht wichtigste und in jedem Fall wohlhabendste Wahlhelfer von Donald Trump.
Ungefähr 120 Millionen Dollar hat der Besitzer von Tesla, Space X, Starlink und eben X in Trumps Kampagne gepumpt, vorneweg über ein Aktionskomitee namens PAC America. Für ihn ist das ein Klacks, sein Vermögen beläuft sich laut Forbes auf derzeit circa 265 Milliarden Dollar, und er hat nicht nur wegen seiner Satelliten schon jetzt üppige Verträge mit der US-Regierung. Noch wichtiger als sein Geld könnte allerdings sein Einfluss im Internet sein, auf X folgen ihm gut 200 Millionen Menschen.
Als er das damals Twitter genannte Unternehmen 2022 für 44 Milliarden Dollar erwarb, versprach der Käufer Neutralität. „Damit Twitter das Vertrauen der Öffentlichkeit verdient, muss es politisch neutral sein, was bedeutet, dass es die extreme Rechte und die extreme Linke gleichermaßen verärgert“, schrieb Musk damals. Nun hat er sich klar auf die Seite von Trumps „Maga“-Bewegung geschlagen und beschimpft Kritiker wie die New York Times als „pure Propaganda“.
In der Mittelschicht werde es „Härtefälle“ geben, kündigt Musk an, aber das sei „notwendig“
Mit Trump steht er gemeinsam auf Bühnen, hüpft dort herum oder reißt die Arme nach oben, auf dem Kopf ein schwarzes „Maga“-Käppi der besonders radikalen Trump-Gemeinde. „Maga“ steht für „Make America great again“. „Ich bin Dark Gothic Maga“, sagte Musk am Sonntag in Manhattan. „Wir werden die Regierung von Ihrem Rücken und aus Ihrem Portemonnaie holen“, sagte er. „Und Amerika wird einfach nicht gehen. Es wird einfach großartig sein. Amerika wird Höhen erreichen, die es noch nie zuvor gesehen hat.“
Er verbreitet Verschwörungstheorien wie jene, dass Joe Biden und Kamala Harris lieber Migranten ins Land holen würden, statt Opfern der Wirbelstürme zu helfen. Zur Erinnerung: Trump sagt unter anderem, „illegale Einwanderer“ würden „das Blut unseres Landes vergiften“. Trump will Musk sogar in sein Kabinett holen, wenn er gewinnt – als Leiter einer „Abteilung für Regierungseffizienz“. Musk verspricht „eine einmalige Deregulierung und Verkleinerung des Staates“ und wäre in dieser Rolle sozusagen der Hüter seiner eigenen Geschäfte. In der Mittelschicht werde es „Härtefälle“ geben, kündigte er an, aber das sei „notwendig.“
Wahlverwalter klagen längst über die Flut von Fehlinformationen durch Musks X. „Wir haben mehr Register gezogen als die meisten Menschen zur Verfügung haben, um zu versuchen, genaue Informationen dagegenzustellen“, sagte bei CNN Stephen Richer, Wahlaufseher in Phoenix, Arizona. „Es war erfolglos.“ Richer ist eingeschriebener Republikaner und gewählter Hüter über die Briefwahl und Wahlregistrierung. Als er Trumps Wahllüge 2020/21 nicht mittragen wollte, wurde er anonym bedroht.
Elon Musk verbreitet Trumps Realität. „X ist der Ort, an dem Sie lernen können, was real ist“, schreibt Musk. „Die alten Medien lügen hemmungslos.“ Er befasst sich natürlich auch mit dem Müllstreit. Ein Einpeitscher Trumps hatte verkündet, Puerto Rico sei eine „Müllinsel“ – US-Präsident Biden sagte danach etwas unglücklich, die Unterstützer Trumps seien Müll. Kurz darauf meldete das Weiße Haus, er habe vielmehr die hasserfüllte Rhetorik als Müll bezeichnet. Musk zeigte auf X selbstverständlich das Foto des Wahlkämpfers von Donald Trump mit Warnweste im Müllwagen, und es wurde recht gut geklickt: bis Donnerstag, früher Nachmittag US-Ostküste, 27 Millionen Mal.