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Bayern: Die Linke trifft sich zum Landesparteitag in Maxhütte-Haidhof – Bayern

by Marko Florentino
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So bunt war Maxhütte-Haidhof selten. Am Samstag kam die bayerische Linke dort zu ihrem Parteitag zusammen. Die Rate der Menschen mit lilablassblau gefärbten Haaren stieg damit wohl um hundert Prozent in der kleinen oberpfälzischen Stadt. Ebenso die Anzahl der Personen, bei denen es schwerfällt, sie als Mann oder Frau zu lesen, eine trägt zum Dreitagebart ein weinrotes Kleid. Das aber macht diesen Parteitag nicht so besonders. Vielmehr feiert hier eine Partei ihren Aufstieg aus der Versenkung oder wie es ein Redner von der Bühne schmettert: „Die Linke lebt und die Linke ist wieder da!“

Fast neun Prozent holte die Linke bundesweit, in Bayern schaffte sie es mit 5,7 Prozent der Zweitstimmen über die Fünf-Prozent-Hürde. Und das nach den mageren letzten Jahren. Gerade mal 2,8 Prozent waren es bei der letzten Bundestagswahl, dazu kamen die Parteiaustritte nach der Gründung des BSW. In den Landtag schaffen sie es seit Jahren nicht. Nun aber triumphieren sie. Wobei der Triumph am Ende in einer Rücktrittswelle endet. Fünf Mitglieder des Vorstands legen ihr Amt nieder, darunter auch die Landesvorsitzende Kathrin Flach Gomez und der Schatzmeister Titus Schüller.

Zunächst aber zur ungetrübten Euphorie der Anfangsstunden.  Statt drei werden nun sieben Abgeordnete der Linken aus Bayern im Bundestag sitzen. Über 8000 Mitglieder haben sie mittlerweile in Bayern. Laut ihrer Noch-Landessprecherin Kathrin Flach Gomez steuern sie auf die 9000 zu. Im Vergleich zu der in Bayern nicht gerade aufstrebenden SPD mit 47 700 Mitgliedern ist das immer noch wenig. Im Vergleich zum Tiefpunkt der Linken aber sei das eine Verdreifachung, sagt Flach Gomez. Wann genau der war? Sie fragt in die Runde, die mit ihr vor der Stadthalle steht. Eine Frau antwortet: „Ich denke nur noch in Höhepunkten“.

Viele reden an diesem Samstag schon von dem nächsten Höhepunkt, den sie erleben wollen bei den Kommunalwahlen 2026 in Bayern. „Wir wollen flächendeckend antreten“, sagt Flach Gomez. Mit Forderungen wie einem kommunalen Mietpreisdeckel oder der strikten Einhaltung von Tarifgehältern bei kommunalen Aufträgen.  5000 Kandidaturen streben sie an, mehr als doppelt so viel wie 2020, damals holten sie rund 150 Mandate. Optimistisch, klar, sagt Flach Gomez, aber es habe ja auch niemand gedacht, dass sie bei den Bundestagswahlen so ein Wahnsinnsergebnis einfahren. Und die Voraussetzungen seien gut.

Zum einen müssen sie keine Unterschriften mehr sammeln, um  antreten zu dürfen, weil sie die Fünfprozenthürde geschafft haben. Zum anderen sind da die vier neuen Bundestagsbüros. Sie könnten helfen in Niederbayern und der Oberpfalz, wo sie schlecht aufgestellt sind, präsenter zu werden. Und natürlich nennt Flach Gomez die vielen Neumitglieder. Sie kämen nicht nur aus den großen Städten, wo die Linke traditionell stark ist, sondern aus ganz Bayern. Und sie seien, anders als bei der Eintrittswelle 2021, sofort aktiv geworden.   Flach Gomez hofft, dass die Begeisterung anhält und auch, dass sich einige der Neuen aufstellen lassen.

Fred Thies etwa, 62 Jahre alt, orangefarbener Pulli, Geheimratsecken, blonde Stoppelhaare. Er steht beim Rauchen und erzählt, warum er eingetreten ist am 24. November 2024. Damals kamen die ersten Umfragen zur Bundestagswahl und 52 Prozent hätten für „reaktionäre Kräfte“ gestimmt, AfD und Union. „Das kannst du deinen Kindern nicht antun“, hatte er sich gedacht. Thies kommt aus der Region Ingolstadt, ist Busfahrer und hat drei Kinder. Er verdiene nicht genug, gerade sei ihm seine Wohnung wegen Eigenbedarf gekündigt worden. Da habe er wieder gewusst, dass er in der richtigen Partei sei, weil nur die Linke sich wirklich für Mieter einsetze. Im Bundestagswahlkampf stand er schon am Infostand. Und bei der Kommunalwahl? Klar, da würde er antreten, sagt Thies.

Wie das genau geht aber, antreten, das weiß Thies nicht. Der Mann, der es weiß, heißt Max Steininger und ist Geschäftsführer der Linken. Vier Mitarbeiter sind sie in der Geschäftsstelle in München, erzählt er. Die vielen neuen Mitglieder aufzunehmen, da sind sie mehr als gut beschäftigt oder wie Steininger es sagt: „Wir sind gerade mehr Dampf als Maschine.“  Zwei Mitarbeiter werden sie noch einstellen, trotzdem würden in Bayern nicht sofort neue Ortsverbände der Linken aus dem Boden schießen. Da fehle ihnen der „strukturelle Apparat“.  Die neuen Mitglieder müssten sich erst mal selbst organisieren. Zur Kommunalwahl bieten sie dann Schulungen an, wie so eine Aufstellungsversammlung abzulaufen hat. Es sollen mehr als doppelt so viele werden wie 2020: „ein gewaltiger Aufwand“. Aber natürlich würden sie das hinbekommen.

So wie sie alles hinbekommen, alles schaffen können, das ist der Geist dieses Parteitags. Eine aber, die kennt das alles schon. Seit 20 Jahren ist Nicole Gohlke in der Partei, seit 15 Jahren im Bundestag. Schon bei der Bundestagswahl 2017 haben sie gejubelt, das Ergebnis war mit 6,1 Prozent sogar noch besser als jetzt in Bayern. In den Landtag sind sie ein Jahr später trotzdem nicht gekommen. Aber klar, auch Gohlke redet von „einer großen Chance“. Weil sie spüre, wie die Vorbehalte in Bayern gegenüber der Linken sinken, weil diesmal niemand da sei, der die Partei von innen heraus attackiere wie Sahra Wagenknecht die letzten Jahre. „Eine starke Linke darf nie mehr aus den eigenen Reihen torpediert werden“, warnt sie die Delegierten in ihrer Rede. Gleichzeitig aber hat sie auch eine Art Warnung:  „Es wird anstrengend werden. Es wird Rückschläge geben.“ Etwa, weil es schwierig sei, die neuen Mitglieder ohne ausreichende Strukturen zu integrieren. Vielleicht auch deshalb, weil die Linke„ in Niederbayern in der Diaspora“ ist, wie es eine Delegierte aus Landshut sagt. Die gute Stimmung aber will Gohlke natürlich nicht verderben.

Am Ende sind es dann fünf Rücktritte, die die Begeisterung kurz dämpfen. Landesvorsitzende Flach Gomez und Schatzmeister Schüller begründen sie damit, dass sie sich mehr auf ihre Stadtratsämter in Nürnberg konzentrieren wollen. Offenbar spielte aber auch der Umgang mit Hinweisen auf ein mögliches Verhalten von Schüller eine Rolle. Dabei soll es sich um ein Verhalten handeln, dass von der Person, die es meldete, nicht als schlimm wahrgenommen worden war, das aber falsch verstanden hätte können. Dem Hinweis sei nachgegangen worden und kein Fehlverhalten festgestellt worden, hieß es auf dem Parteitag. Trotzdem hat Schüller der Vorgang offenbar mitgenommen. Für ihn könnte die Prophezeiung, die ein Redner ganz zu Anfang machte, nicht vollends zutreffen. Er kündigte einen der schönsten Parteitage an, «die wir je hatten».



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