Table of Contents
Die Münchner Polizei wird den Alten Botanischen Garten künftig mit Videokameras überwachen – und diesen innerstädtischen «Brennpunkt» damit sicherer machen. Polizeipräsident Thomas Hampel betonte bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2023 am Donnerstag, dass das Sicherheitsempfinden der Menschen nicht nur von der Zahl der Straftaten abhänge, sondern auch davon, wie gut es der Polizei gelinge, die öffentliche Ordnung zu bewahren. Vermüllung und Verwahrlosung, Leerstände und Großbaustellen tragen laut Hampel dazu bei, dass viele Menschen sich zunehmend unsicher fühlten.
München ist laut Polizeipräsidium zum 48. Mal in Folge die sicherste Großstadt Deutschlands. Und das trotz einer gegenüber dem Jahr 2022 um 10,9 Prozent gestiegenen Zahl der Gesamtstraftaten auf 101 539. Im Zehnjahresvergleich bedeuten die aktuellen Zahlen noch immer einen Rückgang um 6,6 Prozent. Ladendiebstahl, sogenannte Rohheitsdelikte und Drogenmissbrauch ließen die Kurve im vergangenen Jahr nach einer coronabedingten Delle erneut ansteigen. Wobei in etlichen Deliktfeldern offenbar weniger die Zahl der Straftaten gestiegen ist als die der erstatteten Anzeigen.
Besonders gilt das für die Rauschgiftkriminalität, ein sogenanntes Kontrolldelikt, bei dem fast ausschließlich Fälle in die Statistik eingehen, die der Polizei zuvor bei Kontrollen aufgefallen sind. Von einem «Alarmsignal für München», wie es Manuel Pretzl, der Fraktionsvorsitzende der CSU und der Freien Wähler im Stadtrat, in einer ersten Stellungnahme am Mittag formulierte, sprach Hampel nicht. «In München und Umgebung können Sie sich nicht nur sicher fühlen, sondern auch sicher leben», schreibt er im Vorwort zur Kriminalstatistik, die auch im Internet einsehbar ist. Ein Blick auf die wichtigsten Zahlen:
Die Eckdaten
Die Münchner Polizei konnte ihre Aufklärungsquote auf 62,2 Prozent verbessern. Die Häufigkeitszahl, also die Zahl der Straftaten pro 100 000 Personen, liegt mit 5402 um 9,1 Prozent höher als im Jahr zuvor. Vor zehn Jahren lag diese Kennzahl allerdings noch bei 6217. Jede elfte erfasste Straftat ist ein Ladendiebstahl, registriert wurde ein Anstieg um 1741 auf 8836 Fälle. Gestiegen ist auch die Zahl der als «Rohheitsdelikte» bezeichneten Straftaten wie Raub, Körperverletzung, Nötigung oder Bedrohung um 2233 Taten. Vor allem die Zahl der einfachen Körperverletzungen ging um 15 Prozent auf 8867 Delikte hoch. «Die Gewalt nimmt zu», beschrieb Hampel eine bundesweit feststellbare Entwicklung.
Tatverdächtige
2023 konnten laut Statistik insgesamt 63 176 Fälle aus Stadt und Landkreis München geklärt werden. Diesen Taten konnten 46 523 Tatverdächtige zugeordnet werden. «Überproportional viele» Straftaten in München würden von Mehrfach- und Intensivtätern verübt, heißt es im Sicherheitsreport. 3,5 Prozent aller Tatverdächtigen sind für knapp 20 Prozent der geklärten Straftaten verantwortlich. 48,7 Prozent der Tatverdächtigen hatten keinen deutschen Pass, der Anteil liegt «im langjährigen Mittel», wie Hampel einordnend sagte: «Entgegen dem bayernweiten Trend spielen Straftaten durch Zuwanderer keine übergeordnete Rolle.» 4640 tatverdächtige Zuwanderer und Zuwanderinnen konnten ermittelt werden, ihr Anteil habe sich sogar leicht verringert, von 10,1 auf 10,0 Prozent. Registriert wurden vor allem Diebstahls- und Rohheitsdelikte, deren Opfer häufig ebenfalls Zuwanderer und Zuwanderinnen waren, sowie Schwarzfahrten.
Jugendkriminalität
Der Anstieg der unter 21-jährigen Tatverdächtigen fiel mit 9,8 Prozent etwas geringer aus als die Gesamtzunahme der Tatverdächtigen. Ihr Anteil an allen Tatverdächtigen liegt bei 20,1 Prozent. Auffallend ist, dass die Polizei im Zehnjahresvergleich deutlich mehr Kinder als Tatverdächtige registrierte – fast um die Hälfte mehr als 2014. Kinder, Jugendliche und Heranwachsende begingen so viele Raubdelikte wie nie zuvor in den vergangenen zehn Jahren. Die Zahl der unter 21-jährigen mutmaßlichen Räuber stieg um 47,5 an.
Drogendelikte
Im Bereich des Polizeipräsidiums München wurden 2023 insgesamt 9783 Rauschgiftdelikte registriert. Die Zunahme um 12,5 Prozent dürfte auch auf verstärkte Kontrollen der Polizei an den Szene-Brennpunkten Hauptbahnhof (1026 Fälle), Alter Botanischer Garten (790 Fälle – fast eine Verdreifachung der Vorjahreszahl) und Sendlinger Tor / Nußbaumpark (175 Fälle) zurückzuführen sein. In 8376 Fällen wurden Konsumenten geschnappt. Vor allem der Konsum von Cannabis, Kokain, Heroin und Amphetaminen hat zugenommen. Von der geplanten Cannabis-Freigabe hält Polizeipräsident Thomas Hampel nichts. Er befürchtet eine «Bagatellisierung» der Droge. Und er glaubt auch nicht, dass die Gesetzesänderung der Polizei die Arbeit erleichtern werde – im Gegenteil: «Die Überwachung einer Vielzahl von Regelungen» werde eher «mehr Arbeit und mehr Probleme» für die Beamtinnen und Beamten bringen. Die schieben – das wurde an anderer Stelle deutlich – schon jetzt in München 700 000 Überstunden vor sich her.
Politische Kriminalität
«Gewalt findet – bildlich gesprochen – auch in den Köpfen der Menschen statt», sagte der Polizeipräsident. Die Fälle von Hasskriminalität nahmen sprunghaft zu – um 45,7 Prozent binnen eines Jahres. Das Gros der insgesamt 603 polizeilich registrierten Hassdelikte ging auf das Konto politisch rechts motivierter Straftäter. Die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine ließen aber auch die Zahl von Hassdelikten auf der Basis ausländischer und religiöser Ideologien ansteigen. Insgesamt wurden 683 Straftaten aus dem rechten Spektrum erfasst, hundert mehr als im Vorjahr. Darunter waren 66 Gewaltdelikte. 27 Haftbefehle gegen Rechtsextremisten sind noch offen. Die Zahl der Straftaten, die dem linken Spektrum zugerechnet werden, ging auf 287 zurück (minus 9,7 Prozent). Unter den 41 linken Gewaltdelikten ist eine Serie von Brandstiftungen, verübt gegen Baumaschinen und Infrastruktureinrichtungen. 156 Straftaten wurden auf der Basis ausländischer Ideologien verübt, weitere 67 waren religiös, überwiegend islamistisch, motiviert. Hintergrund der meisten Taten ist der Nahostkonflikt nach dem Terrorangriff der Hamas, Münchner Jüdinnen und Juden wurden deshalb zur Zielscheibe. «Unsere Linie bleibt: Null Toleranz gegenüber Hass und Hetze auf der Straße und im Netz», kündigte Polizeipräsident Hampel an.