Home » Klimaprotest: „Dieser Wahlkampf ist eine Shitshow“. – Politik

Klimaprotest: „Dieser Wahlkampf ist eine Shitshow“. – Politik

by Marko Florentino
0 comments


Es sind noch etwa drei Gehminuten bis zum Brandenburger Tor, wo sich bereits Hunderte Menschen versammelt haben, da bleiben der junge Mann und seine Mitstreiterin kurz stehen. Er holt eine DIN-A4-große Papptafel sowie einen dicken Filzstift hervor und schreibt „Make Earth great again“ darauf, ärgert sich dann aber lautstark, weil für das letzte „n“ kein Platz mehr ist. Trotzdem bringt der Aktivist das Motto der Demonstration auf den Punkt: Nach Brandmauer, CDU und AfD soll es heute mal um den eher tristen als weißen Elefanten im Wahlkampf gehen: die Klimapolitik.

An mehr als 150 Orten hat die Organisation Fridays for Future an diesem Freitagmittag zum Klimastreik eingeladen. Regenfluten in Spanien, Donald Trump US-Präsident und die absehbar scheiternde Weltklimakonferenz in Baku vor der Tür – „der Weltschmerz könnte nicht größer sein“, heißt es in dem Streikaufruf. Doch anders als das parlamentarische Manöver von CDU und CSU, ihre Migrationspolitik mit Stimmen der AfD durchzusetzen, ruft der Appell von Fridays for Future nicht Hunderttausende auf die Straßen.

Luisa Neubauer wirft Merz und Scholz vor, sie hätten keine Antwort „auf die größte aller Krisen“

Auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor haben sich mehrere tausend Protestierende versammelt. An den Zufahrtsstraßen bilden die Polizeifahrzeuge eine Art Wagenburg, sodass andere Autos hier kaum durchkommen können. „Einen noch mal richtig schönen Klimastreik“, verspricht Luis, einer der Moderatoren auf der Bühne. „Damit das Thema auf die Agenda kommt.“ Denn auf der Tagesordnung des politischen Betriebs scheint der Schutz der Umwelt derzeit so weit unten zu stehen wie vor dem großen Waldsterben in den 1980er-Jahren.

Hauptrednerin des Tages ist Luisa Neubauer, die bekannteste Aktivistin von Fridays for Future in Deutschland. „Dass Sie sich nicht einmal schämen“, ruft sie in Richtung der Kanzlerkandidaten Friedrich Merz und Olaf Scholz. Breitbeinig säßen sie in den Talkshows und würden vorgebliche Lösungen präsentieren. „Dabei haben Sie auf die größte aller Krisen keine Antwort“, sagt Neubauer. Deshalb werde ständig versucht, von der Klimaerhitzung abzulenken. „Dieser Wahlkampf in diesen Tagen ist ganz klar eine Shitshow.“ Dem absehbaren Ausgang der Bundestagswahl könne sie zumindest ein Gutes abgewinnen: „Es macht garantiert mehr Spaß, gegen Friedrich Merz zu protestieren als gegen Olaf Scholz. Und wir sind am Start.“

„Ohne Optimismus geht es nicht“, sagt eine Demo-Teilnehmerin

Neubauer war schon 2019 am Start und hat die ersten Großdemonstrationen der Klimaschützer mitorganisiert. Doch der eindrucksvolle Beginn der Gruppe wurde jäh von den Ausgangssperren unter Corona gestoppt. Nach der Pandemie musste Fridays for Future plötzlich mit den Aktivisten von der „Letzten Generation“ um Aufmerksamkeit konkurrieren. Auch aus diesen Gründen hatte die Gruppe schon im vergangenen Jahr nach dem Treffen extrem Rechter in Potsdam nach neuen Allianzen gesucht.

Diese Initiative sei nach dem Zusammenspiel von Union und AfD im Bundestag umso wichtiger geworden, erklärte Neubauer bei einer digitalen Pressekonferenz am Freitag vergangener Woche: „Wir kämpfen nicht mehr nur um den Erhalt unserer Lebensgrundlagen, sondern um die demokratischen Bedingungen, die uns Ersteres überhaupt erst ermöglichen.“ Bei der Eröffnung der Berliner Filmfestspiele trug Neubauer auch das Kleid zum neuen Motto. „Donald & Alice & Elon & Friedrich?“, stand darauf, „Demokratie stirbt bei Tageslicht“.

So waren Fridays for Future auch an einigen der Großdemonstrationen der vergangenen Wochen organisatorisch beteiligt. Doch während der Kampf um die Brandmauer seit Januar rund drei Millionen Menschen auf die Straße gebracht hat, gelingt es der Klimabewegung kaum mehr, die ganz großen Massen zu bewegen.

Aber immerhin sind Wiebke und Alexander Gehm da. Das Paar ist mit seinen beiden Kindern aus Rostock nach Berlin gekommen, um zu demonstrieren. Der Vater hält ein Schild in der Hand, auf dem sinngemäß steht, dass gute Migrationspolitik nur mit guter Klimapolitik funktioniert. „Dieser Populismus, dieser Wettbewerb, auf komplexe Fragen einfache Antworten geben zu wollen“, das findet seine Frau nur noch schwer erträglich. Ob sie denn Hoffnung habe, dass sich das wieder ändere? „Wir haben Kinder“, antwortet Wiebke Gehm. „Ohne Optimismus geht es nicht.“



Source link

You may also like

Leave a Comment

NEWS CONEXION puts at your disposal the widest variety of global information with the main media and international information networks that publish all universal events: news, scientific, financial, technological, sports, academic, cultural, artistic, radio TV. In addition, civic citizen journalism, connections for social inclusion, international tourism, agriculture; and beyond what your imagination wants to know

RESIENT

FEATURED

                                                                                                                                                                        2024 Copyright All Right Reserved.  @markoflorentino