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Sommerzeit: Wie sich die Zeitumstellung auf unseren Körper auswirkt. – München

by Marko Florentino
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Wieder eine Stunde weniger Schlaf: In der Nacht von Samstag auf Sonntag wird die Uhr von zwei auf drei Uhr umgestellt und es beginnt die Sommerzeit. Die einen freuen sich auf die längeren hellen Abende, die anderen klagen über Müdigkeit. Wie wirkt sich die Umstellung auf unseren biologischen Rhythmus aus? Die Chronobiologin Martha Merrow vom Institut für Medizinische Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München warnt davor, die Folgen zu verharmlosen und spricht von einem «sozialen Jetlag».

Sommerzeit: Die Chronobiologin Martha Merrow warnt davor, die Folgen der Zeitumstellung zu verharmlosen.

Die Chronobiologin Martha Merrow warnt davor, die Folgen der Zeitumstellung zu verharmlosen.

(Foto: LMU)

SZ: Frau Merrow, wir stellen die Zeit auf den Uhren um. Sie sagen aber, wir stören dadurch unsere innere Uhr. Was meinen Sie damit?

Martha Merrow: Unsere Körper funktionieren nach einem speziellen Rhythmus, der sich nach dem natürlichen Licht richtet. Das nennen wir in der Chronobiologie innere Uhr, oder genauer circadianer Rhythmus. Er steuert alle wichtigen Prozesse im Körper mit, etwa den Schlaf-Wach-Rhythmus oder die Körpertemperatur. Sogar unsere Organe haben alle einen circadianen Rhythmus. Und nun kommen wir daher und verordnen künstlich, dass unser Tag für ein halbes Jahr stets eine Stunde früher anfängt. Das bringt unsere innere Uhr total durcheinander.

Können Sie das an einem Beispiel deutlich machen?

Ich wache morgens um sieben Uhr auf. In der Sommerzeit nennt sich dieser Zeitpunkt dann schon acht Uhr. Ich muss aber wegen der realen Verpflichtungen wie Arbeit oder Schule trotzdem um sieben Uhr unserer künstlich festgelegten, neuen Zeit aufstehen. Also stelle ich mir den Wecker weiterhin auf sieben. Und weil das dann nach der natürlichen Uhr eine Stunde früher ist, also eigentlich um sechs, bin ich ständig müde.

Ein bisschen Müdigkeit, na und? Die allermeisten gewöhnen sich schnell an den neuen Ablauf.

Es ist eben nicht nur ein bisschen Müdigkeit. Sie müssen sich vorstellen, unsere Körper, alle unsere körperlichen Funktionen und Systeme, sind dann eine Stunde zu spät dran. Zum Lernen, zum Essen, zum Schlafen, zum Sporttreiben. Und weil wir abends dazu tendieren, länger wach zu bleiben, weil es noch so schön hell ist, holen wir den Schlafmangel nur schlecht auf. Mit jedem Wecker, der uns zu früh aus dem Schlaf reißt, machen wir es noch schlimmer. Manche Menschen erholen sich nie von diesem chronischen sozialen Jetlag.

Was ist das?

Diesen Begriff haben wir in der Forschungsgruppe an der LMU zur Chronobiologie zusammen mit Professor Till Roenneberg gewählt, um die Lücke zwischen der inneren und der sozialen Uhr zu beschreiben. Wir schaden uns, wenn wir sie vergrößern.

Welche Folgen kann das haben?

Schlafentzug hat negativen Einfluss auf unsere Produktivität, unsere Aufnahmefähigkeit und unser Gedächtnis. Studien zeigen außerdem, dass über längere Zeit summierter Schlafmangel zu Übergewicht, zu mehr Nikotin- oder Alkoholkonsum, auch zu Depressionen führen kann.

Was kann man tun, um gut durch die erste Zeit nach der Umstellung zu kommen?

Es gibt drei beeinflussende Faktoren: die Gene, das Alter und die Lichtumgebung. Nur auf das Letztere haben wir Einfluss. Ich empfehle also in den Tagen vor und nach der Umstellung eine Brille mit orangefarbenen Gläsern zu tragen, die die blauen Lichtwellen filtert. Auch entsprechende Filter auf dem Smartphone oder dem Laptop sind besonders in den Abendstunden sinnvoll. Man wird dadurch spürbar früher müde und kann sich leichter umstellen. Und ansonsten ist noch wichtig, am Tag nach der Umstellung am Morgen rauszugehen und möglichst viel Tageslicht zu tanken. Dieses natürliche Licht hat großen Einfluss auf unsere innere Uhr, wir tendieren dazu, die Wirkung zu unterschätzen.

Gibt es Menschen, die weniger oder mehr unter der Zeitumstellung leiden?

Ältere und kleine Kinder haben es meist etwas leichter, weil sie da tendenziell einen früheren Chronotyp haben. Allerdings ist der Chronotyp von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Durchschnitt etwa 2,5 Stunden später als der von älteren Erwachsenen. Sie haben es besonders schwer. Und dies ist eine Lebensphase, in der sie in der Schule oder in der Ausbildung viel lernen und leisten müssen. Es ist daher höchste Zeit, die Zeitumstellung abzuschaffen.

Die Europäische Kommission hatte bereits 2018 vorgeschlagen, die Umstellung zu beenden. Doch man spielte den Ball den Mitgliedstaaten zu, die sollten entscheiden. Seitdem liegt die Debatte auf Eis.

Ich verstehe, dass es Schwierigkeiten mit sich bringt, die Umstellung wieder abzuschaffen. Aber sie macht einfach keinen Sinn. Erstens hat sich das, was man sich davon ursprünglich versprochen hatte, nämlich Energie einzusparen, nicht eingelöst. Und zweitens könnte man durch die Abschaffung den Menschen sogar einen großen Gefallen tun. Wenn wir eine klügere, leistungsfähigere und gesündere Gesellschaft wollen, müssen wir diesem chronischen Schlafentzug ein Ende setzen.



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