Die dänische Regierung will massiv aufrüsten. Das gab Mette Frederiksen auf einer Pressekonferenz am Mittwoch bekannt. In diesem und im kommenden Jahr werden insgesamt 50 Milliarden Kronen (6,7 Milliarden Euro) bereitgestellt, um möglichst schnell die dänischen Verteidigungsfähigkeiten zu verbessern. Zwischen 2027 und 2033 sollen weitere 70 Milliarden Kronen dazukommen.
Bisher gibt Dänemark jährlich rund 60 Milliarden Kronen für das Militär aus, das sind etwa 2,4 Prozent des Bruttosozialprodukts. Durch die Aufstockung steigt der Betrag auf mindestens 3,2 Prozent. Frederiksen sagte, man werde längerfristig „in Richtung fünf Prozent zielen“, schließlich sei die Sicherheitslage „gefährlicher als in den Zeiten des Kalten Krieges“.
Am Mittwoch sagte Trump erneut, Amerika werde Grönland übernehmen
Wie dieser „Beschleunigungsfonds“ finanziert wird, ist noch unklar, aber Frederiksen kündigte an, man werde die Fiskalpolitik lockern. „Jetzt zählt nur noch eines, und das ist Geschwindigkeit“, so Frederiksen, man werde „kaufen, kaufen, kaufen! Wenn wir nicht die beste Ausrüstung bekommen können, kaufen wir die nächstbeste.“ Um langwierige Ausschreibungsverfahren zu umgehen, soll der Generalstabschef größere Freiheiten bei der Beschaffung bekommen.
Dass Dänemark schneller als andere europäische Länder eine drastische Erhöhung des Verteidigungshaushalts verkündet, hat drei Gründe. Zum einen wurde der dänischen Regierung schon Anfang Januar klargemacht, dass auf die USA in Zukunft kein Verlass mehr ist, ja dass im Gegenteil der ehemals wichtigste Verbündete zu einem Aggressor werden könnte: Donald Trump sagt seit Dezember, die USA müssten Grönland von Dänemark übernehmen. Diese Forderung wiederholte er am Mittwoch erneut: Amerika brauche Grönland „aus sicherheitspolitischen Gründen“, sagte er, darüber gebe es nichts zu diskutieren.
Zweitens warnt der Militärgeheimdienst (FE) in einer aktuellen Analyse, Russland könnte, wenn der Krieg in der Ukraine eingefroren oder beendet werde, innerhalb von zwei Jahren genug Militärkraft aufbauen, um einen oder mehrere Nato-Staaten zu bedrohen. Innerhalb von fünf Jahren könnte Russland imstande sein, einen Großkrieg in Europa zu starten.
Dänemarks Streitkräfte sind heruntergewirtschaftet
Drittens sind die dänischen Streitkräfte „in erbärmlichem Zustand“. So sagte es Peter Viggo Jakobsen, außerordentlicher Professor für Strategie- und Kriegsstudien an der dänischen Verteidigungsakademie, im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Viel zu lange habe die Regierung auf Zeit gespielt, nötige Ankäufe in die Zukunft verschoben, „und im Grunde zwischen 2012 und 2023 nichts für die Verteidigung ausgegeben“. Mittlerweile gleiche das dänische Militär „eher einem Potemkinschen Dorf als einer schlagkräftigen Armee“.
In den vergangenen Jahren kamen mehrere schwere Pannen ans Licht, am peinlichsten war ein Vorfall im Roten Meer, wo eine dänische Fregatte eigentlich mithelfen sollte, den internationalen Schiffsverkehr vor Angriffen durch jemenitische Huthi-Rebellen zu schützen. Als die Besatzung der Fregatte vier feindliche Drohnen abschießen wollte, versagten gleich mehrere Waffensysteme.
Dänemark werde insbesondere in Infrastruktur investieren müssen, so Jakobsen, „man muss sich ja nur die Landkarte anschauen. Wir werden eine wichtige Rolle spielen als Drehkreuz zwischen Deutschland, Skandinavien und den baltischen Staaten“. Da die dänische Armee aber seit dem Ende des Kalten Krieges Kasernen geschlossen und Land verkauft habe, gehe es erst mal darum, „die existierenden Basen zu vergrößern“.
Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen sagte bei der Pressekonferenz am Mittwoch auf die Frage, ob Dänemark nicht überhöhte Preise riskiere: Wenn jetzt möglichst schnell Material eingekauft werde, das stimme leider, werde man wahrscheinlich „zehn bis 15 Prozent mehr für das bezahlen, und es wird nicht das Beste sein. Wenn wir schnell sein wollen, müssen wir Ausrüstung leasen und leihen“. Frederiksen erwiderte auf dieselbe Frage, es sei einfach nicht die Zeit für lange Diskussionen. „Ich sage nicht, dass wir uns im Krieg befinden. Aber ich kann nicht mehr sagen, dass wir uns in Friedenszeiten befinden. Es ist vorbei“, so Frederiksen.