Zwei Tage nach der für sechs Menschen und den mutmaßlichen Täter tödlichen Messerattacke in einem Einkaufszentrum in Sydney ist das Bestürzen in Australien groß. Flaggen wehten an diesem Montag auf halbmast, die berühmte Oper von Sydney war mit einer schwarzen Gedenkschleife für die Opfer angestrahlt, viele Menschen kamen vor das Einkaufszentrum Westfield Bondi Junction in Sydneys Strandvorort Bondi und legten Blumen nieder.
Der mutmaßliche Täter ist mittlerweile identifiziert. Es handelt sich um einen 40-jährigen Mann, der der Polizei schon vor dem Vorfall am Samstag bekannt war, aber bisher nicht wegen schwerwiegender Delikte. Er soll psychische Probleme gehabt haben. Seine Eltern baten die Opfer und deren Familien um Vergebung. Bei seinem Sohn sei im Alter von 17 Jahren Schizophrenie diagnostiziert worden und er habe beschlossen, seine Medikamente abzusetzen, als es ihm besser ging, sagte der Vater laut Medienberichten.
Auch über die Opfer ist einiges bekannt. Bei ihnen soll es sich um fünf Frauen und einen Mann handeln. Vier Frauen starben direkt am Tatort, eine Frau später im Krankenhaus. Bei ihr handelt es sich um die Mutter eines neun Monate alten Babys, das ebenfalls durch Messerstiche verletzt wurde. Das einzige männliche Opfer ist offenbar ein unbewaffneter Wachmann, der Schlimmeres verhindern wollte. Unter den zwölf weiteren Verletzten, die noch in verschiedenen Krankenhäusern behandelt werden, sind neun Frauen, teilte die Polizei mit.
Unklar ist weiterhin das Motiv des Täters. Einen terroristischen Hintergrund schlossen die Ermittler inzwischen aus. Laut dem australischen Sender ABC sagte die Polizeipräsidentin Karen Webb, alles deute darauf hin, dass der Mann gezielt Frauen ins Visier genommen habe. «Die Videos sprechen für sich, nicht wahr?», sagte Webb demnach. Und weiter: «Für mich und die Ermittler ist es offensichtlich, dass sich der Täter auf Frauen konzentrierte und die Männer gemieden hat.» Derzeit würden Bekannte des Angreifers befragt, um einen Einblick in seine Gedankenwelt zu bekommen.
Eine Polizistin stoppte den mit einem Messer bewaffneten Mann
Der mutmaßliche Täter wollte auch eine Polizistin angreifen. Amy Scott war wohl eine der ersten Beamtinnen am Tatort. Nach Aussagen des stellvertretenden Polizeipräsidenten Anthony Cook verfolgte Scott den Angreifer. Dieser drehte sich um und wollte auch die Beamtin angreifen. Die Polizistin habe ihn mit einer Waffe in der Hand aufgefordert, das Messer fallen zu lassen, was er jedoch nicht tat. Daraufhin habe Scott den tödlichen Schuss abgegeben. Sie habe noch vergeblich versucht, den Mann wiederzubeleben. Auf Fotos in sozialen Medien ist Scott zu sehen, die sich über den leblosen, auf dem Boden liegenden Körper des Angreifers beugt.
Scott wird in Australien nun als Heldin gefeiert. Chris Minns, der Premierminister des Bundesstaates New South Wales, in dem Sydney liegt, attestierte Scott auf einer Pressekonferenz am Sonntag «außergewöhnlichen Mut in einer unglaublich schwierigen Situation». Das Verhalten der Polizistin sei beispielhaft.
Auch Polizeipräsidentin Webb lobte das Verhalten der Beamtin als außergewöhnlich mutig. Australiens Premierminister Anthony Albanese nannte Scott eine Heldin, die ohne Zweifel durch ihr Handeln weitere Menschenleben gerettet habe. Scott gehe es gut, sagte Polizeipräsidentin Webb dem australischen Radiosender ABC. Sie sei bei ihrer Familie. Man gebe Scott Zeit, bevor man sie zu den Vorfällen im Einkaufszentrum befragen werde.
Am Montag kam es in Australien derweil erneut zu einem Messerangriff. In einer Kirche in Walkley etwa 30 Kilometer westlich von Sydney seien mehrere Menschen verletzt worden, teilte die Polizei mit. Ein Mann sei festgenommen worden, er werde verhört. Im Internet wurden Video-Aufnahmen veröffentlicht, auf denen zu sehen ist, wie ein Mann auf einen Prediger einsticht.
Mit Material der dpa.