Die ersten Glückwünsche fielen knapp aus. In einem Ein-Satz-Statement gratulierte Chinas Führung Donald Trump zu seiner Wiederwahl und erklärte, die Entscheidung des amerikanischen Volks zu respektieren. Am Donnerstag telefonierten Trump und Xi dann miteinander, wobei Chinas Staatschef vor einem konfrontativen Kurs warnte. Xi sagte, die Geschichte habe gezeigt, dass beide Staaten von Kooperation profitierten, während Streit schade. China hoffe, dass Meinungsverschiedenheiten „angemessen gehandhabt“ würden und ein „korrekter“ Umgang miteinander gepflegt werde.
Peking schien bemüht zu sein, sich von der Wiederwahl Trumps nicht allzu beeindruckt zu zeigen. Dabei gehörte der Wahlkampf seit Monaten zu den meistdiskutierten Themen in Chinas sozialen Medien. Nach Trumps Sieg sorgen sich viele Chinesen, was eine zweite Amtszeit für ihr Land bedeuten könnte. Trump hatte 2018 den Handelsstreit mit Peking angefangen und Strafzölle auf chinesische Importe verhängt. Im Wahlkampf kündigte Trump an, Zölle von mehr als 60 Prozent zu erheben. Die Reindustrialisierung Amerikas gehörte im Wahlkampf zu seinen Kernversprechen.
Und Trump soll auch ganz persönlich Groll gegen Peking hegen: So soll er dem Regime vorwerfen, den Ausbruch der Corona-Pandemie vertuscht zu haben, was ihn 2020 den Wahlsieg gekostet habe.
In der ersten Amtszeit verfolgte Trump einen Anti-China-Kurs auf allen Ebenen
Laut einer Studie der Schweizer Bank UBS könnten Trumps Zoll-Pläne, Chinas jährliche Wachstumsrate potenziell halbieren. Das Land kämpft bereits jetzt mit massiven Wirtschaftsproblemen durch eine Immobilienkrise, hohe Verschuldung und eine niedrige Nachfrage. „Noch mehr Schwierigkeiten für China“, kommentierte ein Nutzer in dem sozialen Netzwerk Weibo.
Wie sich das chinesisch-amerikanische Verhältnis unter einer Führung Trumps wirklich entwickeln wird, ist schwer abzusehen. Denkbar ist, dass Trumps früherer Handelsbeauftragter, der Hardliner Robert Lighthizer, erneut die Führung bei Handelsfragen übernimmt und die Zollmauern hochzieht – koste es China, was es wolle.
In seiner ersten Amtszeit hatte Trump einen umfassenden Anti-China-Kurs verfolgt, der sich neben Handelsstreitigkeiten gegen fast alle Facetten der Beziehungen richtete: Etwa gegen chinesische Wissenschaftler, die pauschal unter Spionageverdacht gestellt wurden. Trump ließ auch Austauschprogramme streichen, die kulturelles Verständnis zwischen den Ländern stärken sollten.
Viele der Wirtschaftsmaßnahmen – auch wenn deren Erfolgsbilanz umstritten ist – hatte US-Präsident Joe Biden lediglich nachjustiert, in den Grundzügen aber weiterverfolgt. Dass China eine Bedrohung für die USA sein soll, ist einer der wenigen Punkte, auf die sich Demokraten wie Republikaner einigen können.

Anders als Trump hatte sich Präsident Joe Biden aber darum bemüht, die schwer angeschlagenen Beziehungen zu stabilisieren. Etwa um die Kommunikation zwischen beiden Militärführungen wieder in Gang zu bringen. Eine wichtige Voraussetzung, um im Krisenfall deeskalieren zu können. Ob die neue Trump-Administration mit ähnlich viel Rücksicht agieren wird, erscheint eher fraglich.
Offen ist, wie Peking auf eine solche Politik reagieren könnte. Auch China hat Möglichkeiten, amerikanische Firmen unter Druck zu setzen. Donald Trumps Wahlhelfer Elon Musk etwa betreibt die größte Tesla-Fabrik in Shanghai, nach den USA ist China der wichtigste Absatzmarkt für den Autohersteller. Gleichzeitig ist China wichtigster Hersteller von seltenen Erden, die wichtig sind für die Produktion vieler Techgeräte. In der Vergangenheit hat Peking bereits gedroht, die Ausfuhr in die USA zu beschränken.
Als Donald Trump 2016 gewählt wurde, war das in Peking anfangs Grund zu Spott. Die angeschlagene Demokratie gehört zu den Lieblingsthemen der Staatspresse, die gerne die amerikanische Dysfunktionalität in den Vordergrund stellt – und sich selbst als bessere Demokratie. Außenpolitisch inszenierte sich Xi Jinping zunächst recht erfolgreich als Verteidiger von Globalisierung und freien Märkten. Seitdem hat sich das Verhältnis zwischen China und vielen seiner Handelspartner aber deutlich eingetrübt, viele nehmen Peking seine Versprechen von Öffnung und Reformen nicht mehr ab.
Trotzdem dürfte Peking davon profitieren, wenn Spannungen zwischen Europa und den USA zunehmen. Im Ukraine-Krieg steht China fest an Russlands Seite, in der Nato sieht Peking eine „Kriegsmaschine“, die Chaos in der Welt stiftet. Auch eine Umkehr von Bidens Bündnispolitik im Indopazifik wäre in Pekings Sinne. Der US-Präsident setzte auf militärische Allianzen, um Chinas Expansionspolitik im Südchinesischen Meer und gegenüber Taiwan entgegenzuwirken. Trumps Wiederwahl stellt die Sicherheit des Inselstaates infrage. Wiederholt hatte sich Trump geweigert, ein klares Bekenntnis für Taiwan abzugeben.
Dementsprechend war am Donnerstag in Chinas sozialen Medien auch Häme zu lesen. So teilten viele eine Collage aus Bildern. Darauf waren neben Kamala Harris auch Ukraine-Präsident Wolodimir Selenskij und Taiwans Präsident William Lai zu sehen. Dazu der Kommentar: Die größten Verlierer der Wahl.