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Niederlande: Regierung um parteilosen Dick Schoof mit begrenzter Stabilität – Politik

by Marko Florentino
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Mehr als sieben Monate nach der Parlamentswahl wird an diesem Dienstag das neue niederländische Kabinett vereidigt. Anschließend stellen sich die Amtspersonen mit König Willem-Alexander zum Foto auf die Stufen des Residenzschlosses Huis ten Bosch in Den Haag. Nach schwierigen Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern kann es dann losgehen mit einer Regierung, die es in dieser politischen Färbung bislang nicht gegeben hat.

Vier Parteien rechts von der Mitte haben sich dazu zusammengeschlossen. Neben der radikal rechten populistischen Freiheitspartei (PVV) von Geert Wilders, der mit weitem Abstand größten Kraft im Parlament, sind dies die liberalkonservative bisherige Regierungspartei VVD, die sich besonders Unternehmerinteressen verpflichtet fühlt, der Neue Sozialvertrag (NSC), im Kern eine Rechtsstaatspartei sowie die ebenfalls populistische Bauer-Bürger-Bewegung (BBB), die aus den Bauernprotesten der vergangenen Jahre hervorging und sich vor allem gegen eine aus ihrer Sicht zu ehrgeizige Umweltpolitik stemmt.

Angekündigt war ein „außerparlamentarisches“ Kabinett – davon ist wenig zu sehen

Während sich BBB frühzeitig zu einem Bündnis mit der PVV bekannte, bekundeten die anderen Partner grundsätzliche Sorge, ob man mit einer Partei, deren Vertreter sich wiederholt rassistisch geäußert und das demokratische System infrage gestellt haben, überhaupt regieren kann oder darf. Deshalb zwangen sie die PVV schon im Januar zum Unterzeichnen einer Rechtsstaatsvereinbarung. Trotzdem ließ NSC-Chef Pieter Omtzigt die Verhandlungen anschließend noch platzen, weil aus seiner Sicht nicht alle Zweifel beseitigt waren. Am Ende stimmten sowohl Omtzigt als auch VVD-Chefin Dilan Yeşilgöz dem Bündnis mit Wilders zu. Es entspreche nun einmal dem Rechtsruck bei der Wahl, begründeten sie den Schritt. Nach Ansicht von Beobachtern wollen sie auch eine Neuwahl verhindern, die die PVV voraussichtlich weiter wachsen ließe.

Omtzigt rang Wilders den Verzicht auf das Amt des Premierministers ab, das der parteilose ehemalige Geheimdienstchef Dick Schoof übernimmt. Von dem „außerparlamentarischen“ Kabinett, das er ursprünglich leiten sollte, ist ansonsten wenig zu sehen. Stattdessen entsenden die Parteien wie üblich je nach Stärke ihre Vertreter. Die PVV stellt fünf Minister, unter ihnen die Ressortleiter für Migration und für Wirtschaft. Die VVD erhält vier Posten, darunter Justiz und der zentrale Bereich Finanzen, wo Eelco Heinen eine konservative Finanzpolitik fortführen wird. Die vier NSC-Amtsleute sind für Äußeres, Inneres, Soziales und Bildung zuständig, während der BBB Wohnungsbau und Landwirtschaft übernimmt.

Koranverbot, Schließung von Moscheen – das liegt jetzt erst mal auf Eis

Von verschiedenen Seiten wurde bis zuletzt die Eignung der PVV-Vertreter hinterfragt. Man warf ihnen mangelnde Führungserfahrung vor und wies auf Äußerungen hin, die sich mit der liberalen Demokratie nicht vereinbaren lassen. Nach einigem Zögern versprachen zwei der PVV-Ministerinnen, zumindest während ihrer Amtszeit den umstrittenen Begriff der „Umvolkung“ nicht mehr zu benutzen. Schon kurz nach der Wahl hatte Wilders selbst angekündigt, besonders radikale Vorhaben wie das Koranverbot oder die Schließung von Moscheen auf Eis zu legen. In den Medien hat dies zu dem Vorwurf geführt, Wilders und die PVV träten in mehreren Versionen auf, einer echten und einer vorgetäuschten; sie spielten eine Art „absurdes Theater“.

Die Kommentatoren sagen der neuen Regierung überwiegend eine kurze Lebensdauer voraus. Mögliche Bruchpunkte sind überdeutlich. Neben rechtsstaatlichen Fragen zählt dazu das Thema Migration. Hier könnte sich schnell erweisen, dass die Pläne zu einer drastischen Reduzierung der Einwanderung an der (EU-rechtlichen) Realität scheitern. Gleiches gilt für die ungelöste Krise um überhöhte Stickstoffemissionen: Die Parteien scheuen vor dem einzigen wirksamen Mittel zurück, der Reduzierung des Viehbestands. In der Ukraine- und Russlandpolitik sind ebenfalls große Differenzen absehbar.

Auch deshalb appellierte der scheidende Premier Mark Rutte am Sonntag an seine Landsleute, in der Unterstützung des überfallenen europäischen Staats nicht nachzulassen. In den 14 Jahren an der Spitze der Regierung habe er zudem gelernt, sagte der künftige Nato-Generalsekretär in seiner live im TV übertragenen Abschiedsrede, dass auch die Niederlande niemals allein, sondern nur im Zusammenspiel mit anderen gedeihen könnten.



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