„Huuuch“, sagt Katharina Schulze, die grüne Fraktionsvorsitzende. Und gleich noch mal: „huuuch“. Das hätten sich wohl Markus Söder und Friedrich Merz gleich nach der Bundestagswahl gedacht. Dass jetzt plötzlich doch nicht genug Geld da sei, dass die Herausforderungen im Inneren wie Äußeren doch größer seien als gedacht, scheinbar „wie aus dem Nichts“. Dabei habe sie die Reden der Chefs von CSU und CDU im Wahlkampf noch im Ohr, in jedem Bierzelt und Interview hieß es, man müsse einfach nur den Gürtel enger schnallen. Und gerade Söder habe dabei ständig Häme über die Grünen gegossen. Es handele sich, sagt Schulze am Dienstag im Landtag, nicht nur um „Wortbruch“. Sondern es zeige auch, wie „dilettantisch“ sich die Union aufs Regieren vorbereitet habe.
Die Grünen, denen am Dienstag im Parlament der Vorschlag für eine sogenannte Aktuelle Stunde zusteht, bringen damit die bundespolitische Großlage in die landespolitische Debatte. In Berlin haben Schulzes Parteifreunde das Finanzpaket, für das Union und SPD noch im alten Bundestag eine Zweidrittelmehrheit anstreben, abgelehnt, erst mal. Sie wollen nachverhandeln, etwa beim Klimaschutz. Man stelle sich der staatspolitischen Verantwortung, betont Schulze. Aber die Sondierungspapiere zur Militär-Ausnahme bei der Schuldenbremse und ein Sondervermögen für die marode Infrastruktur und Investitionen „atmen den Geist des Stillstands“, es werde vor allem „Spielgeld verteilt“ für Einzelinteressen.
So weit, so klar. Wobei ein heikler Anknüpfungspunkt zwischen Bundes- und Landespolitik besteht, nicht nur darin, dass natürlich auch Bayern von dem angedachten Geldsegen profitieren würde: Wenn die Finanzarchitektur durch den Bundestag ginge – die Grünen also doch dafür votieren – steht die Abstimmung im Bundesrat an. Dort hinge die erfolgreiche Billigung mit Zwei-Drittel-Mehrheit dann rechnerisch an den Stimmen des Freistaats Bayern. Und damit an der Zustimmung des Koalitionspartners Freie Wähler und von Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger.
Die FW hatten sich in den vergangenen Tagen geziert, fehlende Informationen beklagt und auch grundsätzlich Bedenken gegen das Schuldenmachen in Billionenhöhe geäußert. Zudem sind viele bei den FW verstimmt über die CSU und vor allem über Söder, nachdem der Ministerpräsident den Partner beim politischen Aschermittwoch wortgewaltig als Stümper-Truppe skizziert hatte. Söder selbst betonte zuletzt am Sonntag in einer Talkshow, die FW könnten sich den Reformen nicht verweigern – schließlich gehe es auch um Milliarden für die Kommunen. An diesem Mittwoch will die FW-Fraktion in einer Sondersitzung beraten. Doch im Landtag am Dienstag müssen sie sich zur Sache äußern. Aiwanger ist da, Söder nicht.

Zustimmung zur Schuldenbremse im Bundesrat
:Warum es zwischen CSU und Freien Wählern noch scheppern könnte
Markus Söder hat für die CSU in Berlin die großen Pläne für Finanzen und Schulden verhandelt. Bei deren Beschluss im Bundesrat müsste der Freistaat Bayern mit einheitlicher Stimme sprechen. Doch die Freien Wähler, der Koalitionspartner daheim, zieren sich bislang. Und dabei geht es nicht nur um inhaltliche Fragen.
Die Freien Wähler schicken Bernhard Pohl ans Pult, ihren Haushaltsfachmann. Er spricht davon, dass in Berlin ein „Salto mortale hingelegt“ wurde. Klingt skeptisch. Thema Militär: Nach dem eskalierten Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij bei Donald Trump glaube er schon, „dass das auch zu einer Neubewertung führen muss“. Weniger klar sei das beim Sondervermögen Infrastruktur, „für Dinge, die eigentlich bekannt waren“, sagt Pohl. Seine Fraktion werde sich noch „abschließend äußern“. Bei einer Zustimmung Bayerns im Bundesrat müsse aber auf jeden Fall der Länderfinanzausgleich mit verhandelt werden, etwa für eine Deckelung der von jedem Bundesland zu zahlenden Summe.
Die SPD findet sich gut in der Rolle als Bald-Partner der CSU ein
Der grüne Fraktionsvize Johannes Becher meint, wenn er Pohls Worte richtig interpretiere, sei die Zustimmung der FW „völlig offen“. Das wirkt am Dienstag tatsächlich auf viele Beobachter so. Gut möglich aber auch, dass die FW noch den Preis hochtreiben wollen.
Und sonst so in dieser Sitzung? Josef Zellmeier (CSU) überrascht viele mit der kategorischen These, der Kurswechsel bei den Schulden sei gar nicht überraschend. Schließlich habe Friedrich Merz bereits vor der Wahl mehrmals Offenheit bekundet. Lob erteilt Zellmeier für die Erfolge der CSU in der Sondierung: Gastro-Mehrwertsteuer, Agrardiesel, Mütterrente. Alles „konsumtiv“, rufen die Grünen trotzig rein. Konsumausgaben also, keine Investitionen. Volkmar Halbleib (SPD) findet sich gut in der neuen Rolle als Bald-Unions-Partner ein und rät den Grünen, dass man jetzt „keine Befindlichkeiten“ brauche. Andreas Winhart (AfD) rügt „Söders Schuldenrausch“ – die AfD habe schon gleich nach der Wahl hier im Landtag davor gewarnt, „die Kohle fliegt nur noch raus“. Und das wackelige Vorhaben in der Gesetzgebung erweise sich als „Totgeburt politischer Art“.
Das letzte Wort in der Debatte hat der Finanzminister. Albert Füracker sagt: „Nicht null Schulden werden uns retten, aber zu glauben, dass nur Schulden uns retten, ist auch falsch.“ Man müsse nun allerdings alles dafür tun, damit Deutschland wieder ins Wirtschaftswachstum komme. Sonst werde man bald über ganz andere Probleme diskutieren als die heutigen. Zu den Freien Wählern sagt Füracker nichts.