Wer in den Kleiderschrank einer Soldatin oder eines Soldaten schaut, findet darin unterschiedliche Arten von Uniformen. Den Kampfanzug mit dem typischen Flecktarnmuster zum Beispiel oder eine dunkelblaue Hose und ein hellblaues T-Shirt als Sportuniform. Und dann gibt es da eine Kleidungskombi, die die Bundeswehr als „Dienstanzug“ bezeichnet – Hemd, Hose, Gürtel, Mütze und Halbschuhe, dazu Jacken in unterschiedlichen Farben – das Heer trägt Grau, die Luftwaffe Blau, die Marine Schwarz.
Mit den Plänen, diese Dienstuniformen zu erneuern, hat das Verteidigungsministerium am Wochenende Kopfschütteln ausgelöst. Die Bild am Sonntag hatte über einen entsprechenden Finanzierungsantrag an den Haushaltsausschuss des Bundestages berichtet – über 825 Millionen Euro. Auch andere Medien bestätigen diese Riesensumme. Teile des Betrags seien bereits gebunden, der Haushaltsausschuss solle nun die Finanzierung der übrigen 519 Millionen Euro beschließen.
Neue „Ausgehuniformen“ für Soldaten – aber kein Geld für Waffen?
Schlechtes Timing, könnte man sagen, schließlich hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius erst vor einigen Wochen beklagt, dass es der Bundeswehr an Milliarden Euro fehle, um ihre Wehrfähigkeit sicherzustellen. Zudem schrieb die Bild in ihrem Bericht, die geforderten Millionen seien dafür gedacht, die „Ausgehuniform“ der Bundeswehr zu modernisieren, also eine Uniform, die – so klingt es – ausschließlich für repräsentative Anlässe gedacht ist. Und das gerade in Zeiten, in denen das Geld für Waffen an allen Ecken und Enden fehlt.
Das Echo in den sozialen Medien und im politischen Berlin ließ nicht lange auf sich warten. Noch am Sonntag tauchte eine Richtigstellung ganz oben auf der Homepage des Verteidigungsministeriums auf. Darin steht unter anderem, dass die Modernisierung der Uniformen bereits im Jahr 2018 entschieden worden war, dann aber zugunsten dringender benötigter Anschaffungen, wie Kampfanzüge, zurückgestellt wurde. Die Kosten für die neue Dienstkleidung – zur genauen Höhe äußert sich das Ministerium nicht – sollen über die nächsten acht Jahre gestreckt werden, bis 2033 also.
Es handle sich um täglich benötigte Dienstkleidung, sagt das Ministerium
Besonders scheint sich das Verteidigungsministerium aber an dem Begriff „Ausgehuniform“ zu stören, den auch viele andere Medien seit Sonntag übernommen haben. Ein Ministeriumssprecher betonte am Montag in Berlin, dass der Begriff bei der Bundeswehr höchstens umgangssprachlich verwendet werde – auf ihrer Website verwendet ihn die Bundeswehr nur in Anführungszeichen. Es handle sich nicht um eine Uniform zum „Flanieren“, sondern um ganz alltäglich benötigte Dienstkleidung, für „Büroarbeit am Schreibtisch, aber auch für Repräsentation“, etwa für Appelle oder Trauerfeiern. In einigen Dienststellen der Bundeswehr sei die Dienstuniform vorgeschriebene Arbeitskleidung, so auch im Bundesministerium für Verteidigung.
Das Verteidigungsministerium hält trotz der Kritik an der Modernisierung fest. Die Schnittmuster der Dienstkleidung stammten noch aus den 1980er-Jahren, es brauche ein zeitgemäßeres Design, dass auch geschlechterspezifische Anforderungen berücksichtige und schlicht bequemer sei. Die hohen Kosten seien damit begründet, dass es sich hier um ein Großprojekt handle, die gesamte Kleidungsausstattung der Bundeswehr – Kampf-, Sport- und Arbeitskleidung – sollte neu organisiert werden. „Bei 200 000 Soldatinnen und Soldaten brauchen Sie dafür einen entsprechenden Finanzrahmen.“ Berichte, wonach die Kosten pro neuer Uniform bei gut 4000 Euro lägen, wies das Ministerium zurück.
Doch selbst wenn es eben nicht um Sonderuniformen, sondern täglich benötigte Dienstkleidung geht, bleibt die Frage nach dem tatsächlichen Nutzen der Anschaffung. Mehrere Mitglieder des Haushaltsausschusses haben bereits angekündigt, dass sie dem Vorhaben des Verteidigungsministeriums kritisch gegenüberstehen. Denn neue Uniformen lassen die Soldatinnen und Soldaten zwar besser aussehen, kriegstüchtiger machen sie die Bundeswehr aber nicht.