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Demo von «Muslim Interaktiv» in Hamburg: Wie antwortet der Staat? – Politik

by Marko Florentino
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Am Ende war es nicht wirklich geheim, das Geheimtreffen der islamistischen Szene in Hamburg. Wenn sich 400 Salafisten am Osterwochenende versammeln, bleibt das nicht unbemerkt, bei den Sicherheitsbehörden nicht, auch nicht bei Passanten. Gleichwohl war der Festsaal im Stadtteil Billbrook durch einen Wachdienst gesichert, Stellwände vor den Fenstern sollten vor neugierigen Blicken schützen. Die Presse war nicht zugelassen, das Hamburger Abendblatt berichtete trotzdem. Die Veranstaltung unter dem Motto «Die Gebetsstätten und das Versprechen Allahs» war nur eine von vielen Machtdemonstrationen der Extremisten, die in der Hansestadt immer selbstbewusster auftreten. Auch während des Ramadan, dem Fastenmonat der Muslime, sind mehrere Zusammenkünfte für die Verbreitung von Hass und Hetze genutzt worden.

Am vergangenen Wochenende zogen erneut mehr als tausend Menschen über den Steindamm in St. Georg, protestierten gegen angebliche Islamfeindlichkeit in Politik und Medien. Auf den Plakaten: Slogans wie «Deutschland = Wertediktatur» oder «Kalifat ist die Lösung». Auf allen Veranstaltungen präsent: Joe Adade Boateng, der sich selbst «Raheem» nennt, Lehramtsstudent, Influencer und führendes Mitglied bei «Muslim Interaktiv».

Die Extremisten sprechen mit ihren Videos gezielt junge Menschen an

Das Logo der Gruppe besteht aus einem Blutstropfen und der stilisierten Kaaba in Mekka. 2020 in Hamburg gegründet, ist die Vereinigung erstmals mit einem Autokorso in Gedenken an die Opfer des rechtsextremistischen Anschlags in Hanau öffentlich in Erscheinung getreten. Auch nach Koranverbrennungen in Schweden 2023 demonstrierte man gegen Islamfeindlichkeit.

Nach Ansicht des Hamburger Verfassungsschutzes nutzt «Muslim Interaktiv» solche Vorfälle gezielt, um vor allem junge Muslime zu mobilisieren. Zu manchen Kundgebungen kamen mehr als 2000 Menschen. In Wahrheit sei «Muslim Interaktiv» Teil des «informellen Netzwerks» der islamistischen Hizb-ut-Tahrir-Bewegung, so steht es im jüngsten Jahresbericht des Verfassungsschutzes. Die Bewegung kämpft für ein weltweites Kalifat mit der Scharia als Verfassung. Sie ist seit 2003 in Deutschland verboten.

Die Demonstrationen sind nach Einschätzung der Behörden nur ein Baustein einer größeren Strategie. Die Reden von Raheem Boateng und anderen werden zu kurzen Clips zusammengeschnitten. Auf Tiktok, Instagram, Youtube, Facebook und X sehen Zehntausende die Videos von «Muslim Interaktiv»: HD-Qualität, Drohnenflüge, hochemotionale Botschaften, Spuren von Extremismus eher auf den zweiten oder dritten Blick erkennbar.

Verbieten lassen sich die Demonstrationen nicht ohne Weiteres, sagt der Polizeipräsident

Auf eine Anfrage der Süddeutschen Zeitung reagierte «Muslim Interaktiv» zunächst nicht. In einem online veröffentlichten allgemeinen «Positionspapier» schreibt die Gruppe, man erkenne «den Geltungsanspruch des Grundgesetzes als normative Ordnung der Bundesrepublik» an, aber lehne «jegliche staatliche Einflussnahme auf unser Islamverständnis ab».

Bleibt die Frage, warum eine Demonstration wie die vom Wochenende nicht verboten wird, wenn Grundrechte wie die Pressefreiheit angegriffen werden. Hamburgs Polizeipräsident, dem formal auch die Versammlungsbehörde untersteht, sieht dafür keine Grundlage. «Wir haben nun einmal ein sehr freiheitliches Versammlungsrecht, das der Versammlungsbehörde enge Grenzen setzt», sagte Falk Schnabel der Süddeutschen Zeitung. Ein Verbot sei vorab intensiv geprüft und von Juristen einhellig verworfen worden. Man habe mit einem Großaufgebot und strengen Auflagen reagiert, Gewaltaufrufe oder die Leugnung des Existenzrechts Israels seien klare Grenzen. Im Rechtssinne sei die Versammlung jedoch friedlich verlaufen.

«Es geht es nicht darum, ob auf Demonstrationen geäußerte Meinungen opportun sind oder sich gegen unsere Verfassung richten. Die Grenze ist immer das Strafrecht. Selbst dann verlangt ein Verbot zusätzlich Tatsachen, dass die Versammlung insgesamt einen gewalttätigen oder strafbaren Verlauf nehmen wird», sagte Schnabel. Mit Blick auf «Muslim Interaktiv» spricht er von einer neuen Qualität der islamistischen Bedrohung. «Das ist das Gefährliche an dieser Gruppe: Sie erzeugen ein Opfernarrativ und versuchen den Eindruck zu erwecken, für einen Großteil der Muslime zu sprechen, was definitiv nicht der Fall ist.»

Die Hamburger CDU-Fraktion sieht die Bundesinnenministerin in der Pflicht

Parolen und Transparente der jüngsten Demonstration sollen nun von der Zentralstelle Staatsschutz der Hamburger Generalstaatsanwaltschaft geprüft werden. Für weitere Maßnahmen, so Schnabel, müsse auf Bundesebene ein Verbot der Gruppierung geprüft werden, er selbst befürworte dies ausdrücklich. «Liegt ein solches vor, stehen wir als Hamburger Polizei bereit, es durchzusetzen.»

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schloss am Montag Konsequenzen nicht aus. «Es ist ganz klar: Gegen all das, was an islamistischen Aktivitäten stattfindet, muss mit den Möglichkeiten und den Handlungsoptionen unseres Rechtsstaates vorgegangen werden», sagte er. Man müsse sich genau anschauen, «was jetzt konkret aus den Dingen, die wir dort gesehen hatten, für Konsequenzen zu ziehen sind». Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte die Demonstration in Hamburg als «schwer erträglich» bezeichnet und betont, dass die Sicherheitsbehörden die Szene im Visier hätten.

Das genügt nicht allen. Der Hamburger CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering spricht von «ungeheuerlichen Szenen» und fordert ein sofortiges Verbotsverfahren. «Es reicht nicht aus, dass Bundesinnenministerin Faeser diese Islamisten-Demonstration ‘schwer erträglich’ findet, sondern sie muss jetzt handeln», erklärte Thering am Montag. Am vergangenen Mittwoch hatte die Bürgerschaft einen entsprechenden Antrag der CDU abgelehnt, mehrheitlich mit Stimmen von SPD und Grünen. Die Christdemokraten wollen nun eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragen.



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