Nach dem wechselhaften und kalten Wetter der vergangenen Tage haben die Besucher die Wiesn am letzten sonnigen Sonntag noch einmal gestürmt. Vor den Zelten und am Eingang der Oidn Wiesn bildeten sich lange Schlangen. Und auch in den Biergärten war es nicht leicht, einen Platz zu ergattern. Dennoch ist das Oktoberfest 2024 keine Rekordwiesn geworden. Das lag vor allem daran, dass sie heuer mit 16 Tagen Dauer eine „normale“ Wiesn war. 6,7 Millionen Gäste zählte die Festleitung, vergangenes Jahr, als das Oktoberfest 18 Tage dauerte, waren es 7,2 Millionen. 430 000 Besucher kamen dieses Jahr zur Oidn Wiesn.
Sieben Millionen Mass Bier wurden heuer ausgeschenkt. Der Anteil alkoholfreien Bieres lag unverändert bei vier bis fünf Prozent. Die Angaben sind vorläufig und können sich von der endgültigen Bilanz, die im nächsten Frühjahr veröffentlicht wird, unterscheiden, zum Beispiel beim Bierkonsum: War 2023 zunächst von 6,5 Millionen Mass die Rede, waren es letztendlich doch 7,2 Millionen.
Bei den Speisen meldeten die Wirte ein Plus von rund neun Prozent, am gefragtesten waren wieder die Wiesnhendl, deren Anzahl die Festleitung seit dem vergangenen Jahr aber nicht mehr veröffentlicht.
Laut Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU) waren wieder spürbar viele Besucher aus dem Ausland auf der Theresienwiese unterwegs. Die meisten internationalen Gäste kamen aus den USA, Italien, dem Vereinigten Königreich, Österreich, Polen, Frankreich, Schweiz, Spanien, den Niederlanden und erstmals vermehrt aus Indien. Die besucherstärksten Tage waren die drei Samstage und der mittlere Sonntag. Auch die Schausteller verzeichneten laut Baumgärtner einen ähnlichen Zulauf wie 2023 und seien trotz der durchwachsenen Witterung sehr zufrieden. Bei Regen drängte es viele Besucher zum Beispiel ins Teufelsrad oder in die Geisterbahnen. Die jüngeren Besucher bevorzugten dagegen die „wilderen“ Fahrgeschäfte.
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Für Baumgärtner war es die letzte Wiesn als Chef. Sein Resümee: „Das Oktoberfest war in diesem Jahr besonders entspannt“, sagte er. „Trotz der hohen Besucherzahlen ist die Zahl der Straftaten und Patienten gesunken. Unser Sicherheitskonzept ist mit Unterstützung der Polizei und Feuerwehr sowie unserer Partner aufgegangen. Ich hoffe, dass sich dieser Trend zu einem friedlichen und qualitätsbewussten Volksfest fortsetzt.“
In der Tat ist die Zahl der angezeigten Straftaten mit 706 Delikten um 24 Prozent zurückgegangen. Kapitaldelikte wie Totschlag oder Raub gab es bis Sonntagmittag nicht. Auch die Zahl der Sexualdelikte war mit 56 leicht rückläufig (2023: 67). Darunter waren zwei Fälle, die den Tatbestand der Vergewaltigung erfüllten.
Es gab 212 Anzeigen wegen Körperverletzung, in 29 Fällen handelte es sich um Masskrugschlägereien. Wegen Diebstahls wurden 158 Anzeigen aufgenommen (2023: 182), besonders rückläufig war die Zahl der Taschendiebstähle: 38 statt 123 im Vorjahr. Die Ordner auf dem Gelände stellten heuer 98 000 geklaute Masskrüge sicher. An den Eingängen standen dafür eigene Container.
133 Anzeigen gab es wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, nicht halb so viele wie 2023. Das liegt daran, dass der Besitz von geringen Mengen Cannabis nicht mehr illegal ist, nur der Konsum auf Volksfesten. 27 Kiffer ertappte die Polizei. Die meisten Anzeigen aber gab es wegen Kokainbesitzes.
Mehr als 600 Polizeibeamte waren während der 16 Tage im Einsatz. Insgesamt rückten sie zu 1764 Einsätzen aus, häufiger als im Jahr zuvor. Das lag auch daran, dass die Polizei öfter von Passanten alarmiert wurde.
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Auch die Bundespolizei, die für die Sicherheit an den Bahnhöfen zuständig ist, zieht eine positive Bilanz. Zu Schwerpunktzeiten waren bis zu 250 Beamte im Einsatz, vor allem an der Hackerbrücke und am Hauptbahnhof. Die Zahl der Straftaten sei mit 404 leicht gesunken. 45 einfache und 14 gefährliche Körperverletzungen verzeichnet die Bundespolizei. Insgesamt gab es 17 Festnahmen, überwiegend im Hauptbahnhof.
Wegen zehn gefährlicher Eingriffe in den Bahnverkehr wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. In 36 Fällen wurden Personen im Gleis gemeldet, wodurch es immer wieder, vorrangig im Bereich der S-Bahnstammstrecke, zu betrieblichen Störungen im Bahnverkehr kam.
Auch die Sanitäter der Aicher Ambulanz sprechen von einer ruhigen Wiesn. Sie hatten 5346 Einsätze, das sind 28 Prozent weniger als 2023. Das CT-Gerät kam 205 Mal zum Einsatz, mit der Trage rückten die Sanitäterinnen und Sanitäter 1753 Mal aus (Vorjahr: 2594 Mal). Im Schnitt dauerte es vier Minuten und neun Sekunden, bis die Helfer bei den Patienten waren.
Einem Patienten, der am Samstagabend im Weinzelt zusammenbrach, konnten die Sanitäter nicht mehr helfen. Der 50-jährige Italiener wurde zunächst wiederbelebt und dann in eine Klinik gebracht, wo er starb. Nach Angaben der Ambulanz litt der Mann unter einem „internistischen Erkrankungsbild“, wozu etwa Herzinfarkte zählen. Äußere Verletzungen, etwa als Folge einer Schlägerei, wurden nicht festgestellt.
Von einer größeren Nachfrage als im Vorjahr berichtet die Aktion Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen, die insbesondere Opfern von Sexualdelikten beisteht, aber auch in anderen Krisenfällen Hilfe anbietet. 345 Mal wurde der „Safe Space“ im Servicezentrum aufgesucht. Dabei kamen unter anderem auch junge Frauen, die zu viel getrunken oder ihre Begleitpersonen verloren hatten oder von den Menschenmassen an sich überfordert waren.