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Kundgebungen in Augsburg und Nürnberg: «Wir sind alle gefragt» – Bayern

by Marko Florentino
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Am Samstag, gleich um 9.31 Uhr, meldete sich der Bundeskanzler, und zwar mit einem Morgengruß an alle Menschen, die an diesem Tag demonstrieren gehen würden: «In kleinen und großen Städten im ganzen Land kommen viele Bürgerinnen und Bürger zusammen, um gegen das Vergessen, gegen Hass und Hetze zu demonstrieren – auch an diesem Wochenende», schrieb Olaf Scholz (SPD) auf der Plattform X. «Ein starkes Zeichen für die Demokratie und unser Grundgesetz.»

Auch in Bayern waren für den Samstag in zahlreichen Städten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus angemeldet. In Regensburg nahm derweil Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) an einer Kundgebung für die Interessen mittelständischer Unternehmen teil. Eindrücke aus der zweit-, dritt- und viertgrößten Stadt des Freistaats:

Augsburg

Eine Teilnehmerzahl von 2000 Menschen hatte das «Bündnis für Menschenwürde» in Augsburg angemeldet. Das würde nicht reichen, das ist auch den Organisatoren der Demonstration gegen Rechtsextremismus im Vorfeld bald klar geworden. Dass am Ende mehr als 25 000 Menschen den Rathausplatz und umliegende Straßen bevölkern, übersteigt dann aber doch die Erwartungen. «Nie wieder ist jetzt» steht auf einem Plakat, das direkt am zentralen Ort der Augsburger Innenstadt hängt, es ist ein Motto, mit dem sich die Demonstranten anfreunden können. Ein breites Bündnis hatte für die Demonstration geworben: der FC Augsburg und der Eishockeyclub Augsburger Panther, der evangelische Regionalbischof Axel Piper und der katholische Bischof Bertram Meier, Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) sowie fast alle Parteien im Augsburger Stadtrat in einer gemeinsamen Erklärung. «Alle sind willkommen, außer Rechtsextreme», heißt es zu Beginn gegen 14 Uhr auf der Bühne, unter großem Applaus der Massen. «Ich bin stolz auf Augsburg», ruft die Oberbürgermeisterin, ein «Zeichen der Stärke» sieht Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne).

Kundgebungen in Bayern: Diese Demonstranten haben ihre Botschaften mit Spraydosen auf Transparenten verewigt.

Diese Demonstranten haben ihre Botschaften mit Spraydosen auf Transparenten verewigt.

(Foto: Florian Fuchs)

Kundgebungen in Bayern: Hier wird auf dem Rücken von Hunden Politik gemacht.Kundgebungen in Bayern: Hier wird auf dem Rücken von Hunden Politik gemacht.

Hier wird auf dem Rücken von Hunden Politik gemacht.

(Foto: Florian Fuchs)

Um ihren Redebeitrag hatte es im Vorfeld Misstöne gegeben, von Seiten der Freien Wähler. Bayerns Digitalminister Fabian Mehring verkündete, sich selbst für einen Redebeitrag angeboten zu haben, die Veranstalter hätten ihm aber beschieden, dass Minister nicht sprechen sollten. Dass aber trotzdem Kulturstaatsministerin Roth auf der Rednerliste stehe, ärgerte er sich, werfe die Frage auf, ob die Veranstaltung doch nur Wahlkampf für Mitte-Links sei. Die Organisatoren erklärten rasch, sich sehr wohl um Mehring als Redner bemüht zu haben, für die Freien Wähler spreche aber stattdessen nun der Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl – womit sich Mehring wiederum vorwerfen lassen musste, mit seinen persönlichen Befindlichkeiten vom Kampf gegen Rechtsextremismus abzulenken.

«Von solchen Kindereien lassen wir uns nicht ablenken», sagt eine Teilnehmerin, «EkelhAfD» steht auf ihrem Plakat. Sie hat es wie viele andere nicht ganz bis auf den Rathausplatz geschafft, der Andrang ist zu groß. Zum Glück haben die Organisatoren Lautsprecher aufgestellt, so sind die Reden auch bis in die Nebenstraßen zu verstehen. Und selbst für Kinder ist etwas geboten: Seifenblasen, Malstationen und Schminke – ganz bunt, mit vielen Farben.

Nürnberg

Kundgebungen in Bayern: Am Nürnberger Kornmarkt nehmen am Samstag laut Polizeiangaben 25 000 Menschen an der Kundgebung gegen Rechtsextremismus teil.Kundgebungen in Bayern: Am Nürnberger Kornmarkt nehmen am Samstag laut Polizeiangaben 25 000 Menschen an der Kundgebung gegen Rechtsextremismus teil.

Am Nürnberger Kornmarkt nehmen am Samstag laut Polizeiangaben 25 000 Menschen an der Kundgebung gegen Rechtsextremismus teil.

(Foto: Olaf Przybilla)

Eine Demonstration mit 1000 Menschen hatten die Veranstalter vor zwei Wochen angemeldet, nach Polizeiangaben kamen am Ende 15 Mal so viele auf den Nürnberger Willy-Brandt-Platz. Zur Kundgebung «Nie wieder ist jetzt!» an diesem Samstag hatten die Veranstalter nach dieser Erfahrung ursprünglich schon mal 3000 Menschen angekündigt, vorsorglich. Aber auch diesmal wird das um ein Vielfaches übertroffen. Wer im Gewerkschaftshaus am Kornmarkt um 16 Uhr aus dem siebten Stock blickt, sieht unten kaum noch einen Flecken Erde ohne Menschen. Wie viele es sind? Vor dort oben ist das schwer zu sagen, an den umliegenden Plätzen – am Übergang zur Grasersgasse, am Hallplatz, auf der Kurt-Schumacher-Straße – drängen sich die Leute ebenfalls.

Am Ende sind es 25 000 Menschen, sagt Polizeisprecher Michael Petzold, der auch eine Gegendemonstration erwähnt, die gleich um die Ecke stattfindet. Bei der findet sich am Samstag, offiziellen Angaben zufolge, eine Menge im «unteren zweistelligen Bereich» ein. Was dann schon mal eine Ansage ist, im Vergleich.

Tausende Menschen, die maximal dicht gedrängt einen der großen Plätze im Stadtzentrum von Nürnberg bevölkern, so ähnlich dürfte man das zuletzt im Jahr 2007 gesehen haben, als der Club Pokalsieger geworden ist und sich am Hauptmarkt zeigte. Der 1. FC Nürnberg spielt auch diesmal eine Rolle, eine andere freilich. Am frühen Samstagnachmittag hatte der Club ein Heimspiel, um den Fans den Besuch der Kundgebung zu ermöglichen, beginnt diese erst um 16 Uhr. Der Verein ist Teil der «Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg», der 160 Kommunen und mehr als 290 zivilgesellschaftliche Organisationen angehören, man versteht sich ausdrücklich als Bündnis von Stadt und Land. Ursprünglich hatte die Allianz schon eine Woche zuvor zum Zeichen gegen Rechtsextremismus geladen, des Streiks der Lokführer wegen aber hatte man sich zu einer Verlegung entschieden. Auch das offenbar ein Zeichen: Hier versammeln sich nicht die da aus der Großkommune. Hier steht man zusammen, Stadt und Land.

Ein Zeichen setzen will die Allianz «für Vielfalt, Demokratie und Menschenrechte» und «gegen Rechtsextremismus, Ausgrenzung, Nazi-Propaganda und völkisch-nationalistische Wahnfantasien», sagt der Vorsitzende Stephan Doll – und legt Wert auf die Feststellung, dass nicht nur OB Marcus König (CSU) in Nürnberg Flagge zeigt, sondern sich auch sämtliche «demokratischen Parteien» beteiligen, die in Land- und Bundestag vertreten sind: SPD, Grüne, FDP, Linke und Freie Wähler. Für die Staatsregierung spricht der Mann, den die Allianz als einen Wunschkandidaten benannt hat: Joachim Herrmann (CSU), als Bayerns Innenminister für Verfassungsfragen zuständig und überdies aus Erlangen, klassische Metropolregion Nürnberg also.

In den Auftritt des Ministers mischen sich anfangs auch Buh-Rufe, die aber im Lauf der Rede («Klare Kante gegen Rechtsextremismus») merklich abebben. «Wir sind alle gefragt», sagt er – und: «Wir sind die Mehrheit». Am Ende viel Zustimmung für Herrmann.

Regensburg

Zustimmung fand auch Hubert Aiwanger – allerdings bei einem wesentlich kleineren Publikum. Statt eine der Demos gegen Rechtsextremismus besuchte der Wirtschaftsminister in Regensburg eine von mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern organisierte Kundgebung gegen Bürokratie, hohe Kosten und die Politik der Bundesregierung. Ungefähr 530 Menschen marschierten laut Polizei vom Dultplatz zum Domplatz. Aiwanger (Freie Wähler) trat dort als Hauptredner auf. Unter seinen Vorrednerinnen und Vorrednern waren unter anderem Bäcker, Metzger und Hoteliers.

In seiner Rede kritisierte Aiwanger neben zahlreichen Bürokratieauflagen etwa das Heizungsgesetz und die Höhe des Bürgergeldes. Er sagte, die Politik müsse wieder mehr auf die Menschen hören. Und er behauptete, es gebe «Leute im System, die Dinge verhindern wollen», etwa den Austausch am Stammtisch, um dem Bürger selbst sagen zu können, «was er zu denken hat». Laut Aiwanger ist die Schließung von Dorfwirtshäusern gewollt, damit ein Stammtisch nicht mehr «miteinander politisiert». Wer genau das wolle, sagte er nicht.

Am Ende seiner Rede konterte er die Kritik der CSU und einiger Wirtschaftsvertreter, die ihm geraten hatten, sich um seine Aufgaben als Minister zu kümmern, statt auf Demos von Landwirten oder Handwerken zu sprechen. «Das ist ja schon spaßig, wenn mittlerweile Strichlisten geführt werden, wie oft der Aiwanger bei der Wirtschaft draußen ist, ja, verdammt noch mal», sagte Aiwanger. «Ich gehe weiterhin raus zu euch, weil ihr mich gewählt habt. Und zu euch komme ich, weil ihr das Volk seid.» Zum Vorwurf, dass er zu den Kundgebungen mit dem Dienstwagen fahre, sagte er: «Wenn ich Zeit hätte, würde ich auch mit dem Bulldog kommen, aber ich habe halt noch mehr Termine.»

Eine weitere Demonstration unter dem Motto «Protest gegen die extrem rechte Demonstration» startete etwas später um 13.30 Uhr am St. Georgenplatz. Laut Polizei nahmen etwa 500 Personen teil. Zu einer dritten Versammlung unter dem Motto «Für Bauern, Handwerker, für den Mittelstand auf die Straße. Für die Rentner auf die Straße, Ampelregierung Rücktritt sofort!» am Donaumarkt kamen in der Spitze 50 Personen.



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