Kurz vergeht Conrad Clemens die Freude über den kleinen Coup, Friedrich Merz als Begleitung gewonnen zu haben. Der Chef der sächsischen Staatskanzlei tritt bei der Landtagswahl in Sachsen erstmals für seine CDU als Direktkandidat im Löbauer Wahlkreis an. Gemeinsam mit dem CDU-Bundesvorsitzenden wandert er am Dienstagabend auf den Löbauer Berg, sie wollen unterwegs mit Anhängern und potenziellen Wählern ins Gespräch kommen. Merz, dessen erster Auftritt in der heißen Wahlkampfphase es ist, schlägt ein zügiges Tempo an – zu zügig für Clemens. „Hätte ich das gewusst, hätte ich mir eine andere Veranstaltung ausgedacht“, sagt er im Scherz.
Trotz der Anstrengung ist die Stimmung gut. Dass in der Gaststätte auf dem Gipfel gratis Bier und Bratwürste auf die Mitwanderer warten, hilft da. Frisch gestärkt hält Clemens eine kurze, aber recht dramatische Rede, er wisse um die angespannte Stimmung im Land, sagt er. Sollte die CDU in Sachsen wieder die Regierung anführen, „dann haben wir vielleicht noch einen Schuss frei, wirklich was in diesem Land zu verändern“. Für diesen Fall verspricht er den Bürgern weniger Vorschriften und mehr Freiheit.
„Ich möchte nicht, dass wir diesen Leuten das Schicksal unseres Landes anvertrauen.“
Das ist ganz nach dem Geschmack von Friedrich Merz. Schuld an zu viel Bürokratie sei die EU, sagt er. Europa reguliere zu viel und müsse zeigen, dass es in den großen politischen Krisen handlungsfähig sei. Dafür müsse Deutschland wieder eine stärkere Rolle in der EU einnehmen, sonst werde die Gemeinschaft scheitern: „Und wenn Europa scheitert, scheitert Deutschland.“
:Bitte genauer hinschauen
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Besonders liegt Merz vor den Wahlen auch die Abgrenzung zur AfD am Herzen. „Ich möchte nicht, dass wir diesen Leuten das Schicksal unseres Landes anvertrauen“, sagt er, ehe ihn Applaus unterbricht. Dafür werde er alles tun, weil die Leute in der AfD ausländerfeindlich, antisemitisch und nationalistisch seien. Die CDU sei hingegen patriotisch: „Patrioten lieben ihr eigenes Land, Nationalisten hassen alle andere. Das ist der Unterschied“, sagt Merz.
Deutlich wird hingegen, wen Merz an diesem Tag nicht angreift – über das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) verliert er kein Wort. Logisch: Durch die komplizierten Mehrheitsverhältnisse könnte die CDU in Sachsen oder Thüringen schon fast gezwungen sein, mit dem BSW zu koalieren. Auch wenn das Merz, der die Partei ablehnt, nicht passen sollte.