So hat es Donald Trump wohl am liebsten. Er ist weit weg, Luftlinie etwa 11 000 Kilometer, und doch Gesprächsthema Nummer eins. Der erneut gewählte und baldige US-Präsident, der den Klimawandel für einen Schwindel hält, schwebt wie ein Geist durch die verschlungenen Gänge und Räume in und um das aserbaidschanische Nationalstadion in Baku. Am Montag, Tag eins der 29. Weltklimakonferenz, lautete die Kernfrage: Wird Trump die Bemühungen, die Erderwärmung aufzuhalten, nur bremsen? Oder beerdigen?
Die Amerikanerin Allie Rosenbluth von der Organisation „Oil Change International“ beschrieb in einer Veranstaltung die Gemütslage in der Aktivistenszene und nannte die Wahl Trumps „verheerend“ und „entsetzlich“. Schloss aber an: „Wir sind stark und wir sind bereit zu kämpfen.“ Greenpeace setzte kurzfristig eine Pressekonferenz nur zum Thema „Folgen der US-Wahl“ an. Auch dort pendelte die Stimmung zwischen Schock und Trotz. „Es mag nun ein Klimaleugner ins Weiße Haus einziehen, aber wir können die Erwärmung nicht ignorieren“, sagte Yeb Sano von den Philippinen. Seine Kollegin aus Brasilien, Carolina Pasquali, wollte so etwas wie Hoffnung verbreiten. Ihr Land habe mit Jair Bolsonaro bereits einen Klimaleugner im Präsidentenamt überstanden, die Zivilgesellschaft müsse sich nun organisieren, die Willigen müssten sich vereinen und sich wehren.
Trumps Team soll schon an einer Austrittserklärung arbeiten
Sie alle wiesen auf die nicht mehr zu übersehenden Auswirkungen der Erderwärmung hin. Die Fluten in Spanien mit mehr als 200 Toten, die Hurrikane im Südosten der USA, das zweite Dürrejahr im Amazonasgebiet, Überschwemmungen in Somalia und anderswo. Ein paar Zimmer weiter erklärte zur selben Zeit die Weltwetterorganisation WMO, das Jahr 2024 werde wohl so heiß sein wie keines zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen. Von Januar bis September sei die Durchschnittstemperatur auf der Welt um 1,54 Grad Celsius höher gewesen als vor dem Industriezeitalter, erstmals wurde damit die im Pariser Klimaabkommen als kritisch bezeichnete Grenze von 1,5 Grad Erwärmung überschritten. Massive wirtschaftliche Schäden sowie viele Tote durch Extremwetter seien das Ergebnis.
Dennoch will Trump offenbar wie zu Beginn seiner ersten Amtszeit 2017 die USA aus dem Pariser Abkommen führen. Laut Medienberichten arbeitet sein Team an einer Austrittserklärung. Manche erwarten gar, dass sich die USA aus der gesamten Klimakonvention der Vereinten Nationen verabschieden. Wie die New York Times berichtet, wolle Trump zudem den Klimaschutz innenpolitisch abwickeln. Etwa Vorschriften zur Treibhausgasbegrenzung bei Kraftwerken und Fahrzeugen streichen oder mehr Bohrungen nach Öl und Gas auf bundeseigenem Land erlauben.
Dazu wolle Trump wohl auch den Inflation Reduction Act angreifen, das wichtigste Klimagesetz seines Vorgängers Joe Biden. Spätestens hier kommen Beobachtern allerdings Zweifel. Das Gesetz aus dem Jahr 2022 soll in zehn Jahren fast 400 Milliarden US-Dollar an Steuervergünstigungen bereitstellen etwa für den Ausbau sauberer Technologien wie Wind, Solar, Batterien oder Wasserstoff. Dabei flossen bislang etwa 80 Prozent der Zuschüsse in US-Bundesstaaten, die von Trumps Republikanern regiert werden, und haben dort viele Arbeitsplätze geschaffen. Ob die neue Regierung dennoch die grüne Transformation torpediert? Ungewiss.
„Die Klimakrise interessiert sich nicht für den Ausgang von Wahlen.“
Als größte Gefahr gilt in Baku, dass weitere Länder dem Beispiel der Trump-Regierung folgen werden. 2017 blieben alle anderen Länder im Pariser Abkommen und führten die internationale Klimapolitik weiter. Aber diesmal? Öl- und Gasländer wie etwa Russland oder Saudi-Arabien sehen den Prozess seit jeher kritisch. „Die Trump-Wahl kann keine Entschuldigung sein für andere Länder, sich zurückzuziehen“, warnte Greenpeace-Mitarbeiter Yeb Sano. Egal, ob es um die Reduzierung der Treibhausgase geht oder bei der Bereitstellung von Finanzhilfen für Entwicklungsländer.
In einem proppenvollen Saal erklärte am späten Montagnachmittag in Baku der noch amtierende Sonderberater für internationale Klimafragen von Präsident Biden, John Podesta: Der aus seiner Sicht bittere Ausgang der US-Wahl sei nicht das Ende des Kampfs gegen die Erderwärmung. Denn Fakten seien Fakten. „Dieser Kampf ist größer als eine Wahl in den USA.“ Er werde andere Länder ermuntern und auffordern, die internationale Zusammenarbeit in Klimafragen fortzusetzen.
Im Angesicht der Trump-Rückkehr geriet selbst in der deutschen Delegation das Ende der Bundesregierung fast zur Randnotiz. Jennifer Morgan, Staatssekretärin im Außenministerium, hielt sich bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nicht lange damit auf. Sondern erklärte in Richtung USA: „Die Klimakrise interessiert sich nicht für den Ausgang von Wahlen. Und auch nicht dafür, dass manche sie einfach wegreden wollen.“ Sie setze darauf, dass etwa auf Ebene der Bundesstaaten weiterhin eine Kooperation mit den USA möglich sei. Aber schon für diese Konferenz erwartet sie keine einfachen Verhandlungen, sondern die schwierigsten seit Jahren. Donald Trump ist eben schon da, auch wenn er 11 000 Kilometer entfernt ist.