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Nach Magdeburg: Der harte Wahlkampf wird noch härter – Politik

by Marko Florentino
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Zumindest in den ersten Stunden war der Ort des Grauens auch der Ort der Gemeinsamkeit. Als Bundeskanzler Olaf Scholz an der Seite von Ministerpräsident Reiner Haseloff durch Magdeburg ging, folgte den beiden CDU-Chef Friedrich Merz. Auch die ersten Äußerungen des sozialdemokratischen Kanzlers und seines Herausforderers von der Union gingen in eine ähnliche Richtung. „Natürlich müssen wir den Täter, seine Handlung, seine Motive genau verstehen, um dann mit den strafrechtlichen und den notwendigen anderen Konsequenzen darauf zu reagieren, und das werden wir“, sagte Scholz. Ihm sei wichtig, dass wir „als Land zusammenbleiben, dass wir zusammenhalten und uns unterhaken, dass nicht Hass unser Miteinander bestimmt, sondern die Tatsache, dass wir eine Gemeinschaft sind“.

Die schreckliche Tat in Magdeburg passe nicht „in das bisher bekannte Muster“, schrieb Merz auf der Plattform X.  Das verpflichte „uns Politiker, zunächst innezuhalten und erst auf der Basis gesicherter Erkenntnisse zu beurteilen, was gestern geschehen ist“. Zwei Monate vor der Bundestagswahl durfte – allerdings nur kurz – eine gewisse Hoffnung keimen, dass zumindest die Demokraten im Land den Anschlag von Magdeburg nicht nutzen würden, um die ohnehin bereits hochtemperierte Stimmung im Land weiter anzuheizen. Zumal die eigentümlichen Hintergründe von Tat und Täter eine Instrumentalisierung im politischen Meinungskampf eigentlich erschweren müssten. Taleb al-A. ist schon 2006, lange vor der großen Fluchtbewegung von 2015, aus Saudi-Arabien nach Deutschland gekommen. Er machte als islamophober Aktivist von sich reden und sympathisierte wohl mit der AfD und Elon Musk.

Elon Musk mischt im deutschen Wahlkampf mit

Der Wunsch, die Tat von Magdeburg aus dem Wahlkampf herauszuhalten, musste sich dennoch als illusorisch erweisen – ebenso wie das Anliegen, erst einmal die Fakten sprechen zu lassen. Die Bundesrepublik steht vor der härtesten Wahlauseinandersetzung seit Jahrzehnten, womöglich ihrer Geschichte. Die schlechte wirtschaftliche Lage und Russlands Krieg gegen die Ukraine schüren große Verunsicherung. Jahre des Ampel-Streits und ihr unrühmliches Scheitern haben das Vertrauen in die Politik erschüttert, was nicht nur zwei Parteien, die sich als Systemopposition gerieren, zugutekommt, sondern auch den Angreifern von außen. Wahlkämpfe bieten dem russischen Präsidenten Wladimir Putin willkommene Schlachtfelder in seinem hybriden Krieg gegen die Demokratien Europas. Hinzu kommt der Angriff durch einen amerikanischen Multimilliardär mit Allmachtsfantasien. Elon Musk unterstützt die AfD, beschimpft Kanzler Scholz als „inkompetenten Idioten“ und hat ihn nach dem Anschlag von Magdeburg allen Ernstes zum Rücktritt aufgefordert.

Die Ausfälle Musks, immerhin eines Verbündeten des neuen US-Präsidenten Donald Trump, illustrieren einen globalen Machtkampf, von dem kaum abzuschätzen ist, wie sehr er den Ausgang der Bundestagswahl beeinflussen wird. Nachdem Musk auf seiner Plattform X verkündet hatte, nur die AfD könne Deutschland retten, hatte ihn FDP-Chef Christian Lindner unterrichtet, die AfD sei eine rechtsextreme Partei, und ihm ein freundliches Gesprächsangebot unterbreitet – was, nachdem Musk seine Attacken und Desinformation nach der Tat von Magdeburg verschärft hat, noch problematischer wirkt.

Plattform X

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In der FDP wollte man sich dazu erst einmal lieber nicht äußern. „Nach einer so schrecklichen Tat gilt es innezuhalten und der Opfer, ihrer Familien und Freunde zu gedenken“, sagte FDP-Generalsekretär Marco Buschmann der Süddeutschen Zeitung. Sobald es gesicherte Erkenntnisse gebe, „sollten Bund und Länder gemeinsam darüber sprechen, welche Konsequenzen für die Stärkung unserer Einsatzkräfte und den Schutz unserer freien Gesellschaft nötig sind“. Dafür halte er eine „Föderalismuskommission für den richtigen Rahmen“.

Kein Innehalten bei der AfD

Weniger zurückhaltend äußerten sich erwartungsgemäß Politikerinnen und Politiker der AfD. Ähnlich wie Musk zweifeln etliche von ihnen an, dass es sich bei Taleb al-A. wirklich um einen Islamgegner handelt. Vor allem verzichteten sie als erste auf den von Scholz, Merz und vielen anderen geforderten Moment des Innehaltens. „Das Behördenversagen, welches den Horror von Magdeburg ermöglicht hat, macht fassungslos“, schrieb die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel auf X. Während „die Politik“ den Sicherheitsapparat auf „Opposition und Regierungskritiker“ ansetze, fehlten zur Abwehr echter Bedrohungen „Mittel und Urteilsvermögen“.

Keine Zeit wollte auch Sahra Wagenknecht, Chefin der nach ihr benannten Partei, verlieren. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) müsse die Frage beantworten, „warum so viele Hinweise und Warnungen im Vorfeld ignoriert wurden“. Obwohl der Tatverdächtige unter anderem dem Bundeskriminalamt bekannt gewesen sei und seine „radikalen Positionen und Drohungen gegen Deutschland und seine Bürger“ öffentlich postete, habe er einen unbefristeten Aufenthaltstitel gehabt. Nötig sei „endlich ein überzeugendes Sicherheitskonzept mit klarem Fokus auf den Schutz der Bevölkerung“.

Hinweise im Vorfeld an die Behörden

Die Frage, ob die Tat durch aufmerksamere Behörden oder strengere Gesetze hätte verhindert werden können, stellt sich nach jedem Anschlag – mit absehbar größerer Vehemenz aber so kurz vor einer Bundestagswahl, die nun wohl noch stärker durch das Thema Sicherheit geprägt werden wird. Dabei dürfte zunächst eine Rolle spielen, dass Taleb al-A. kein Unbekannter war. So hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nach eigenen Angaben vor der Attacke auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt einen Hinweis zu dem mutmaßlichen Täter erhalten. Der Hinweis sei im Spätsommer vergangenen Jahres über die Social-Media-Kanäle eingegangen, schrieb das Bamf am Samstag auf X. Dieser sei, „wie jeder andere der zahlreichen Hinweise auch“, ernst genommen worden. Da das Bundesamt keine Ermittlungsbehörde sei, sei die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen worden.

Das Innehalten der Union endete schon am Sonntag. CDU-Mann Thorsten Frei verknüpfte die Tat von Magdeburg mit der Arbeit der zerbrochenen Bundesregierung. „Die Ampelkoalition hat in den vergangenen drei Jahren leider dazu beigetragen, Misstrauen gegen unsere Sicherheitskräfte zu säen, anstatt unsere Beamten zu stärken“, sagte Frei der Rheinischen Post. Er forderte die Vorratsdatenspeicherung und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen – zwei Punkte, die die Union auch schon in der Debatte über das Sicherheitspaket nach dem Anschlag in Solingen eingefordert hatte.

Direkt nach Weihnachten und noch in diesem Jahr könnte zudem eine Sondersitzung des Innenausschusses stattfinden. Die Union möchte hier gerne Nancy Faeser befragen. Die Bundesinnenministerin sagt bereits eine rasche Aufarbeitung des Anschlags zu und drängt auf Beschlüsse zur inneren Sicherheit.

Die Sozialdemokraten wiederum wollen in der Sondersitzung die Innenministerin des Landes Sachsen-Anhalt befragen, Tamara Zieschang von der CDU. Parteipolitisch sind die Interessen im Ausschuss somit klar verteilt. Der Wahlkampf wird somit wohl auch die Aufklärung erschweren, wie es zur Tat von Magdeburg kommen konnte.



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