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Papst Franziskus über den Sport und die Bedeutung von Niederlagen – Sport

by Marko Florentino
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Papst Franziskus hat am Donnerstag die vierte Enzyklika seiner Amtszeit vorgelegt – aus Anlass der am Sonntag endenden Weltsynode, einer Kirchenversammlung von Bischöfen und Nicht-Bischöfen in Rom. Und wer sucht, der findet – auch in der jüngsten Lehrschrift des Oberhaupts der katholischen Kirche – eine kleine Referenz an den Sport.

Es gebe Dinge, die keine Künstliche Intelligenz ersetzen könne, zur Rettung des Menschen brauche es „Poesie und Liebe“, schreibt Franziskus. Und: „Was kein Algorithmus erfassen kann, ist zum Beispiel der Augenblick in der Kindheit, an den man sich mit Zärtlichkeit erinnert und der, obwohl die Jahre verstreichen, immer noch überall auf dem Planeten stattfindet.“ Tausende kleiner Details würden ihm dazu einfallen, darunter aber vor allem dies: „das erste Fußballspiel mit einem Lumpenball“. Womit wir bei einer anderen Schrift des Papstes wären, sie wird am Montag in Madrid vorgestellt und hat keinen Enzyklika-Charakter, aber fast: „Jenseits der Grenzen. Der Sport nach Papst Franziskus.“

Zwischen den Buchdeckeln sind eine Reihe von sportrelevanten Äußerungen des Papstes zu finden; thematisch lose geordnet, aber mit immer wiederkehrenden Motiven: Ob bei Empfängen, Vorträgen, Angelusgebeten, immer wieder hat Franziskus die Auswüchse des Profisports angeprangert. Hier mahnte er, „dass der wirtschaftliche Faktor nicht über dem sportlichen stehen“ dürfe, da warnte er, dass „der Athlet ein faszinierendes Mysterium“ sei, „ein Meisterwerk der Grazie und der Leidenschaft“, das nicht einfach in ein Objekt und Handelsgut verwandelt werden dürfe. In seinem Vorwort zeigte sich Real Madrids Trainer Carlo Ancelotti aber von anderen Überlegungen fasziniert, die aus einem Interview des Papstes mit der Gazzetta dello Sport stammen und die Basis für das Buch boten. „Der Sieg verursacht einen Schauder, der nur schwer zu beschreiben ist. Aber auch die Niederlage hat etwas Wundervolles“, hatte der Papst damals gesagt. Siege förderten oft „den Irrglauben der eigenen Unbesiegbarkeit“ zutage, die Niederlage hingegen begünstige „die Meditation“.

Ein argentinischer Nationaltrainer ließ einst „einen Pfaffen“ aus der Kabine werfen – der später Papst wurde

Denn: Nach Pleiten frage man nach dem Warum der Niederlage, unterziehe sich einer Gewissensprüfung, analysiere die geleistete Arbeit. „Gewisse Niederlagen führen zu wunderschönen Siegen, weil der Durst nach Erlösung geweckt wird, sobald der Fehler identifiziert ist. Ich würde sogar wagen zu sagen, dass jener, der siegt, nicht weiß, was er verpasst: Fragt die Armen!“ Amen, heißt es bei Ancelotti: „Jeder Hochleistungssportler, jeder Profi, will gewinnen, klar. Aber auf dem Wege eines Athleten stellen Niederlagen propädeutische Etappen dar, die ihn besser machen.“ Womit geklärt wäre, dass Ancelotti am Samstag auch mit einer Niederlage im Hochamt des spanischen Fußballs schlechthin leben könnte. Er trifft vier Tage nach dem 5:2 gegen Dortmund im Bernabéu-Stadion auf den FC Barcelona des Hansi Flick, der sich gerade mit einem 4:1 gegen den FC Bayern empfohlen hat.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Ancelotti sich über etwaige Freude nicht schämen müsste. Auch der Papst hat sich in der Vergangenheit an Siegen gelabt. Unvergessen, wie viele Argentinier im Mai 2013 vom Glauben abfielen, weil Franziskus wenige Monate nach seiner Wahl auf dem Petersplatz einen Landsmann mit dem Trikot von Boca Juniors sah – und ihm neckisch lachend drei Finger entgegenstreckte. Der Grund: Boca hatte zuvor 0:3 verloren, gegen CA San Lorenzo de Almagro, den Lieblingsklub des Papstes. Das nährte eine Kolportage, die der argentinische Journalist Ezequiel Fernández Moores mit einem Augenzwinkern vor ein paar Jahren in dem Werk „Der Sport in der Kultur der Begegnung“ niederschrieb. Jorge Mario Bergoglio habe sein Papst-Alias gar nicht wegen Franz von Assisi gewählt. Sondern zu Ehren von José Francisco Sanfillipo, der heute 89-jährigen Torjäger-Legende von San Lorenzo.

Franziskus betete für Maradona, was ja gewissermaßen sein Job ist

Eine diesbezügliche Bestätigung findet sich im Papst-Buch nicht; es fehlt auch die Papst-Version der Anekdote des früheren argentinischen Nationaltrainers Alfio Basile. Er hatte einst als Coach von San Lorenzo vor einem Spiel „einen Pfaffen“ aus der Kabine schmeißen lassen, weil er ihn in Verdacht hatte, ein Unglücksrabe zu sein. „Und dann habe ich Jahre später erfahren, dass jener Pfaffe zum Papst gewählt wurde.“

Franziskus bekundet, dass er gern Fußball praktiziert habe, aber im Tor gelandet sei, weil er in den Augen seiner Freunde „einen harten Fuß“ gehabt habe, ein anderer Franz hätte sie wohl Rumpelfüße genannt. Gleichwohl: Fußballverrückt im engeren Sinne darf man Franziskus wohl nicht nennen. Argentiniens WM-Sieg von 1986 nennt er „den Sieg der Einsamkeit“; weil er gerade in Frankfurt am Main promovierte, sei er in Klausur gegangen, habe auf die Live-Übertragung verzichtet und erst anderntags erfahren, dass Diego Maradona Argentinien zum 3:2 gegen Deutschland geführt hatte.

Maradonas Tod hat den Papst übrigens berührt; dass Maradona Johannes Paul II. herabgewürdigt hatte, war vergeben und vergessen, als D10s, wie Maradona in Argentinien genannt wird, verstarb. Gottlob, sozusagen. Franziskus schickte Maradona einen Rosenkranz und betete für ihn, was ja gewissermaßen sein Job ist.

Ob Fragen des Glaubens aber beim „Clásico“ eine Rolle spielen werden, dürfte zu bezweifeln sein. Wie überhaupt ja die Existenz eines Gottes nicht erst seit Barça-Prophet  Johan Cruyff infrage steht. „In Spanien bekreuzigen sich alle 22 Spieler, bevor sie auf den Platz gehen, gäbe es Gott, würden alle Spiele Unentschieden ausgehen“, sagte Cruyff einmal. Und für Barça-Trainer Flick ist der „Clásico“ nur in einer Hinsicht eine Frage des Credos: „Ich glaube an meine Mannschaft“, sagte er am Freitag in Barcelona.



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