Home » SPD startet in den Wahlkampf – Politik

SPD startet in den Wahlkampf – Politik

by Marko Florentino
0 comments


Das ist sie nun also, die erste Welle, die die SPD in diesem Bundestagswahlkampf machen will. Matthias Miersch steht am Sonntagmorgen im Foyer des Willy-Brandt-Hauses zwischen drei sehr großen Plakatwänden und deutet mal auf dieses, mal auf jenes. Wie der Generalsekretär da so hin und her läuft zwischen den Großplakaten, die Karten mit seinem Redetext in der Hand, erinnert ein wenig an den Wetterbericht im Abendprogramm. Die Frage ist nur, ob sich für Mierschs Sozialdemokraten gerade ein Hoch- oder ein Tiefdruckgebiet ankündigt.

Weihnachten und Silvester sind vorbei, und damit hat sie begonnen, die heiße Phase des kalten Winterwahlkampfs. Für die SPD, die in den Umfragen derzeit bei 16 Prozent und damit gut der Hälfte der Zustimmungswerte der Union liegt, geht es um alles.

Auf den „Wesselmann-Plakaten“, die Miersch an diesem Morgen präsentiert – den nach dem Werbedienstleister Wesselmann benannten großen Werbeflächen im Wahlkampf – ist Olaf Scholz zu sehen, mal mehr, mal weniger stark herangezoomt, immer aber mit einem Gesichtsausdruck, den der Fotograf mutmaßlich als „freundlich-entschlossen“ erbeten hat. Im Hintergrund viel Schwarz-Rot-Gold, im Vordergrund die Versprechen, die der Kanzler für die von ihm angestrebte zweite Amtszeit abgibt. „Mit Sicherheit mehr Rente“ heißt es da, „Mit Sicherheit mehr Wachstum“ und: „Mit Sicherheit mehr Netto“.

Eine eindeutige Richtungsentscheidung sei diese Wahl, sagt Miersch, und dass sie jetzt 49 Tage Zeit hätten, um die Unterschiede zu den anderen deutlich zu machen, sprich: die Unterschiede zur Union und, das vor allem, zu Friedrich Merz. Während sie auf Zusammenhalt setzten, sagt Miersch, setzten die CDU und ihr Kanzlerkandidat nur auf eine kleine Gruppe und auf mehr Eigenverantwortung.

Wie bei den meisten anderen Parteien wird auch bei der SPD die Wirtschaft im Mittelpunkt dieses Wahlkampfs stehen. Am Sonntag, bei der Auftaktklausur des Präsidiums, ist das bereits deutlich geworden. Für den Nachmittag waren Betriebsräte von Thyssenkrupp und Bosch eingeladen, am Vormittag wurde ein „Made-in-Germany-Bonus“ beschlossen, den die SPD einführen will. Gemeint ist eine Investitionsprämie in Form einer Zehn-Prozent-Steuergutschrift für Inlandsinvestitionen in Maschinen und Geräte. Das Volumen soll dem Vernehmen nach zwischen zwölf und 18 Milliarden Euro liegen – jährlich.

Scholz startet im Willy-Brandt-Haus endgültig in den Wahlkampf

Die SPD will diese Idee als Gegenvorschlag verstanden wissen zu den Unternehmensteuersenkungen, die von der Union angekündigt wurden. Im Willy-Brandt-Haus haben sie das schon mal durchgerechnet. Nach sozialdemokratischer Lesart führt der eigene Vorschlag im ersten Jahr zu einer um 0,17 Prozent höheren Wirtschaftsleistung, der von der Union nur zu einem Plus 0,15 Prozent – obwohl er mit 25 Milliarden Euro mehr koste. Auch bei den Investitionen erwartet die SPD von ihrem Bonus acht Milliarden Euro mehr, während sie den Steuerplänen der Union nur ein Investitionsplus von 2,7 Milliarden attestiert.

Am späten Mittag tritt dann Olaf Scholz vor die Kameras. „Wenn wir unsere Leistungsfähigkeit für die Zukunft erhalten wollen, dann müssen jetzt die richtigen Weichen gestellt werden“, sagt er. Die von der SPD geplante Investitionsprämie trage „unmittelbar“ dazu bei, das Wachstum in Deutschland zu fördern. Sie sei zielgerichtet und langfristig, kein „Strohfeuer für ein, zwei Jahre“. Auch Bürokratieabbau mahnt Scholz an, besonders in der EU, und – idealerweise auch das auf europäischer Ebene – Kaufanreize für die Elektromobilität und Unterstützung für die Stahlindustrie.

In dem Beschlusspapier des Präsidiums ist später von einem „zeitlich befristeten Steuerabzugsbetrag für die Anschaffung eines in Deutschland produzierten E-Autos“ die Rede. Gefordert wird zudem eine Deckelung der Netzentgelte bei drei Cent je Kilowattstunde und ein 100 Milliarden Euro schwerer Deutschlandfonds, gespeist aus Privatem und öffentlichem Kapital.

Im Willy-Brandt-Haus startet also der amtierende Kanzler endgültig in den Wahlkampf. In Niedersachsen haben sich schon am Vortag jene Männer sortiert, die in einer möglichen Post-Scholz-SPD die entscheidenden Positionen einnehmen könnten.

Auch wenn der mächtigste SPD-Landesverband bei der Vertreterversammlung ausgerechnet auf sein Zugpferd verzichten musste: Boris Pistorius habe es „gefällt“, sagt Niedersachsens SPD-Chef und Ministerpräsident Stephan Weil, der Verteidigungsminister sei krank. Boris Pistorius führt seit Monaten die Umfragen in Deutschland als beliebtester Politiker an, er ist aber weder Kanzlerkandidat seiner Partei noch Spitzenkandidat der Niedersachsen-SPD geworden. Die Landesvertreterversammlung in Hannover wählte ihn auf Platz drei, auf Platz zwei kam Pistorius’ Staatssekretärin Siemtje Möller, Platz eins sicherte sich – wie erwartet – der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil. Auch der war am Samstagmorgen in Hannover nicht fit und entschuldigte sich schon mal bei denen, die ihm zu Platz 1 der Landesliste gratuliert hatten: „Alle, die mich umarmt haben, sind morgen krank. Das tut mir leid!“

„Das Kanzleramt ist kein Ausbildungsbetrieb!“

Stephan Weil hatte Klingbeil in seiner Rede als derzeitige „Integrationsfigur der SPD“ gepriesen und scharfe Kritik an Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz geäußert. Diesem attestierte er ein „schlichtes Weltbild“, Merz sei ein „Verfechter des Turbokapitalismus“ und habe keinen einzigen Tag ernsthaft eine politische Verantwortung übernommen: „Das Kanzleramt ist kein Ausbildungsbetrieb!“

SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil wurde in Hannover auf Platz eins der Landesliste seiner Partei gewählt. (Foto: Moritz Frankenberg/dpa)

Auch Klingbeil arbeitete sich in seiner Rede an Merz ab, er könne verstehen, dass die Union ihn verstecke. „Je stärker Friedrich Merz auftritt, desto schlechter ist das für sein Stimmergebnis“, so Klingbeil. Merz sei besonders bei Ukraine-Themen immer wieder zurückgerudert, etwa als es um die Forderung nach Bodentruppen oder die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus ging. „Wenn Zurückrudern olympisch werden würde, holen wir mit Friedrich Merz endlich wieder die Goldmedaille.“

Auch Trump-Freund und Tech-Milliardär Elon Musk, der sich zuletzt in den Wahlkampf in Deutschland eingemischt und in einem Welt-Gastbeitrag geschrieben hatte, nur die AfD könne das Land noch retten, war Thema in Klingbeils Rede. Ihm warf er Staatsverachtung und rechtsextremistische Tendenzen vor, es reiche nicht, sich nur über Musk zu empören, „wir müssen offenlegen, was diese libertäre Ideologie bedeutet. Wir müssen dafür sorgen, dass dieser Staat nicht kaputt gemacht wird.“ Im Wahlkampf gehe es nun auch darum, sich nicht nur gegen die Feinde der Demokratie von innen, sondern auch gegen die von außerhalb Deutschlands zu wehren.

Klingbeil sagte, die SPD und besonders Kanzler Olaf Scholz könne stolz darauf sein, in den vergangenen drei Jahren unter anderem in die Bahn investiert und das Staatsbürgerrecht modernisiert zu haben, aber das Ende der Ampelkoalition sei wegen der „Arbeitsverweigerung der FDP“ unvermeidbar gewesen, so Klingbeil weiter.

Angesichts der schlechten Umfrageergebnisse seiner Partei gab sich Klingbeil in Hannover betont kämpferisch: „Ich will, dass das hier heute der Startschuss ist für die Aufholjagd!“



Source link

You may also like

Leave a Comment

NEWS CONEXION puts at your disposal the widest variety of global information with the main media and international information networks that publish all universal events: news, scientific, financial, technological, sports, academic, cultural, artistic, radio TV. In addition, civic citizen journalism, connections for social inclusion, international tourism, agriculture; and beyond what your imagination wants to know

RESIENT

FEATURED

                                                                                                                                                                        2024 Copyright All Right Reserved.  @markoflorentino