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Griechenland: Zwei Jahre nach der Zugkatastrophe ist die Wut zurück – Politik

by Marko Florentino
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Sie sind zurückgekehrt an den Ort, den sie auch „Ground Zero“ nennen, sie legen Blumen nieder, zünden Kerzen an. Genau zwei Jahre ist es an diesem Freitag her, dass an dieser Stelle nahe der Ortschaft Tempi in der griechischen Region Thessalien zwei Züge in voller Fahrt zusammenstießen und 57 Menschen starben, darunter viele Studentinnen und Studenten. Und in die Trauer der Hinterbliebenen mischt sich Wut, frisch angefacht durch neue Erkenntnisse dazu, wie Schlampereien und Fehler in den zuständigen Behörden zu der Katastrophe geführt haben. „Wir fordern Gerechtigkeit“, sagt Konstantinos Tasoulas, Großvater eines bei der Zugkollision gestorbenen jungen Mannes, am Freitagmorgen am Gedenkort der grundsätzlich eher regierungsnahen Zeitung Proto Thema. „Und wir sind all den Menschen sehr dankbar, die jetzt auf die Straße gehen.“

In der Tat, dieser zweite Jahrestag der Katastrophe von Tempi wächst sich zu einem nationalen Trauer- und Protesttag aus. Nicht nur am Unglücksort selbst, auch in der nahen Regionalhauptstadt Larissa, in der Hochschulmetropole Thessaloniki, in der Hauptstadt Athen: Zehntausende versammeln sich an diesem Freitag im ganzen Land, um gemeinsam zu trauern, zu protestieren, zu streiken. Allein in Athen zählt die Polizei bis zum frühen Nachmittag 170 000 Protestierende. Und ihr Slogan ist ein bitteres Echo dessen, was einige der Opfer in ihren letzten Lebensminuten erleiden mussten: „Ich bekomme keinen Sauerstoff!“

Die Ermittlungen schleppen sich immer noch dahin

Es waren die Worte, die eine Frau offenkundig aus brennenden Trümmern heraus übers Telefon der Notrufzentrale zurief, kurz bevor sie starb. Die Aufzeichnung war kürzlich an die Öffentlichkeit gelangt und hatte neue Fragen aufgeworfen: Wodurch wurde der Brand nach dem Zusammenstoß der beiden Züge verursacht? Ein 178-seitiger Untersuchungsbericht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, kommt zu dem Fazit, dass die meisten Opfer direkt durch den Zusammenstoß der beiden Züge getötet worden seien – fünf bis sieben von ihnen dagegen durch eine unmittelbar darauf folgende Explosion.

Wodurch genau diese verursacht wurde, sei „auf Grundlage der verfügbaren Beweismittel unmöglich festzustellen“, Simulationen legten jedoch nahe, dass „die mögliche Anwesenheit einer unbekannten brennbaren Flüssigkeit“ damit zu tun haben könnte. Den Verdacht, dass einer der beiden Züge eine illegale Flüssigkeit transportiert haben könnte, hatten Hinterbliebene und deren Anwälte schon länger geäußert.

Auch die Opposition erhebt Vorwürfe

Umfragen zufolge geht eine große Mehrheit der Menschen in Griechenland davon aus, dass Regierung und Behörden nicht genug täten, um die Hintergründe der Katastrophe aufzuklären. Die Tatsache, dass die Ermittlungen sich auch zwei Jahre danach immer noch dahinschleppen und kein Gerichtsverfahren eröffnet worden ist, facht das Misstrauen zusätzlich an. Ohnehin werden die Ermittlungen dadurch erschwert, dass die Behörden seinerzeit schon nach wenigen Tagen den Unglücksort räumen, planieren und zuschottern ließen.

Die noch amtierende Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou sagte am Freitagmorgen, die „Tragödie von Tempi“ sei „eine dunkle Seite in unserer Geschichte“: Das Unglück und die noch offenen Fragen dazu „erschüttern das Vertrauen der Bürger in die Institutionen“. Sakellaropoulous Nachfolger Konstantinos Tasoulas, der am 13. März das Amt übernehmen wird, war nur mit einer knappen Parlamentsmehrheit gewählt worden. Die Opposition warf der Regierung vor, mit der Nominierung von Tasoulas, Mitglied der Regierungspartei Nea Dimokratia (ND), die Tradition der parteipolitischen Unabhängkeit des Staatspräsidenten zu brechen. Zudem sei er als bisheriger Parlamentssprecher an der Vertuschung der Umstände des Zugunglücks von Tempi beteiligt gewesen.

Nikos Androulakis, Vorsitzender der größten Oppositionspartei Pasok, warf am Freitag der Regierung vor, sie tue „alles, um ihre politische Verantwortung zu verdecken“. Zugleich kündigte er an, in der kommenden Woche ein Misstrauensvotum ins Parlament einzubringen.



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