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Sudan: Armee treibt Offensive gegen RSF voran – Politik

by Marko Florentino
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Die Miliz „Rapid Support Forces“ (RSF), die große Gebiete im Sudan erobert hat, ist in der Bevölkerung als Plünderungsmaschine verhasst. Die RSF bezahlen ihre Kämpfer, von denen viele in den Nachbarländern der Sahelzone angeworben wurden, nur noch sporadisch mit regelmäßigem Sold. Ihre Kommandeure nutzen dafür andere Formen der Belohnung, sie geben den Kämpfern freie Hand, sich einfach zu nehmen, was sie wollen.

Die RSF plündern Städte und Dörfer aus. Ihre Kämpfer stehlen, morden, vergewaltigen. Sie ziehen eine breite Spur der Verwüstung durchs Land. So haben es Einheiten der RSF nun fast zwei Jahre lang gemacht im Krieg gegen ihren erbitterten Gegner, die sudanesische Armee SAF und deren Verbündete.

Aber wie lange lässt sich ein Land eigentlich ausplündern, in dem schon jetzt Hunderttausende Zivilisten vom Hungertod bedroht sind? „Plündern ist eine endliche Methode, um eine Armee zu unterhalten“, sagt Ahmed Soliman, Sudan-Experte am Thinktank Chatham House in London. „Das können die RSF nicht ewig so weitermachen.“ Irgendwann ist alles aufgebraucht oder eben zu Geld gemacht, was zu holen war. Und dann?

Mit Plündern macht man keinen Staat. Die Miliz stößt an ihre Grenzen

Vieles deutet darauf hin, dass die RSF nun an ihre Grenzen stoßen, dass sie zunehmend Schwierigkeiten haben, die riesigen eroberten Territorien dauerhaft zu halten und verwalten. Denn mit Plündern macht man keinen Staat. Stattdessen ist zu beobachten, dass die sudanesische Armee unter dem Kommando des Generals Abdel Fattah al-Burhan seit einigen Wochen auf dem Vormarsch ist und bemerkenswerte Geländegewinne erzielt.

„Das ist eine wichtige Entwicklung, die man nicht unterschätzen sollte“, sagt Gerrit Kurtz, Spezialist für das Horn von Afrika bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin. „Der erfolgreiche Vormarsch stärkt die Moral der Truppe.“

Die SAF haben die RSF vielerorts im Süden zurückgeschlagen, oder sie profitieren von deren taktischem Rückzug. Sie kontrollieren nun wieder mehr Routen und können Truppen besser bewegen. Seitdem die Armee vor einem Monat den strategisch wichtigen Kontenpunkt Wad Madani südlich von Khartum erobert hat, stößt sie immer weiter vor, heftige Kämpfe haben sich im Großraum der Hauptstadt an mehreren Fronten entzündet. Das Momentum ist aufseiten der SAF. „Das deutet in die Richtung, dass sich die RSF vermutlich nicht mehr lange dort werden halten können“, sagt Kurtz.

Ende Januar war es den SAF sogar gelungen, die Belagerung ihres Hauptquartiers durch RSF-Einheiten aufzubrechen. Abdel Fatah al-Burhan beschwor die Kampfkraft und Opferbereitschaft seiner Truppen und versprach in einer Propagandarede, die Gegend vom „Unrat aus Rebellen, Söldnern und Kriminellen“ zu befreien. 20 Monate lang hatten die RSF das Hauptquartier abgeschnitten und die SAF dadurch schwer gedemütigt, al-Burhan selbst musste von dort vor 17 Monaten fliehen. Seine Regierung verlegte er damals nach Port Sudan am Roten Meer, von wo aus er seither versucht, die Armee aufzurüsten und neue Kämpfer in seine Reihen zu holen.

Aus diplomatischen Kreisen war wiederholt die Einschätzung zu hören, dass al-Burhan in jedem Fall zuerst Khartum wieder kontrollieren wolle, bevor er überhaupt daran denkt, mit Gegnern zu verhandeln. Hardliner in seinem Umfeld halten Gespräche mit den RSF ohnehin für indiskutabel, sie wollten eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld, sagt der Analyst Soliman.

Geflüchtete Menschen kehren zurück nach Wad Madami, seit die Armee diesen strategischen Knotenpunkt aus der Hand der RSF-Milizen zurückerobert hat. (Foto: AFP)

Alle Versuche, RSF und SAF an einen Tisch zu bekommen, sind bisher gescheitert, auch die Initiativen des US-Sondergesandten Tom Perriello, der von Joe Biden beauftragt war, Wege aus dem Krieg im Sudan zu finden, endeten erfolglos.

Wie Donald Trumps Mannschaft das Thema Sudan anpacken wird, ist noch nicht klar ersichtlich, dass das Land eine neue Priorität der US-Politik werden wird, ist nicht zu erwarten.

Die Gefechtslage spricht dafür, dass die SAF die vergangenen Monate nutzen konnten, um ihre Schlagkraft zu stärken, sowohl mutmaßlich durch den Kauf neuer Waffen als auch die Rekrutierung weiterer Kämpfer. Vor allem der Hafen Port Sudan erweist sich für den Nachschub als Vorteil für die SAF, die RSF sind vom Meer abgeschnitten und müssen komplizierte geheime Lieferungen über Land und Luft nutzen, via Libyen und Tschad, unterstützt von den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Auf die Bevölkerung nimmt keine von beiden Seiten Rücksicht

Wie RSF-Anführer Mohammed Hamdan Daglo selbst einmal einräumte, machten seinen Truppen von der SAF eingekaufte Drohnen aus Iran massive militärische Schwierigkeiten. Berichte aus Sudan nennen Verbindungen der SAF nach Russland, Iran, Ägypten, Eritrea und Katar und in die Türkei, die der Armee den Weg zu Waffen ebneten. Die SZ konnte die Angaben nicht unabhängig überprüfen.

„Die SAF haben zahlreiche Verbindungen und die nötigen Mittel, um den Nachschub an Waffen zu sichern“, sagt Analyst Soliman.  Allerdings warnt er davor, die SAF bereits als Sieger in diesem Krieg zu betrachten. „Die RSF sind noch nicht geschlagen.“

Die SAF arbeiten mit islamistischen Milizen zusammen, die dem früheren Regime von Omar al-Baschir nahestehen und nun auch neue Kämpfer trainieren. Dass es den Menschen unter SAF-Kontrolle besser ergehen könnte als unter dem Terror der RSF, ist ungewiss. Beide Armeen nehmen keine Rücksicht auf Zivilisten, beide führen diesen Krieg auch gegen ihre eigene Bevölkerung.

Die Vereinten Nationen berichteten kürzlich über Massenexekutionen im Norden von Khartum, in Gebieten, die die SAF zurückerobert haben. Offenbar soll Rache geübt werden an Bewohnern, die als RSF-Kollaborateure verdächtigt werden. Das ist eine große Gefahr vor allem für die vielen humanitären Netzwerke, die versuchen, mit Suppenküchen und anderer Hilfe das Überleben von Zivilisten im Krieg zu organisieren, und nun zum Ziel der SAF werden. Auch Krankenhäuser im Sudan sind wiederholt beschossen und bombardiert worden, mutmaßlich von beiden Seiten.

Zivilisten in sudanesischen Kriegsgebieten berichteten der Süddeutschen Zeitung in Chats und Telefonaten mehrfach, dass sie als Spitzel der einen oder anderen Seite verdächtigt wurden, was für sie lebensgefährlich ist. Viele sind gefangen zwischen den Fronten, ohne Ausweg, ohne Nahrung und Medizin.

Die RSF verlieren im Großraum Khartum deutlich an Boden, gleichzeitig kämpfen sie erbittert darum, weiter im Westen den Ort El-Fascher einzunehmen, die Hauptstadt von Nord-Darfur. RSF-Einheiten belagern die Stadt mit Hunderttausenden Flüchtlingen schon seit vielen Monaten. Die SAF kooperieren dort mit einigen nicht-arabischen Milizen aus Darfur, die in den RSF ihren Hauptfeind sehen.

Sollten die RSF El-Fascher tatsächlich einnehmen können und die SAF die Kontrolle über Khartum zurückgewinnen, würde diese militärische Entwicklung eine Spaltung des sudanesischen Staates vertiefen. Damit schwindet die Aussicht, dass der Sudan in absehbarer Zeit noch als einheitlicher Staat regiert werden könnte.



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