Die Weihnachtstage nahen und mit ihnen auch das alljährliche Büro-Wichteln. Und wer jetzt noch kein Unter-Zehn-Euro Geschenk für den Nerd aus der IT oder die Kollegin aus der Personalabteilung hat, für den gibt es dieses Jahr ein ganz besonderes Schmankerl. Wie wäre es denn mit einem Weltkriegsbunker im wunderschönen Hamm in Westfalen? Für den Startpreis von einem Euro wird das mehr als 900 Quadratmeter große Wunderwerk der Stahlbetonbaukunst versteigert. Und die mehr als 700 Quadratmeter Grundstück drum herum gibt’s direkt mit bei, wie man im Ruhrpott sagen würde.
Zwar könnte es Probleme dabei geben, dieses einzigartige Wichtelgeschenk unter den Weihnachtsbaum in der Firmenlobby zu bekommen – ganz zu schweigen von den Kosten für das Geschenkpapier –, aber der Platz als Top-Gesprächsthema der Weihnachtsfeier wäre einem damit sicher. Und nützlich wäre es auch noch. Denn, mal ehrlich, wer würde sich nicht mal gerne vor dem Bombardement aus E-Mails, Teams-Nachrichten und Video-Konferenzen verstecken? Und wer hat sich nicht schon einmal meterdicke Betonwände zwischen sich und dem Chef gewünscht?
Damit jedoch nicht genug: Es reicht auch, die Katastrophenberichterstattung auf einer Medien-Plattform der Wahl runter zu scrollen, um zu sehen, dass man jemandem mit diesem Bunker ein Geschenk für die Zukunft machen würde. In dieser Schiene denken inzwischen nicht nur paranoide Milliardäre und noch paranoidere Prepper, sondern auch die Bundesregierung selbst. So ließen das Innenministerium und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wegen der zunehmenden russischen Drohgebärden gerade prüfen, wie es denn um den Stand der deutschen Schutzinfrastruktur steht. Das Ergebnis: schlecht. Nur 580 offizielle Bunkerräume sind nutzbar. Bei rund 480 000 Schutzplätzen würde gerade einmal etwas mehr als ein halbes Prozent der Bevölkerung unterkommen. Im innereuropäischen Vergleich steht Deutschland damit wieder einmal recht abgeschlagen da. Während in Finnland rund 80 Prozent der Bevölkerung im Ernstfall Schutz in einem Bunker finden könnte, liegt diese Quote in der Schweiz sogar bei 120 Prozent.
Und bis zum Tag X – sei es nun der dritte Weltkrieg, die Zombieapokalypse oder der Kollaps der Gesellschaft durch die Klimakatastrophe – kann man den Stahlbetonkoloss ja noch zur upgecycelten Trendimmobilie aufmöbeln – ganz nach dem Vorbild eines alten Flak-Bunkers in Hamburg: Dachbegrünung, Loft-Apartments mit Studioflair und im Erdgeschoss wahlweise eine Fairtrade-Coffeebar oder eine postmoderne Pop-up-Kunstgalerie. Brutalismus meets Solarpunk meets Kreuzberger Hipster. All das vor dem charmanten Hintergrundgrau des Ruhrgebiets. Und sollten diese Pläne floppen, vermietet man die Räumlichkeiten halt an die Nachwuchs-Punkbands der Nachbarschaft. Proberäume werden immer gebraucht.
Was könnte schon gegen so ein zukunftsträchtiges Wichtelgeschenk ankommen? Verkrampft flippige Socken mit „lustigem“ Avocado-Emoji-Aufdruck? Ein stümperhaft geschriebenes Selbstoptimierungs-Ratgeberbuch aus zweiter Hand? Oder von den Kindern der Arbeitskollegin selbst gebackene Weihnachtsplätzchen? Na gut. Gegen von liebevollen Kinderhänden gebackene Plätzchen kann man nun wirklich nichts einwenden.