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Fußball-EM: Österreich besiegt Polen – Arnautovic beruhigt ein Land – Sport

by Marko Florentino
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Es lief die 67. Spielminute in diesem Gruppenspiel zwischen Österreich und Polen, da hatte Marko Arnautovic das Bedürfnis, etwas loszuwerden. Der 35-Jährige ist in Abwesenheit von David Alaba Kapitän der österreichischen Auswahl, er darf in dieser Funktion bekanntlich mit dem Schiedsrichter reden, ohne eine gelbe Karte zu sehen, weshalb manche Beobachter in Österreich die Binde an seinem Ärmel auch als Schutz vor einer umgehenden Sperre sehen. Dem Unparteiischen allerdings hatte Arnautovic in diesem Moment gar nichts mitzuteilen, Halil Umut Meler war ohnehin damit beschäftigt, die Partie wieder freizugeben.

Arnautovic richtete sich stattdessen an die eigene Mannschaft: Er wedelte mit den Armen, drückte seine Handflächen in Richtung Boden, rief lautstark über das Spielfeld. Marko Arnautovic, in jeglicher Hinsicht einer der lautstärksten Spieler in der österreichischen Fußballgeschichte, wollte seine Mannschaft beruhigen. Jetzt bloß nicht wieder die Partie aus den Händen gleiten lassen!

Grund dazu gab es allemal. Kurz zuvor waren die Österreicher zwar erneut in Führung gegangen, das letztlich vorentscheidende 2:1 fiel durch einen wunderbar herausgespielten Treffer von Christoph Baumgartner. Es war aber nur der zwischenzeitliche Höhepunkt in einem sehr österreichischen Drama, das sich auch noch über die verbleibenden Minuten dieser Partie erstrecken sollte. Für die Polen ging nicht nur das Spiel verloren: Durch das 0:0 zwischen den Niederlanden und Frankreich am Abend steht ihr EM-Aus bereits nach dem zweiten Spieltag fest.

Im ersten Akt hatten sich Ralf Rangnicks Österreicher auf dem Rasen von Berlin in die Höhen des Himmels gespielt. Die vielleicht beste Viertelstunde in der Amtszeit des deutschen Trainers stellte alles unter Beweis, was man den Österreichern nachsagt: Unaufhörlich jagten sie den Ball, waren immer einen Schritt vor den Polen, jedes Zuspiel fand seinen Weg durch eine gegnerische Mannschaft, die überfordert wirkte – und zurecht in Rückstand geriet. Gernot Trauner erzielte das 1:0 nach neun Minuten per Kopfball.

Dann folgten die Untiefen des zweiten Aktes – und wer Anschauungsmaterial suchte für die These, dass Rangnicks Mannschaft weiter den Verdacht der Naivität abwehren muss, der wurde fündig. Fehlpass reihte sich nun an Fehlpass, völlig ohne Not brachten die Österreicher den Gegner wieder ins Spiel. Eine der Einladungen nahm Krzysztof Piatek in der 30. Minute an. Im Nachgang einer unzureichend verteidigten Ecke traf der Stürmer an einem Ort, den er bestens kennt: Piatek spielte einst drei Jahre lang bei Hertha BSC. Seinen ersten EM-Treffer darf man wohl dennoch getrost als Höhepunkt seiner Karriere im Olympiastadion bezeichnen.

Baumgartner trifft überlegt und fällt danach seinem Trainer in die Arme

Die Österreicher wirkten weiter unsicher, sie taten sich schwer damit, das Spiel zu bestimmen und zu passablen Offensivaktionen zu kommen. Immer wieder waren es kleine, falsche Entscheidungen, mit denen sie sich den Weg zum Tor erschwerten – bis Arnautovic die geniale Idee hatte, den Ball nicht zu berühren. Weil der Stürmer die Hereingabe von Außenverteidiger Alexander Prass durchließ, gelangte der Ball in der 66. Minute zu Baumgartner, der überlegt das 2:1 erzielte.

„Die ganze Nation hat das verdient“, sagte der Torschütze später, der seinem Trainer nach dem Treffer in die Arme gefallen war. „Er hat mich tagtäglich unterstützt, in der Halbzeit hat er mir gesagt, dass er mich braucht“, sagte der Stürmer von RB Leipzig. „Deswegen ist das auch ein Dank an ihn.“

Den Polen fehlte nun sichtbar die Überzeugung, noch einmal zurückzukommen. Daran änderte nicht einmal die zuvor umjubelte Einwechslung von Robert Lewandowski etwas. Stattdessen stahl sich in der 77. Minute Marcel Sabitzer nach einem langen Abschlag davon und wurde im Strafraum von Polens Torhüter Wojciech Szczesny gefoult – Elfmeter, der Schlussakkord.

Arnautovic wischt sich seine Tränen aus den Augen

Den Ball schnappte sich Arnautovic, dessen Beruhigungstaktik bis dahin im Grunde nicht aufgegangen war. Kurz nach seiner Bitte an die Mitspieler, das Spiel mit etwas mehr Gemach und Genauigkeit zu kontrollieren, hatte Arnautovic für einen Schubser die gelbe Karte gesehen. Doch das war spätestens mit dem Elfmeter, den Arnautovic wuchtig verwandelte, weggewischt.

Man konnte die Bedeutung des Treffers für Spieler, Mannschaft und ja, das Land etwa eine halbe Minute später erkennen. Die Jubeltraube um Arnautovic hatte sich gerade gelichtet, und über das Spielfeld schritt der Kapitän einer Mannschaft, die genial und naiv gleichzeitig sein kann – und die nun jedenfalls weiter realistische Chancen hat, das Achtelfinale dieser Europameisterschaft zu erreichen. Marko Arnautovic also, er wischte sich seine Tränen aus den Augen.



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