Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz ist wegen Falschaussage zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Das Landgericht Wien sah es in seinem Urteil als erwiesen an, dass Kurz bei der Berufung des Aufsichtsrats der Staatsholding Öbag einen größeren Einfluss ausgeübt hatte, als er vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss eingeräumt hatte.
Damit folgte das Gericht der Argumentation der Staatsanwaltschaft, die Kurz vorgeworfen hatte, in dem Ausschuss seinen Einfluss bei der Bestellung seines Vertrauten Thomas Schmid an die Spitze der Öbag heruntergespielt zu haben. Konkret ging es um die Frage, ob Kurz lediglich informiert oder in die Top-Personalie involviert war. Schmid selbst hatte ausgesagt, letztlich habe Kanzler Kurz in allen Personalfragen das Sagen gehabt und ein Vetorecht in allen entscheidenden Fragen.
Vor der Verkündung des Urteils galt es als sehr wahrscheinlich, dass es entweder von der Verteidigung oder der Anklage angefochten, dass das Verfahren also in die nächste Instanz gehen wird.
Kurz, der nach seinem Rücktritt und seinem grundsätzlichen Abschied aus der Politik Ende 2021 nun als Unternehmer tätig ist, hat stets seine Unschuld betont. Er stand von 2017 bis 2019 an der Spitze einer Koalition der ÖVP mit der rechten FPÖ. Dieses Bündnis zerbrach an der Ibiza-Affäre, die auch die Frage aufwarf, wie anfällig die österreichische Regierung für Korruption war. Von 2020 bis 2021 leitete Kurz dann ein Bündnis von ÖVP und Grünen.
Die Staatsanwaltschaft hielt Kurz vor, im Ibiza-Untersuchungsausschuss im Juni 2020 geleugnet zu haben, dass der Wechsel des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, an die Spitze der Staatsholding Öbag mit ihm im Detail abgesprochen war. Er sei «informiert», aber nicht «involviert» gewesen, hatte Kurz auf Fragen der Abgeordneten unwirsch geantwortet. Ein Grund dafür könnte sein, dass Kurz den Bürgern stets einen «neuen Stil» versprochen hatte, ohne die in Österreich durchaus verbreitete Vetternwirtschaft.
Der Prozess war in Österreich mit Spannung verfolgt worden. Das Land steht vor einem Superwahljahr mit Kommunal- und Landtagswahlen, der Europawahl und der Nationalratswahl, die voraussichtlich Ende September stattfindet. Die Verurteilung des als Kanzler und ÖVP-Chef sehr populären Kurz dürfte Wahlkampfstoff für die politischen Gegner liefern.
Abgesehen vom aktuellen Prozess droht dem Ex-Kanzler noch ein zweites Verfahren in der sogenannten Inseraten-Affäre: Der damalige Regierungschef und sein Team sollen mit Steuergeld gefälschte Umfragen bezahlt haben. Außerdem sollen sie sich mit Werbung in diversen Medien eine wohlmeinende Berichterstattung erhofft haben. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit, Korruption und Untreue laufen gegen insgesamt zehn Verdächtige.