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EU-Umweltagentur: Europas Staaten schlecht auf Klimawandel-Folgen vorbereitet – Wissen

by Marko Florentino
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Eine kurze Rundreise in Europa reicht schon, um die kommenden Katastrophen zu erahnen. Vom Ahrtal aus, wo die Bauarbeiten noch lange nicht abgeschlossen sind und die Angst vor der nächsten Flut groß ist, in die griechische Region Thessalien, wo noch immer das Wasser auf den Feldern steht, hinüber nach Spanien, wo in manchen Landesteilen durch Dauerdürre bald Wüsten entstehen werden. Gerade erst hat der EU-Klimadienst Copernicus mitgeteilt, dass die Menschen auf der Erde den wärmsten Februar seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt haben. Erstmals habe die Erderwärmung über zwölf Monate hinweg oberhalb von 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter gelegen.

Von allen Kontinenten erwärmt sich Europa am schnellsten – aber die EU und ihre Mitgliedstaaten sind zu schlecht vorbereitet auf die drohenden Folgen. Zu diesem Schluss kommt die Europäische Umweltagentur (EEA) in ihrem am Montag veröffentlichten Bericht über Klimarisiken. Die EU-Behörde hat sich erstmals umfassend angeschaut, inwiefern Europa bereit ist für die Herausforderungen einer wärmeren Welt. Man müsse das Dokument als Warnung lesen, sagt EEA-Direktorin Leena Ylä-Mononen: «Dieser Bericht ist ein Weckruf.» Sollte Europa keine beschleunigten Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen, «können wir bis zum Ende des Jahrhunderts mit einem Temperaturanstieg von bis zu sieben Grad Celsius rechnen.»

Derzeit stiegen die Temperaturen in Kontinentaleuropa etwa doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt, heißt es in dem Bericht. Die Folgen waren zuletzt bereits wie in einer Vorschau zu sehen: schwerere, längere Dürren, lebensgefährliche Hitzeperioden, mehr Starkregenereignisse und Fluten, dauerhaft veränderte Niederschlagsmuster – und ein überforderter Katastrophenschutz. Szenen wie im vorigen Jahr in der Ebene der griechischen Region Thessalien, wo Menschen auf Hausdächern auf Rettung warteten, wären dann nicht mehr krasse Ausnahmen. Solche Ereignisse «gefährden die Lebensmittel- und Wassersicherheit, die Energiesicherheit und die Finanzstabilität sowie die öffentliche Gesundheit», schreiben die EU-Klimaexperten. «Das wiederum beeinträchtigt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die soziale Stabilität.»

«Die gesellschaftliche Vorsorge ist unzureichend»

Die EEA identifiziert 36 wesentliche Klimarisiken, die sie in fünf Bereiche gliedert: Ökosysteme, Ernährung, Gesundheit, Infrastruktur sowie Wirtschaft und Finanzen. Für sich allein genommen habe jedes dieser Risiken das Potenzial «erhebliche Umweltzerstörung, wirtschaftliche Schäden, soziale Notlagen und politische Turbulenzen» zu verursachen. Ihre Kombination führe zu umso heftigeren Konsequenzen. Acht der identifizierten Risiken betrachten die Experten als «besonders dringend».

Dazu gehören vor allem küstennahe und maritime Ökosysteme sowie Wälder als natürliche CO₂-Speicher. Höhere Wassertemperaturen, die Versauerung der Meere und geringere Sauerstoffmengen im Wasser bedrohten die Biodiversität bis hin zu einem Massensterben einiger Arten. Ein steigender Meeresspiegel, Sturmfluten und menschliche Eingriffe wie die Eindeichung bedrohten die Küstenökosysteme. «Alle europäischen Meere sind stark von diesen Klimarisiken und anthropogenen Belastungen betroffen», schreibt die EEA. Die Risiken für Ökosysteme an Land seien nicht minder groß. Die Gefahren für Ökosysteme hätten insgesamt ein «hohes Potenzial, auf andere Sektoren und Politikbereiche überzugreifen», etwa die Ernährungssicherheit und die Sicherheit der Wasserversorgung.

Vor allem in Südeuropa seien die Folgen von Hitzewellen und Dürren für den Nutzpflanzenanbau und die Wasserversorgung bereits stark zu spüren. Die dort lebenden Menschen haben auch zuerst unter extremer Hitze zu leiden, mit potenziell tödlichen Folgen. Empfohlene Gegenmaßnahmen, resümiert die EEA, liegen dabei außerhalb der klassischen Umwelt- oder Gesundheitspolitik im Bereich der Stadtplanung, von Baunormen und des Arbeitsrechts.

Die Autoren des Berichts loben einerseits die Fortschritte auf nationaler Ebene, wo das Verständnis für die Risiken der Klimaerwärmung gewachsen sei und die Politik sich an den identifizierten Gefahren orientiere. «Die gesellschaftliche Vorsorge ist jedoch unzureichend», schreiben sie – die Politik agiere zu langsam gemessen daran, wie schnell die Risiken wüchsen. Als problematisch stuft die EEA auch eine zu schlechte Koordinierung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten ein. Für die meisten Gefahren seien nämlich sowohl Brüssel als auch die Hauptstädte und andere staatliche Ebenen darunter gleichzeitig verantwortlich.

Der Report erscheint zu einer Zeit, in der die ambitionierte europäische Klimapolitik der vergangenen Jahre zunehmend ausgebremst wird und im aufziehenden Europawahlkampf einen schweren Stand hat. Die Beispiele dafür häufen sich. So wurde das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur an entscheidenden Stellen abgeschwächt, eine Verordnung zur Verringerung des Pestizideinsatzes zog die Kommission ganz zurück. Jetzt versucht die EU mit Zugeständnissen im Bereich der Landnutzung, protestierende Bauern zu besänftigen. All dies wären Dinge, die die EEA für dringend nötig hält, um Europa auf den Klimawandel vorzubereiten.

Politik zu machen anhand der identifizierten Risiken, das sollte «eine der obersten Prioritäten der nächsten Legislaturperiode sein», sagt EEA-Chefin Ylä-Mononen. Es wird viele in Brüssel geben, die diesen Weckruf überhören.



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