Im Plan für eine sichere Gasversorgung im Winter ist dieses Projekt das umstrittenste, es wird bekämpft wie kein anderes. Die Gegner meinen, das LNG-Terminal im Industriehafen Mukran werde nicht benötigt, es schade Umwelt und Tourismus auf Rügen. Das Kanzleramt hingegen hat es früh zur Chefsache gemacht, der Ostbeauftragte Carsten Schneider (SPD) wurde als Vermittler eingesetzt. Doch nun steht plötzlich die Frage im Raum, ob da alles rechtens zugeht.
Argumentiert wurde immer mit einer drohenden Gasmangellage nach dem Wegfall russischer Gaslieferungen, derzeit sind die Speicher jedoch zu rund 96 Prozent gefüllt. Von Mukran aus wurde durch die Ostsee eigens eine Pipeline Richtung Lubmin verlegt, um das in Mukran angelandete Flüssigerdgas nach der Umwandlung einzuspeisen und von Lubmin aus landseitig weiterzuverteilen.
Der Betreiber weist alle Vorwürfe zurück
Nun ist ein vorläufiger Stopp vom Umweltministerium in Mecklenburg-Vorpommern verhängt worden, und zwar für einen aus Sicht der Behörden nicht genehmigten Umschlag von LNG, um es auf kleineren Schiffen zum Beispiel nach Schweden weiterzutransportieren. So ein „Reload“ sei vom Genehmigungsbescheid nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz nicht erfasst, betont die Sprecherin auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung. Genehmigt worden sei nur Betrieb des LNG-Terminals „mit dem Zweck der Anlieferung und Zwischenspeicherung von LNG zur Regasifizierung und Einspeisung als Erdgas in das deutsche Gasnetz“. Und zwar für 110 LNG-Anlieferungen im Jahr.
Ein Umschlag, wie er gerade erfolgte, werde daher bis auf Weiteres untersagt, der Betreiber habe vier Wochen Zeit, Stellung zu nehmen. Es steht also die Frage im Raum, ob hier ein Zusatzgeschäft betrieben werden soll, ohne Genehmigung dafür.
Die Deutsche Regas, die das schwimmende Terminal betreibt, weist alle Vorwürfe zurück. Dieses sei von Anfang an auch für ein sogenanntes Reload konzipiert gewesen. Um einen solchen habe es sich gehandelt, als vorige Woche vom Terminal-Schiff Enercos Power verflüssigtes Gas auf die kleinere Coral Energy verladen worden sei. Dabei seien aber nur weniger als fünf Prozent des Tankinhaltes des Terminals umgeladen worden. Von den Genehmigungen für das Terminal sei dies gedeckt. Das Unternehmen beruft sich dabei auf eine sogenannte Freistellungsentscheidung der Bundesnetzagentur vom 12. Januar 2023. Das Umweltministerium in Schwerin hingegen betont, das sei in diesem Fall gegenstandslos, denn es gehe um eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Vereinfacht gesagt: Der Umschlag mit mehr Schiffsverkehr kann auch mehr Lärm bedeuten.
Frust und Wut auf Rügen
Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Schweriner Landtag, Daniel Peters, fordert ein Aus für das gesamte Projekt. Der Umschlag zum Weitertransport nach Schweden sei „sicher gut für Schweden und auch gut für Regas, aber schlecht für Rügen“. Er könne den Frust und die Wut vor Ort nachvollziehen. Peters fordert: „Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende: Die Genehmigung muss entzogen werden.“
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hält das Vorgehen der Regas für illegal. Zudem sei die Anlage ja nur deshalb so schnell errichtet worden, weil für sie die Regeln eines speziellen LNG-Beschleunigungsgesetzes galten. Das jedoch habe eine Notlage abwenden sollen. Für die eilige Errichtung eines Umschlaghafens war es nicht gedacht. Die DUH hat mehrfach versucht, das Projekt mit Klagen aufzuhalten. Und scheiterte immer wieder auch wegen des Beschleunigungsgesetzes. Nun sieht man ein neues Argument. „Dass aus Deutschland nun sogar LNG an Drittländer exportiert wird, zeigt, dass die Energiekrise endgültig vorbei ist“, sagt Constantin Zerger, der Energieexperte des Verbands. „Offensichtlich“ habe die Bundesregierung zu viele LNG-Projekte angestoßen und müsse jenes auf Rügen „endgültig stoppen“.
Tatsächlich weisen Transparenz-Datenbanken eine Unterauslastung des Terminals aus, seit es in Betrieb ist. In diesem Monat etwa liegt sie im Schnitt bei rund fünf Prozent. Allerdings sagt das noch nicht zwingend etwas über seine Rentabilität, denn dahinter liegen oft gebuchte Kapazitäten, die einfach nicht völlig ausgenutzt werden.
Dass die Gaskrise zu Ende geht, diese Einsicht setzt sich langsam auch in der Bundesregierung durch. „Es gibt keine Gasmangellage mehr“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei einem von der Neuen Osnabrücker Zeitung veranstalteten Bürgerdialog. Dennoch gilt immer noch die 2022 verhängte „Alarmstufe“ des Notfallplans für die Gasversorgung. Solange sie gilt, lassen sich Vorhaben auch leichter beschleunigen. Sie aufzuheben, bedürfte allerdings einer gemeinsamen Entscheidung des Bundeskabinetts.