Die Kombination Naturschutz und Humor ist gefährlich, man muss nur Mehmet Scholl fragen. Der Fußballer antwortete einst auf die Frage nach seinem Lebensmotto: „Hängt die Grünen, solange es noch Bäume gibt.“ Weder die Grünen noch die Bäume fanden das lustig. Scholl entschuldigte sich, ihm schien die Aufregung peinlich zu sein. Das unterscheidet ihn von Michael O’Leary, der mit Sprüchen wie „Das Beste, was man mit Umweltschützern machen kann, ist, sie zu erschießen“ aneckt, aber keine Reue zeigt. Der irische Ryanair-Chef gibt laut eigener Aussage einen Dreck darauf, was die Leute über ihn denken. Hauptsache, sie denken nicht nur, sondern reden auch über ihn. Und das tun sie derzeit in Dublin und auf X, unter #FlightsNotBikes. Flüge statt Räder.
Darum geht es: Auf dem Flughafen von Dublin dürfen pro Jahr höchstens 32 Millionen Passagiere starten und landen. Vergangenes Jahr lagen die Zahlen nur knapp unter dieser Grenze, und da die Nachfrage für das laufende Jahr noch mal angezogen hat, müssen die Fluggesellschaften das Angebot verknappen. Das macht die Tickets teurer. Das gefällt keiner Airline und schon gar nicht einem Billigfluganbieter. Der Betreiber des Flughafens will die Grenze laut Spiegel lockern. Ryanair (Team Flüge) wirft nun den irischen Grünen (Team Räder) vor, dieses Vorhaben nicht genügend zu unterstützen.
Lieblingsgegner der Fluggesellschaft ist – nicht nur in dieser Auseinandersetzung – Eamon Ryan, der Transportminister des Landes. Im Februar etwa veröffentlichte O’Leary eine Stellungnahme, in der er den Grünen-Politiker als inkompetent bezeichnete. Er machte ihn dafür verantwortlich, dass in Dublin der einzige Flughafen einer europäischen Hauptstadt stehe, dem jegliches Wachstum verboten sei.
O’Leary sagt, er wolle den Grünen auf die Nerven gehen, im Originalzitat mit F-Wort
Vergangene Woche dann ist Ryan als Parteichef zurückgetreten, die Europawahl war nicht gut gelaufen für die Grünen. Der Rückzug verstärkte Ryanairs Häme auf X nur, gepostet eben unter dem nicht näher definierten, aber in seiner Grundhaltung eindeutigen Motto #FlightsNotBikes.
Ryan sagte am Donnerstag, zwei Tage nach seinem Rücktritt, über O’Learys Kampagne gegen ihn: „Es ist seine Entscheidung, diesen Ansatz zu wählen. Aber ich denke, die Öffentlichkeit wird das sehen und sagen: ‚Das ist kein gutes Indiz für die Werte von Ryanair.‘“
O’Leary schimpft seit Jahren, dass seine Branche als Sündenbock für den Klimawandel herhalten muss. Schiffe seien für mehr europäischen CO₂-Ausstoß verantwortlich als Fluggesellschaften. Aber über die Schiffe rege sich keiner auf. So wettert er permanent gegen Umweltschützer, er wolle denen auf die Nerven gehen, sagt er (mit F-Wort im Originalzitat).
Schaut man sich übrigens einmal die Entwicklung von Team Flüge und Team Räder an, liegt O’Leary in diesem irischen Kulturkampf ohnehin vorne. Auf dem Copenhagenize Index, der die Fahrradfreundlichkeit von Städten misst, landete Dublin 2011 noch auf dem neunten Platz, beim nächsten Ranking zwei Jahre später auf dem elften, danach auf dem 15. Seit 2015 ist die irische Hauptstadt gar nicht mehr vertreten in den Top 20. Ryanair hingegen hatte 2011 nur 75,8 Millionen Passagiere, seither ist deren Zahl jedes Jahr (mit Ausnahme der Corona-Jahre) gestiegen, 2023 waren es 169 Millionen.