Nach dem schweren Busunfall auf der Autobahn 9 bei Leipzig hat die Polizei die Zahl der Toten von fünf auf vier korrigiert. Eine der Polizei zunächst als gestorben gemeldete Person befinde sich in einem lebensbedrohlichen Zustand, teilte die Polizeidirektion Leipzig am Mittwochabend mit. Die Verkehrspolizeiinspektion führe die Ermittlungen wegen des Verdachts einer fahrlässigen Tötung, hieß es.
Ein Doppelstockbus des Anbieters Flixbus war am Mittwochmorgen auf der A 9 von der Fahrbahn abgekommen und umgekippt. Die Polizei hatte zunächst von fünf Toten und 20 Verletzten gesprochen. In der Mitteilung vom Abend hieß es, es gebe sechs Schwerverletzte und 29 Leichtverletzte. Zu Identität, Alter und Geschlecht der Verunglückten machten die Ermittler zunächst keine Angaben.
An Bord des Fernbusses waren nach Angaben des Unternehmens Flixbus 53 Fahrgäste und zwei Fahrer. Der Fahrer, der zum Zeitpunkt des Unglücks am Steuer saß, ist nach Angaben der Polizei nicht unter den Toten. Nach Angaben des Busunternehmens war er seit Abfahrt in Berlin um 8 Uhr am Steuer und habe alle Lenk- und Ruhezeiten eingehalten.
Mithilfe von Gurten wurde der Bus am Mittag aufgerichtet, um weitere Insassen bergen zu können. Das Geschehen war durch mobile Sichtschutzwände abgezäunt. Die Autobahn wurde zeitweilig komplett gesperrt, in Richtung Berlin am frühen Nachmittag aber wieder freigegeben. In Richtung München bleibt sie vermutlich noch bis zum Abend gesperrt. Die Bergungsarbeiten könnten noch andauern, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dpa.
Solche Unfälle seien schockierend, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) dem Nachrichtensender Welt. «Und jetzt geht es darum, dass die Sicherheitskräfte vor Ort die Sache aufklären müssen, dass den Menschen geholfen werden muss, die jetzt dringend Hilfe brauchen.»
Der Anbieter Flixbus zeigte sich nach dem Unfall schwer betroffen. «Unsere Gedanken sind bei allen von diesem Unfall Betroffenen und ihren Angehörigen», sagte ein Firmensprecher. Man arbeite eng mit den örtlichen Behörden und den Rettungskräften vor Ort zusammen und setze alles daran, die Unfallursache schnell und lückenlos aufzuklären.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sprach den Hinterbliebenen der Toten sein Beileid aus. Zudem «hoffe ich, dass es den Verletzten schnell wieder besser geht». Schuster dankte den Rettungskräften für ihren professionellen Einsatz. Er habe in den Gesichtern der Feuerwehrleute gesehen, «wie schwierig diese Szenen waren».
Moderne Fernbusse besitzen gute Sicherheitsvorkehrungen
Das Unglück wirft Sicherheitsfragen auf, auch wenn Johannes Hübner, Sicherheitsexperte beim Internationalen Bustouristik-Verband (RDA), betont, dass der Unfall bei Leipzig der erste schwere Fernbusunfall im Jahr 2024 gewesen sei. Statistiken des RDA zeigten, dass der Reisebus als Verkehrsmittel seit der Corona-Pandemie noch einmal an Sicherheit gewonnen hätte, so Hübner.
Das liege auch daran, dass die Sicherheitsvorkehrungen an Reisebussen kürzlich noch einmal stark erhöht wurden. Nachdem alle neuen Busse vor gut fünf Jahren mit Spurhaltemechanismen ausgestattet wurden, verfügen sie seit diesem Jahr auch über Notbremsassistenten. Dazu kommen Kameras, die den Fahrern eine bessere Sicht auf den Verkehr ermöglichen sollen. Da es sich beim verunfallten Bus um ein neues Modell gehandelt habe, sei davon auszugehen, dass er mit den nötigen technischen Hilfsmittel ausgestattet war.
Warum es dennoch zu dem Unfall kam, wird jetzt zu klären sein. Eine weitere Verbesserung der Sicherheit sei laut Hübner definitiv möglich, beispielsweise indem noch stärker für das Anlegen des Beckengurtes sensibilisiert werde. Wie Hübner sagt, seien die Busfahrer gerade in neuen Bussen des Anbieters Flixbus dazu verpflichtet, nach jeder Haltestelle ein Video abzuspielen, das die Gäste über das Anschnallen informiert. In der Praxis finde eine solche Einweisung allerdings oft nicht statt.
Abseits der Sicherheit an und im Bus wünscht sich der RDA-Experte, dass der Fokus auf ein größeres Verkehrssicherheitsproblem gerichtet wird. Für die Schwere des Unglücks am Autobahnkreuz Wiedemar macht er unter anderem die ungesicherte Fahrbahnabsenkung verantwortlich. «Wenn ich mir die Bilder anschaue, dann ist das eine fatale Unfallstelle, bei der es rechts eine Böschung gibt und keine Leitplanke», so Hübner. Sobald ein Bus dort von der Fahrbahn abkomme, sei ein Unfall aufgrund der Höhe des Fahrzeugs nur schwer zu verhindern.
Auf der A 9 hatte es 2019 bei Bad Dürrenberg in Sachsen-Anhalt schon einmal einen schweren Busunfall gegeben. Dabei starb eine Frau, mehrere Menschen wurden verletzt. Im Dezember 2023 war ein Reisebus ebenfalls auf der A 9 bei Leipzig verunglückt, es gab mehrere Verletzte.