«So viel Dank wie in diesem Jahr gab es für die Polizei noch nie»: Mit diesen Worten fasste der Zweite Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) die Aussprache des Kreisverwaltungsausschusses über den Sicherheitsbericht zusammen, den Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel am Dienstag erläutert hatte. Nachdem Kreisverwaltungsreferentin Hanna Sammüller-Gradl beinahe geschwärmt hatte über den «unglaublich differenzierten» Bericht, wurde die im vorigen Jahr geleistete Arbeit der hiesigen Polizei auch über alle Parteien hinweg gelobt.
Die breite Anerkennung hat die Ausschussmitglieder freilich nicht dazu bewegt, beim nächsten Tagesordnungspunkt einer Empfehlung der Polizei zu folgen und das Ende April auslaufende Alkoholverbot am Hauptbahnhof nicht nur zeitlich zu verlängern, sondern auch räumlich zu erweitern – nämlich nach Norden um den Alten Botanischen Garten, den angrenzenden Karl-Stützel-Platz sowie einen etwas weiter entfernt liegenden Flecken zwischen Dachauer Straße, Karl- und Augustenstraße, der als Norkauer Platz bekannt ist. Um diesen Passus wollte jedenfalls die Fraktion von CSU und Freien Wählern die Beschlussvorlage ergänzt wissen, was jedoch keine Unterstützung fand.
Bei Gegenstimmen von Linken/Die Partei und FDP/Bayernpartei beschloss der Ausschuss aber, dem ursprünglichen Antrag der Kreisverwaltungsreferentin zu folgen: Demnach bleiben der Genuss und das Mitführen von alkoholischen Getränken auf den öffentlichen Flächen im Inneren des Hauptbahnhofs sowie direkt darum herum verboten, und zwar in den nächsten vier Jahren, bis Mai 2028. Die Vollversammlung des Stadtrats muss den Beschluss am kommenden Mittwoch formal bestätigen. Die erste Alkoholverbotsverordnung für die Bahnhofsgegend war 2017 in Kraft getreten, als sich immer mehr Passanten und Ladenbesitzer über Straftaten im Kontext von Drogen und Alkohol beklagt hatten.
Der Ausschuss nahm am Dienstag zudem einen Änderungsantrag der Rathauskoalition von SPD/Volt und Grünen/Rosa Liste in den Beschluss auf: Darin wird das Kreisverwaltungsreferat beauftragt, den Stadtrat spätestens im zweiten Quartal 2025 zu informieren, wie sich die Sicherheitslage rund um den Hauptbahnhof entwickelt hat, und wie eventuelle Maßnahmen wirken, die demnächst von einer noch zu bildenden Taskforce empfohlen werden.
Damit signalisierte der Stadtrat, dass er auf die Entwicklung im Umfeld des Hauptbahnhofs reagieren will. Polizeipräsident Hampel hatte die Gegend zuvor als «Szene-Brennpunkt» bezeichnet: Insbesondere die Zunahme von Drogen- und Sexualdelikten im Alten Botanischen Garten gebe Anlass zur Sorge. Überdies beeinflussten Großbaustellen und Leerstände in der Schützenstraße das Geruchs- und Sicherheitsempfinden. «Wir müssen das Thema mit höchster Priorität angehen», hatte Hampel gefordert und an die Stadt appelliert: «Die Situation kann die Polizei nicht alleine lösen. Nur gemeinsam können wir das.»
Bei einer Ortsbesichtigung am Tag zuvor habe sich auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) davon überzeugt, dass im Alten Botanischen Garten dringend etwas getan werden müsse, berichtete SPD-Stadtrat Christian Vorländer: «Der Park muss heller und einsehbarer werden.» Neben Videoüberwachung durch die Polizei soll deshalb auch eine bessere Beleuchtung installiert und das zugewachsene Gestrüpp gerodet werden. «Dunkle Ecken, zugewachsene Hecken und große Männergruppen», nannte Vorländer als Gründe, dass Bürgerinnen und Bürger die Gegend meiden. «Wir wollen keine No-go-Areas», bekräftigte er, «München muss überall ein Safe Space sein.»
Die Grünen tragen den Beschluss mit, auch wenn Christian Smolka daran erinnerte, dass bereits die Zustimmung zur ersten Alkoholverbotsverordnung «ein großer Schritt für uns war». Seine Partei sehe die damit einhergehende Ausgrenzung von Obdachlosen oder Suchtkranken «sehr kritisch». Smolka ist aber überzeugt, dass «wir schon in einem Jahr sehen, wie die Maßnahmen wirken». Auch ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff unterstützte den Antrag, er regte an, neben Alkohol- auch Cannabiskonsum am Hauptbahnhof zu untersagen, war damit aber alleine im Plenum.
Gegen die Fortführung des Alkoholverbots wandte sich zunächst Marie Burneleit (Die Partei). Sie schloss sich den Wohlfahrtsverbänden an, die dessen Aufhebung fordern, weil das Verbot den Betroffenen nicht helfe. Mündlich stellte sie den Antrag, die Theresienwiese ebenfalls zur Alkoholverbotszone zu erklären. Richard Progl (Bayernpartei) begründete die Ablehnung des Alkoholverbots am Hauptbahnhof damit, dass genau das passiert sei, was seine Fraktion schon bei dessen Einführung befürchtet habe: eine Verdrängung des Problems.