Die Spitze der Unionsfraktion fordert einen Untersuchungsausschuss zu den «Habeck-Akten». In dem Bundestagsausschuss sollen die Umstände des deutschen Atomausstiegs und die Rolle von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geklärt werden. Das geht aus einem Brief von Unionsfraktionschef Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an die Unionsabgeordneten hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
In dem Schreiben heißt es, die Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hätten im Jahr 2022 zu einer Energiekrise geführt. Damals habe Habeck beteuert, einen möglichen Weiterbetrieb der Kernkraft in Deutschland ergebnisoffen prüfen zu wollen. Anfang März 2022 hätten die federführenden Ressorts von Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (ebenfalls Grüne) aber einen «Prüfvermerk» veröffentlicht, in welchem ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke rigoros abgelehnt worden sei. Zu den Hintergründen dieser Ablehnung habe Habeck die Herausgabe von Unterlagen lange verweigert. Daraufhin hätten Journalisten vor Gericht die Herausgabe erzwungen «und nachgewiesen, dass beide Ministerien nicht aufgrund von fachlichen Erwägungen, sondern aus rein ideologischen Gründen zu einer Ablehnung des Weiterbetriebs der Atomkraftwerke gekommen» seien.
«Die uns vorliegenden Informationen drängen die Schlussfolgerung auf, dass die Bundesregierung in einer entscheidenden Frage unserer nationalen Energiesicherheit nicht zum Wohle Deutschlands, sondern ausschließlich nach der Logik grüner Parteipolitik entschieden hat», heißt es in dem Brief von Merz und Dobrindt. Fachliche Erwägungen aus der Arbeitsebene des Ministeriums seien «von den führenden politischen Beamten bewusst ignoriert und teilweise verfälscht» worden. Offenkundig gebe «es ein grünes System, das Parteiideologie über die Interessen des Landes stellt». Inwieweit das in Kenntnis oder Unkenntnis, oder auf Weisung oder Billigung der Führung des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesumweltministeriums stattgefunden habe, gelte es jetzt zu klären.
CDU und CSU könnten den Ausschuss ohne Mithilfe anderer Fraktionen durchsetzen
Die Unionsfraktion kommt an diesem Dienstag zusammen. Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder muss der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einsetzen. CDU und CSU stellen mehr als 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten – sie können also auch ohne Mithilfe anderer Fraktionen einen Untersuchungsausschuss durchsetzen.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn sagte der SZ, es gehe um die Frage: «Wurde fachlich oder politisch entschieden, die Kernkraft mitten in der Krise abzuschalten?» Wenn es die von Minister Habeck angekündigte «ergebnisoffene Prüfung» wirklich gegeben haben sollte, müsste «es ja Belege und Vermerke für diese fachliche Prüfung geben». Bisher seien der Unionsfraktion aber «keine entsprechenden Belege vorgelegt» worden. Und so stelle «sich die Frage, ob die Deutschen von Robert Habeck getäuscht wurden». Das müsse jetzt aufgeklärt werden.
In dem Schreiben von Merz und Dobrindt heißt es, man habe seit Veröffentlichung der Habeck-Akten «alle parlamentarischen Instrumente ausgeschöpft, um Licht in die Schatten dieses intransparenten Vorgangs zu bringen». Es seien aber viele Fragen «unbeantwortet geblieben, zugesagte Unterlagen wurden allenfalls lückenhaft übersandt, entsprechende Belege nicht geliefert». Daher empfehle man der Unionsfraktion jetzt die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.
Dem Schreiben liegt bereits ein Entwurf für den Einsetzungsantrag bei. Ihm zufolge soll der Untersuchungszeitraum am 24. Februar 2022 beginnen – an dem Tag begann der Krieg Russlands gegen die Ukraine.