Table of Contents
Moritz Hackl blickt für den Stern zunächst auf die rekordträchtige LED-Wand, die sich 17 Meter hoch über die gesamte Breite der 200-Meter-Bühne zieht: „Und dann erscheint sie. ,Hello from the other side’, singt sie. Und im Publikum denkt man sich: Moment mal, man ist zwar kein Zahnarzt, aber da oben, vermutlich C3, vielleicht mal anschauen lassen?! So nah wie über diese Mega-Leinwand ist man anderen Menschen sonst nur in Träumen.“
Über das Repertoire und dessen Wirkung schreibt Rabea Mira Weihser für die Zeit: „Auf dem Münchner Messegelände zitiert Adele ihr ganzes Schaffen, von den Anfängen mit ,Chasing Pavements’ über ,Skyfall’ bis ,Hold On’. Es ist eine Riesenkaraokeparty, die von einer so effektvollen Kameraregie eingerahmt wird, dass das Publikum immer wieder von Bildern ergriffen ist, die dieses Publikum selbst zeigen. (..) Alle Smartphones in die Luft. Voll immersiv. Alles wow. So riesig. Die absolute Dominanz des Medienkörpers.“
:Ein Feuerwerk – auf der Bühne und am Himmel
Adele begeistert auch bei ihrem zweiten Auftritt in München. Der zweite Konzert-Tag in der Nachlese.
Mit der Choreographie befasst sich Wolfgang Höbel (Spiegel): „Es ist ein Spiel mit Intimität und Bombast, das die unbedingt liebenswerte Adele zu einer sagenhaft erfolgreichen Künstlerin gemacht hat. Man sieht Feuerwerksraketen, Konfettikanonen, Rauchsäulen und Funkenstürme auf der Bühne, während sie mit phänomenal wuchtiger Soulstimme in ihren meist selbst geschriebenen Songs Privates ausbreitet, von abhanden gekommenen Liebhabern, zerbrochenen Freundschaften und ihren Jugendtagen im Norden Londons singt. (..) Es gibt keine Mitschrei-Orgien, wie sie von Taylor Swifts Konzerten kolportiert werden. Stattdessen wird eine Form der innigen, freundlichen Hingabe zelebriert. Manchmal sieht es so aus, als seien die Leute halb umgeblasen durch die Wucht von Adeles Stimme.“
Zur Setlist schreibt Matthias Alexander für die FAZ: „Über die Musik an diesem Abend ist nicht besonders viel zu sagen, und das ist positiv gemeint. Adele ist stimmlich in Form, sie hat Soul und Blues, aber sie übertreibt es auch nicht mit der stimmlichen Virtuosität als Selbstzweck. Ihre großen Hits, die fast durchweg unglückliche Beziehungen in Form von Anklagen, Selbstbezichtigungen, Reuebekundungen und Selbstbehauptungsversuchen verarbeiten, spielt sie zumeist in Fassungen, die nahe dran sind an jenen, die man von CD-Stream-Radio kennt.“
Alexander weiter, zu Stadion und Sound: „(..) Im Fall der Adele-Arena ist den Veranstaltern tatsächlich eine staunenswerte Leistung gelungen. Der Sound ist nach Startschwierigkeiten hervorragend für eine Arena dieser Größe, zumindest in Block A, auch die Lautstärke stimmt. Überhaupt scheinen die Dinge von außen betrachtet wie am Schnürchen zu funktionieren, und wo nötig, wird improvisiert. Vielleicht sollte man Konzertveranstalter als Berater für Großprojekte anheuern.“
:„Hi, guys“
Huch, da fühlt jemand was auf der Bühne. Adele ist nervös, flucht und weint bei ihrem ersten Konzert in der eigenen Arena. Und zeigt, warum man sie und diesen Wahnsinn lieben muss.
Ähnlich sieht es Will Hodgkinson in der in London erscheinenden Zeitung The Times: „Ist dieser Ort nicht verdammt verrückt?“, habe Adele von der Bühne herab das Publikum gefragt, berichtet er: „Und sie hatte recht. Es handelt sich um ein speziell gebautes offenes Stadion, das an eine Cricket-Arena erinnert.“ Man komme nicht umhin, den Bau „geradezu extravagant“ zu nennen.
Der Themenpark, der rund um die Pop-up-Arena errichtet wurde, wird ebenfalls thematisiert. Noch einmal Rabea Mira Weihser (Die Zeit): „Es ist ein sonniges Flanieren, fröhliches Selfieschießen, Sitzen, Liegen, Essen, Trinken, Schlangestehen, Geldausgeben, dies ganz besonders gern im Merchandisezelt. Ein Touristenparadies, in dem sich bayrische und britische Folklore vereinen zu einer ganz bestimmt amazing europe experience für alle, die von weither angereist sind. Und das sind viele.“
Manuel Brug (Die Welt) bringt den Themenpark und das recht abrupte Konzertende in einen Zusammenhang: „Das Kommerzkarussell, des neuen Pop-Betriebs, wo die Vorfreude groß und teuer ist, wo der eigentliche Event mit viel übertriebener Begeisterung als Ausflug vom Ich und Wir, als Gemeinschaftsekstase mit sehr schneller Ernüchterung zelebriert wird, drückt prompt auf den Stoppknopf, um anderswo weiterzumachen. Denn der echte, so durchstrukturierte wie organisierte Fan hat vor seinem sehr weiten Nachhauseweg immer noch nicht genug.“
Fans beim ersten Konzert
:Willkommen in Adeles Konsum-World
Das Konzertgelände in Riem umfasst weit mehr als die Arena. Es gibt einen Biergarten und einen Pub mit teurem Bier und Wein, ein Riesenrad – und sehr lange Schlangen vor dem Merch-Store. Ein Besuch.
Und wie fällt das Fazit der Expertinnen und Experten aus?
Rabea Mira Weihser (Die Zeit): „Vom Warm-up im Freizeitpark bis zum Finale mit Flammenwerfern, Konfettiregen und Feuerwerk läuft alles perfekt. Adele in München ist die noch nie dagewesene Riesenshow geworden, als die sie geplant war.“
Manuel Brug (Welt): „So ist ,Adele in Munich’ ein so faszinierender wie ruckeliger Abend, der öfter den Fokus verliert, dann aber wieder doch durch diese ikonische Sängerin bigger than life ist, ihrem famosen klanghochschießenden, dann wie gebrochen tönenden Talent huldigt (..).“
Moritz Hackl (Stern): „Die letzten Töne verklingen, die Fans machen Platz für neue, die morgen hier stehen werden. Und man denkt sich: Wie wunderbar das war. Und was für eine Katastrophe, dass es schon vorbei ist.“
Wolfgang Höbel (Spiegel): „Es ist ein doch erstaunlich gewöhnliches, manchmal herrlich kitschiges, ordentliches Popkonzert, das am Freitagabend präsentiert wird.“
Matthias Alexander (FAZ): „Das Publikum, auf eine erwachsen-zurückhaltende Weise begeistert, geht zufrieden nach Hause.“
Will Hodgkinson (The Times): Vier von fünf Sternen.