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Israels neuer Außenminister Gideon Saar: zwischen Jasagern und Scharfmachern – Politik

by Marko Florentino
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Eine Schonzeit kann es nicht geben für Neubesetzungen in Israels Kabinett, das hat auch Gideon Saar schnell spüren müssen. Kaum war er vorige Woche zum israelischen Außenminister befördert, war er auch schon auf Krisenmission gefordert. Amsterdam war überstürzt das Ziel seiner ersten Auslandsreise, nachdem dort israelische Fußballfans Opfer von Ausschreitungen geworden waren. Seither vergeht kein Tag, an dem Saar nicht irgendeine Schlagzeile zu produzieren versucht – mit Kritik an der „sehr niedrige Zahl an Verhaftungen“ in den Niederlanden, mit Absagen an einen Palästinenserstaat oder mit Einschätzungen zu den Kriegen in Gaza und Libanon oder zu Iran. Doch dabei merkt er auch, dass es in diesen Zeiten nicht leicht ist, sich Gehör zu verschaffen. Irgendeiner ist immer schneller, irgendeiner ist immer lauter.

Die Ministerriege von Premier Benjamin Netanjahu besteht zu einem Teil aus Jasagern, zum anderen aus rechtsextremen Wüterichen. Gideon Saar gehört zu keiner dieser Fraktionen. Auch das macht seine Rolle nicht einfacher. Mitleid muss dennoch keiner haben, der 57-Jährige hat sich allen eigenen Erfahrungen zum Trotz in diesen Sumpf begeben. Wohl, weil er eine neue Chance wittert, sich für noch Höheres zu bewerben. Denn dass er Premierminister werden will, hat er mehr als einmal schon erklärt. Aber dafür muss er erst an Netanjahu vorbei, und daran ist er bislang stets gescheitert, und zwar krachend.

Politischer Spagat ist seit Langem seine Disziplin

Unter Netanjahus Fittichen begann Saars Karriere einst, in dessen erster Amtszeit von 1996 bis 1999. Da war der gebürtige Tel Aviver Anfang dreißig und im Likud allein deshalb eine Besonderheit, weil er zuvor als Journalist für linke Blätter geschrieben hatte. Politisch positionierte er sich fortan im Spagat: liberal in gesellschaftspolitischen Fragen, hart rechts in Sachen Siedlungen und in der Ablehnung eines Palästinenserstaats.

Als Netanjahu 2009 erneut an die Macht kam, machte Saar schnell Karriere. Er wurde Bildungsminister, er wurde Innenminister – und er wurde seinem Förderer gefährlich. Denn Netzwerke knüpfte Saar im Likud und weit darüber hinaus, nicht zuletzt in den Medien. Geholfen hat dabei sicher auch seine Ehe mit der populären Fernsehjournalistin Geula Even. Der Glamourfaktor dieses Paars soll insbesondere Sara Netanjahu, die so gern First Lady ist, in Zustände gebracht haben.

Der Minister und der Regierungschef standen über Jahre hinweg in feindlichen Lagern

Einen kurzen Knick machte Saars Karriere, als er sich 2014 überraschend aus der Politik zurückzog. Doch bei seiner Rückkehr zeigte er sich tatendurstig wie zuvor. 2019 forderte er den wegen seiner Korruptionsanklage angeschlagenen Netanjahu heraus bei der Wahl zum Likud-Vorsitzenden. Das ging nach hinten los, Saar kam auf magere 27,5 Prozent. Ein Jahr später zog er die Konsequenzen, klagte über „Personenkult“ im Likud und gründete eine eigene Partei namens Neue Hoffnung. Dort zeigte er sich in erbitterter Opposition zu Netanjahu. In der von Naftali Bennett geführten sogenannten Einheitsregierung diente er als Justizminister. Als Netanjahu nach kurzer Pause mit seiner stramm rechts-religiösen Koalition zurückkehrte, übte Saar als Speerspitze der Opposition heftige Kritik an der geplanten Justizreform.

Eindeutig standen Netanjahu und Saar in feindlichen Lagern. Doch der Hamas-Überfall am 7. Oktober änderte alles, auch an dieser Front. Im Schlepptau von Benny Gantz trat Saar der Regierung bei, und seither irritiert er mit seinem Zickzackkurs: Im März zog er sich aus der Regierung zurück, im September ließ er sich wieder hineinlocken. Außenminister wurde er nun als Ergebnis einer kurzen Kettenreaktion: Netanjahu feuerte den widerspenstigen Verteidigungsminister Joav Gallant, ernannte den bisherigen Außenminister Israel Katz zu dessen Nachfolger – und plötzlich war für Saar ein Posten mit Prestige frei.

Wie lange das gut geht, kann noch keiner sagen. Als Neben-Außenminister hält sich Netanjahu immer noch seinen Vertrauten Ron Dermer, der als „Strategieminister“ gerade in Washington – und davor offenbar auch auf Geheimmission in Moskau – über ein mögliches Abkommen mit der Hisbollah verhandelt. Wenn Saar dann zu Hause vor Journalisten raunt, es gebe Fortschritte in den Verhandlungen, grätscht gleich sein Vorgänger Katz hinein und verkündet schneidig, es werde bestimmt keine Waffenruhe mit der Hisbollah geben.

Doch anders als seine Mit-Minister hält Saar Geduld für eine Tugend, auch in der Politik. „Ich habe keine Eile“, hat er einmal zu seinen politischen Ambitionen gesagt, und er verglich den Weg an die Regierungsspitze mit einem Marathon.



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