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CSU: Neulich bei der Jungen Union in Nürnberg. Das Treffen läuft seit dem Morgen, Ministerpräsident Markus Söder war schon da, Nachmittagsschwere nach dem Schnitzel setzt ein. Dann donnert Musik, T.N.T. von AC/DC. Die Einlaufmusik von Alexander Dobrindt, 54. Der CSU-Spitzenkandidat hat Sätze dabei wie: „Wir machen diesen linken Scheiß nicht mehr mit.“ Bei der „illegalen Migration“ zum Beispiel müsse Schluss sein mit „Realitätsverweigerung“ und „der geschwurbelten Sprache“. Der Saal mit dem Parteinachwuchs ist wieder wach. Konservative Kante, Ansagen wie Gewehrsalven, Dobrindt kann das.
Auch das ist ein Grund, wieso Dobrindt – Landesgruppenchef im Bundestag, seit 2002 Abgeordneter für den oberbayerischen Wahlkreis Weilheim, Ex-Bundesverkehrsminister – bei Söder derzeit hoch im Kurs steht. Die grüne Phase des bayerischen Ministerpräsidenten ist ja längst beendet, ein konservativer Wadlbeißer wie Dobrindt ist in der CSU wieder en vogue.
In der Partei sind manche erstaunt, wie reibungslos das Zusammenspiel von Münchner Machtzentrum – also CSU-Landesleitung sowie Söders Staatskanzlei – und Berliner Dependance inzwischen läuft. Das war früher anders, organisatorisch wie persönlich. Söder kokettiert selbst gern damit, Dobrindt und er seien „nicht geborene beste Freunde“ gewesen. Das ging auch auf den damaligen Machtkampf zwischen Söder und Horst Seehofer zurück.
Inzwischen weiß Söder, was er an Dobrindt als Statthalter in der Hauptstadt hat. Einen, wie er selbst sagt, „Strategen, Strippenzieher, mit allen Wassern gewaschen, die es in Berlin so gibt“. Einen Bundespolitik-Profi also, der Söder entlastet, ihm aber augenscheinlich auch nicht gefährlich wird. Manche in der CSU sehen in Dobrindt, der auch mal Generalsekretär war, gar eine Art Zweitgeneral für Berlin – weil er bundespolitisch mehr Gewicht aufbietet als der im Münchner Landtag sitzende CSU-General Martin Huber. Obwohl Dobrindts Zeit als Verkehrsminister von 2013 bis 2017 als glücklos galt, milde formuliert, ist er laut Söder in einer künftigen Bundesregierung „Anwärter für ein ganz großes und schweres Ministerium“.
Freie Wähler: Hubert Aiwanger war als Schüler nicht nur historisch interessiert, sondern auch ein Sportler. Er selbst hat öfter die Geschichte eines Wettbewerbs in seiner niederbayerischen Heimat erzählt: Da seien die Kinder von Großkopferten aufgetaucht, mit den neuesten Laufschuhen, mit teurer Funktionskleidung. Aber er, der Bauernbub Hubert im alten Sportgewand, sei denen im Rennen davongelaufen. Es ist ein frühes Element dieser „Die da oben“-Anklage, mit der Aiwanger seit 20 Jahren Politik macht.
Dabei ist der FW-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl und Parteichef längst oben angekommen – seit 2018 ist der 53-Jährige bayerischer Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident. Durch die Flugblatt-Affäre, Auftritte in TV-Talkshows und sein Dauerfeuer in sozialen Netzwerken ist er der wohl bekannteste Vize-Regierungschef der Republik. Und so klein sind „die kleinen Leute“, die Aiwanger gern auf seine FW einschwört, in der Regel auch nicht – es sind Bauern und Mittelständler, Hausbesitzer und Facharbeiter. Seine Zielgruppe sind Leute, die etwas sind, weil sie sich etwas erarbeitet haben.
2006 betrat Aiwanger erstmals die landespolitische Bühne. Die Freien Wähler waren damals noch keine richtige Partei, seit den Siebzigern hatten sich parteilose Bürgermeister vernetzt, Leitlinie Pragmatismus. Bei der Wahl eines neuen Landeschefs gewann der damals erst 35-jährige Aiwanger ziemlich überraschend und mit einer Rede, die in den Ohren mancher Anwesender eine ungewohnte, rechtspopulistische Stimmung verströmt haben soll. Erstmals in den Landtag kamen die FW unter seiner Ägide 2008.
Aiwanger hat die FW dann systematisch zur Partei gemacht, hatte zuletzt sogar eine Großspende aus der Industrie angenommen – was lange Zeit als unvereinbar mit dem FW-Mantra der Unabhängigkeit galt. Und er will expandieren. Schon zweimal scheiterte Aiwanger bei Bundestagswahlen, diesmal soll es klappen: über die Klausel im Wahlrecht, mit der drei gewonnene Direktmandate bundesweit für den Einzug ins Parlament reichen. Aiwanger setzt auf die kommunale Basis der FW, mit ihm sollen zwei Landräte und ein Bürgermeister Mandate holen.
:So realistisch ist Aiwangers Traum vom Bundestag
Hubert Aiwanger will mit seinen Freien Wählern nach Berlin. Damit es diesmal klappt, müssen die Freien Wähler drei Direktmandate gewinnen. Die Kandidaten in Kurzporträts.
AfD: Als Stephan Protschka zum Spitzenkandidaten der bayerischen AfD gekürt wurde, hielt er eine für ihn höchst ungewöhnliche Rede. Nicht inhaltlich, er brüllte etwa, dass derzeit die Lage im Land dem „Faschismus“ ähnele, weil man seine Meinung nicht mehr sagen dürfe. Dafür aber stilistisch: Kein einziger Fäkalausdruck kam in Protschkas Ausführungen vor.
Beim Gillamoos, dem politischen Frühschoppen in Abensberg, erlebte man drei Monate davor den üblichen Protschka: „Der Regierung ham’s ins Hirn nei gschissen, die sind doch alle brunzferkelblöd.“ Hätten die Besucher für jeden Kraftausdruck einen Schnaps trinken müssen, wäre vielen speiübel geworden. Das konnte einem aber schon von den sexistischen Zoten werden, wenn Protschka etwa über das Aussehen von Grünen-Politikern fabuliert.
Protschka, 47, haut gern auf den Putz, manchen in seiner Partei ist der Vulgär-Rambo aber auch peinlich. Weil er den bayerischen Ministerpräsidenten „Södolf“ nannte, in Anspielung auf Adolf Hitler, musste er mal eine gerichtliche Geldauflage von 12 000 Euro bezahlen.
Bis 2010 war der Niederbayer nach eigenen Angaben Mitglied der Jungen Union. Ausgetreten sei er wegen der Griechenland-Rettung von Kanzlerin Angela Merkel. Er ist AfD-Mitglied der ersten Stunde, meist in Funktionärsjobs: Bezirkschef Niederbayern, Mitglied im Bundesvorstand, seit 2021 ist er Landesvorsitzender. Der Kurs des formal aufgelösten völkischen „Flügels“ hat sich auch in diesem Gremium durchgesetzt. Kürzlich beschloss die AfD eine Resolution zur „Remigration“ – eine derart massenhafte Abschiebung von Ausländern, dass rein rechnerisch auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund betroffen sein müssten.
Einen Rechtsrutsch seit Parteigründung – als es noch um die Euro-Politik und kaum um Zuwanderung ging – kann Protschka auf Nachfrage nicht erkennen: Die „Nazikeule“ ziehe nicht mehr. Im Bundestag sitzt er im Agrarausschuss. Er bekundet öfter, Bundeslandwirtschaftsminister zu werden, sei sein „Traum“.
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Bündnis 90/Die Grünen: Die Grünen ziehen traditionell mit einer weiblich-männlichen Doppelspitze in den Wahlkampf, aber in diesem Jahr könnte man fast von einem Trio sprechen. Neben dem langjährigen Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter tritt die 31 Jahre alte Jamila Schäfer aus München als Spitzenkandidatin an – ein bisschen mit dabei: ihre im Sommer geborene Tochter.
Die junge Politikerin, die als Nachfolgerin von Claudia Roth auf Platz eins der bayerischen Grünen-Liste gewählt wurde, präsentiert sich in der Öffentlichkeit bewusst als Mutter. Noch aus der Babypause heraus gab Schäfer in der Abendzeitung ihr erstes Interview nach der Geburt und ließ sich mit Baby fotografieren. Sie sprach über die Hürden ihrer neuen Doppelrolle: „Man darf das Baby zum Beispiel nicht mit ins Plenum nehmen.“ Sie habe deshalb ein Spiel- und Stillzimmer in der Nähe des Bundestags eingerichtet und eine Betreuung organisiert.
Inzwischen ist Schäfer wieder mittendrin im politischen Strudel. Als der Bundestag im Dezember über die Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entschied, stimmte sie mit ab. Auf Instagram ließ sie ihre Anhänger wissen: „Bei der Rede von Merz musste ich einmal Stillpause einlegen.“ Dazu postete sie ein Foto der Tochter, ohne ihr Gesicht zu zeigen.
Durch die kontrollierte Vermischung von Privatem und Politischem erzeugt Schäfer eine Nähe, die viele Follower schätzen: Bei der Bundestagswahl 2021 errang sie in ihrem Wahlkreis München-Süd das allererste Direktmandat der Grünen in Bayern. Die Frage ist, ob ihr Ansatz reicht, als landesweite Spitzenkandidatin auch über das großstädtische Milieu hinaus Akzeptanz zu erreichen. In Bayern haben die Grünen bei Wahlen zuletzt stark verloren.
Ihr Co-Kandidat Hofreiter, seit 2005 im Bundestag, kann im Wahlkampf auf seine überregionale Bekanntheit setzen. Zuletzt hat sich der 54-Jährige in der Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine immer wieder als einer der entschiedensten Befürworter positioniert und damit viel Aufmerksamkeit erhalten. Wie viele Wählerinnen und Wähler seine klare Haltung goutieren, ist eine andere Frage.
:Bayerns Grüne starten mit neuem Gesicht an der Spitze in den Bundestagswahlkampf
Mehr als 20 Jahre führte Claudia Roth die bayerischen Grünen Richtung Berlin. Jetzt wählten die Delegierten die 31-jährige Jamila Schäfer zur Spitzenkandidatin – und geben sich zuversichtlich.
SPD: Schon lange fehlt der Bayern-SPD ein prominenter Landes- oder Bundespolitiker, ein Gesicht, das jeder sofort erkennt, wenn es im Fernsehen auftaucht. Renate Schmidt war so eine Figur, ihre Amtszeit als Bundesfamilienministerin endete 2005. Das ist bald 20 Jahre her. Eine Miss oder einen Mister Perfect bräuchte die Bayern-SPD dringend. Bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr rutschte die Partei klar ins Einstellige ab.
Mit Carsten Träger steht nun ein solider, aber nicht überaus bekannter Politiker an der Spitze des Bundestagswahlkampfs. Dass er ausgerechnet in diesem sehr kurzen Winterwahlkampf zum populären Zugpferd avanciert, ist unwahrscheinlich. Auch wenn ihm sein beruflicher Hintergrund als Werber und PR-Berater bei der Stimmenjagd nützlich sein dürfte.
Mit kurzer Unterbrechung sitzt der 51-Jährige seit 2013 im Berliner Parlament und ist aktuell Landesgruppenchef der bayerischen Sozialdemokraten. Politisch arbeitet er in den Feldern Energie, Umwelt und Klima. Im Streit um den Atomausstieg bezog Träger immer wieder deutlich Stellung. Über den 15. April 2023, den Tag, an dem das letzte deutsche Atomkraftwerk vom Netz ging, sagte er im Vorfeld mal: „Ich werde an diesem Tag meine Kinder und meine Frau umarmen und mit einem Glas Sekt anstoßen.“ Dann sei Schluss, „ein für alle Mal.“
Das Thema dürfte ihm im Wahlkampf erneut begegnen: CDU und CSU haben wiederholt ein Zurück zur Atomkraft angekündigt. Zuletzt reiste CSU-Chef Söder nach Tschechien, um Importe tschechischer Kernkraft nach Bayern zu vereinbaren. „Atomkraft ist nicht nur gefährlich, sondern auch die teuerste Form der Energieerzeugung“, teilte Träger daraufhin mit und warf Söder einen „Atom-Fetisch“ vor. Zumal die Frage nach einem Endlager für den radioaktiven Müll noch immer nicht beantwortet sei. Die Endlager-Suche bezeichnet Träger als „eines der wichtigsten und komplexesten Themen meiner politischen Arbeit“.
:Hartes Ringen um Listenplätze bei Bayerns SPD
Die Sozialdemokraten üben sich beim Parteitag trotz schlechter Umfragewerte in Zuversicht. Doch während Carsten Träger klar zum Spitzenkandidaten gewählt wird, geht es bei hinteren Listenplätzen nicht ohne Kränkungen ab.
FDP: In der Regel schicken die Liberalen ihren Landesvorsitzenden als Spitzenkandidaten in die Bundestagswahl. Diesmal war die Entscheidungsfindung ein bisschen komplizierter, schließlich hat die Bayern-FDP mit seit einem Jahr zwei Vorsitzende: Martin Hagen und Katja Hessel. Erst Mitte Dezember fiel die Entscheidung: Hagen, 43, soll im Wahlkampf ganz vorne stehen.
Doch bei der Listenaufstellung in Ingolstadt gab es auf allen Plätzen viel Konkurrenz, um die Spitzenkandidatur bewarb sich auch der frühere Landeschef Albert Duin, 71. Hagen und Duin sind schon mehrmals gegeneinander angetreten, zuletzt vor einem Jahr um den Landesvorsitz. Auch diesmal setzte sich Hagen durch, allerdings – wieder – knapp. Hessel kandidiert auf Platz 2.
Hagen ist seit November 2021 Landeschef und war Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag. Dort erarbeitete er sich einen Ruf als begabter Rhetoriker, der Freude hat am argumentativen Streit. In der Corona-Krise kritisierte der Politiker die Maßnahmen von Ministerpräsident Söder früh als überzogen, ohne die Gefahr durch das Virus zu verharmlosen. Trotzdem flog die FDP bei der Landtagswahl 2023 aus dem Landtag – was stark an der Unzufriedenheit der Menschen mit der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP gelegen haben dürfte.
Hagen war lange ein Befürworter der Ampel, votierte bei einem Mitgliedervotum der FDP vor einem Jahr gegen einen Ausstieg. Vorzeitige Neuwahlen könnten zur „Existenzbedrohung“ werden, sagte er damals. Inzwischen ist Hagen wie viele andere in seiner Partei froh über das Ende der Bundesregierung. Doch mit seiner Prognose könnte der Politiker richtig liegen: Für die Liberalen geht es um die Existenz. Laut allen aktuellen Umfragen könnte die FDP am 23. Februar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
Liberale in Bayern
:Fehler über Fehler bei der FDP – doch kein Zweifel an Lindner
In der Bayern-FDP herrscht Unmut über Ampel-Chaos, „Feldschlacht“-Papiere und Krisenmanagement. An Parteichef Christian Lindner rüttelt aber niemand – aus guten Gründen.
Die Linke: Wenige Tage vor der Wahl des Spitzenkandidaten stand bei den bayerischen Linken noch nicht fest, wer nach der Landesversammlung am Sonntag in Fürth ganz oben stehen würde. Neben dem Rosenheimer Bundestagsabgeordneten Ates Gürpinar hatte auch die langjährige Parlamentarierin Nicole Gohlke aus München eine Kandidatur für Platz eins angekündigt. Am Ende der Woche dann doch noch die Einigung: Gürpinar soll Spitzenkandidat werden, Gohlke für Platz zwei kandidieren, so beschlossen es dann auch die Delegierten in Fürth.
Gürpinar, 40, war vom Landesvorstand für den Spitzenplatz vorgeschlagen worden. Er ist in der Partei eng vernetzt, war jahrelang Geschäftsführer und Vorsitzender der Linken in Bayern. 2021 wurde er zum stellvertretenden Chef der Bundespartei gewählt und zog im selben Jahr in den Bundestag ein.
Dort ist Gürpinar vor allem in der Gesundheitspolitik tätig und befasst sich im Gesundheitsausschuss zum Beispiel mit der Finanzierung von Pflege und Krankenhäusern. Im Bundestag positionierte er sich klar als Gegner der Klinikreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Bis jetzt habe die Regierung „dem Krankenhaussterben zugesehen“, sagte Gürpinar in der Debatte über Lauterbachs Reform. „Ab jetzt zerstört sie die Krankenhauslandschaft nach Plan.“ Er will auch kleine ländliche Kliniken erhalten.
Apropos Zerstörung: Seit der Abspaltung durch die neue Partei von Sahra Wagenknecht ist die Linke bei sämtlichen Wahlen in diesem Jahr abgestürzt. Ihr Wiedereinzug in den Bundestag ist fraglich. Schon 2021 schaffte die Partei den Sprung nur, weil sie drei Direktmandate gewann. Ihr Wahlergebnis von 4,9 Prozent hätte allein nicht ausgereicht.
:So wirkt sich das neue Wahlrecht auf Bayern aus
Die Zweitstimme wird wichtiger, Wahlkreissieger sind nicht mehr automatisch im Bundestag. Was die Wahlrechtsreform für den Freistaat bedeutet – und warum sich vor allem die CSU darüber ärgert.
BSW: Die Spitznamen „Luxus-Linker“ und „Porsche-Klaus“ sind ziemlich in die Jahre gekommen. Erstens ist Klaus Ernst, 70, gar nicht mehr Mitglied der Linken – sondern seit diesem Jahr Vorsitzender des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) in Bayern und soll das BSW auch als bayerischer Spitzenkandidat in den Bundestag führen. Zweitens steht der Porsche 911, den sich der Politiker vor rund 25 Jahren gekauft hat, die allermeiste Zeit in der Garage, wie er mal sagte. Es wäre also angebracht, einen passenderen Spitznamen für den bayerischen Spitzenkandidaten des BSW vorzuschlagen. Wie wäre es mit „Exit-Ernst?“
Der ehemalige Gewerkschafter aus München hat in seiner politischen Karriere das Kunststück vollbracht, gleich mehrere Parteien mit Radau zu verlassen und zu spalten. 30 Jahre lang war Ernst als Funktionär der IG Metall in der SPD, bevor er 2004 im Streit um die Hartz-IV-Reformen unter Kanzler Gerhard Schröder rausgeworfen wurde. Ernst hatte damals eine linke Parteineugründung vorangetrieben, die zunächst in der WASG und 2007 in der neuen Partei Die Linke mündete. Die SPD verlor dadurch viele Stimmen. Bis 2012 war er zunächst Vize- und schließlich Bundesvorsitzender der Linken.
Im vergangenen Jahr kam es erneut zur Spaltung: Als Sahra Wagenknecht ihre eigene Partei gründete, folgte Ernst ihrem Ruf. Auf Anhieb gelangen dem neuen Bündnis mehrere Wahlerfolge – auch auf Kosten der Linkspartei. Von dieser unterscheidet sich das BSW vor allem in klima- sowie gesellschaftspolitischen Fragen wie der Migration. Diese will das BSW stärker begrenzen. Im Unterschied zu den Grünen, der SPD und der Union ist das BSW auch gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine und fordert stattdessen eine Annäherung an Russland. Deutschland, so Ernst, solle wieder russisches Gas importieren.