Die Kombination der Ziffern 1 und 7 hat in der Geschichte des brasilianischen Fußballs eine große Bedeutung. Nicht so sehr wegen des 1:7 gegen Deutschland bei der WM 2014, das die Brasilianer so gern vergessen würden. Sondern wegen der Teenager, die im Alter von 17 Jahren im kanariengelben Dress der Nationalmannschaft Furore machten. Edson Arantes do Nascimento alias Pelé ist zu nennen, ebenso Ronaldo Luíz Nazário da Lima alias Ronaldo, der Echte oder der Dicke – zwei Legenden, die den WM-Pokal berühren durften, als sie das gesetzliche Mindestalter für den Besuch von Erwachsenenfilmen noch nicht erreicht hatten: Pelé in Schweden 1958, Ronaldo in den USA 1994.
Nun kann Brasilien den nächsten Minderjährigen vorzeigen, der alle Voraussetzungen erfüllt, ein craque zu werden: Endrick Felipe Moreira de Sousa, genannt «Endrick», der am 21. Juli 2006 in einem Ort namens Taguatinga, nahe Brasília, geboren wurde – vier Jahre nach dem bislang letzten von fünf brasilianischen WM-Titeln.
Schon vor Monaten sicherte sich Real Madrid für die Zukunft Endricks Dienste. Spaniens Rekordmeister verpflichtete den 1,73 Meter großen, erstaunlich bulligen Stürmer von SE Palmeiras (São Paulo) gegen eine Ablöse von 45 Millionen Euro. In Spaniens Hauptstadt ist die Vorfreude seit Dienstag gestiegen. Denn Endrick trat erstmals im Estadio Santiago Bernabéu auf, das erst ab Juli seine Heimstatt werden wird. Und er stellte beim überaus hitzig geführten Freundschaftsspiel gegen Spanien (3:3) nicht nur Barcelonas brillanten Außenstürmer Lamine Yamal, 16, sondern auch Leipzigs Dani Olmo und dessen brillantes Tor in den Schatten.
Olmo tunnelte im Strafraum zwei Abwehrspieler Brasiliens und setzte den Ball mit einem Schuss voll diebischen Effets zum zwischenzeitlichen 2:0 (36.) ins Netz. Doch Endrick konterte: Fünf Minuten nach seiner Einwechslung erzielte er das 2:2 (50.). Erst recht zur Nebensache geriet, dass Rodri (Manchester City) mit zwei Foulelfmetern (12./87.) die restlichen spanischen Tore erzielte und dass Rodrygo (Real Madrid/40.) sowie Paquetá (West Ham/90.+6), ebenfalls per Foulelfmeter, für Brasilien trafen.
Denn Endrick traf nicht nur sehenswert per Volleyschuss, er nährte damit auch seinen Ruf. Schon am Samstag hatte er bei Brasiliens 1:0-Sieg in England erstmals für die Seleção getroffen. Als 17-Jähriger zwei Tore in vier Länderspielen erzielt zu haben, ist bereits aller Ehren wert. Das aber innerhalb von vier Tagen geschafft zu haben, und dann auch noch in Wembley und im Bernabéu – das lässt ahnen, dass Endrick wohl tatsächlich für die größten Tempel des Weltfußballs geschaffen ist. Er ist auch der jüngste Spieler, der je in einem Länderspiel in Wembley getroffen hat.
Die Tore werden den Druck nicht mindern. Aber das nimmt er an. In einem langen Interview mit Brasiliens Fachmagazin Placar – das ihn schon aufs Titelblatt gehoben hatte, als er noch 15 war – forderte Endrick ein, «nicht wie ein Junge, sondern wie ein Erwachsener behandelt zu werden». Psychologische Betreuung beziehe er «von Gott und von meiner Familie». Und überhaupt, sagte er: «Ich möchte ein Idol sein.» Nur eines wird er nicht schaffen: mit 17 Weltmeister zu werden. Die nächste WM findet erst 2026 statt.