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Tiktok in den USA: „Inakzeptables Risiko“ – Politik

by Marko Florentino
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Manchmal, sehr selten, finden die beiden großen Parteien der USA doch noch kurz zusammen. Jene Teile jedenfalls, die Abstimmungen im Kongress entscheiden können. Es gibt da zum Beispiel einen Gegner, gegen den Demokraten und Republikaner im Prinzip gleichermaßen Härte beweisen wollen, vor allem im Wahljahr 2024: China. Und so wollen die Abgeordneten im Repräsentantenhaus mithilfe der knappen republikanischen Mehrheit und der demokratischen Minderheit am Mittwoch einen Gesetzentwurf gegen Tiktok durch die Kammer bringen.

Der Vorstoß soll die chinesische Muttergesellschaft dazu bringen, die Video-Plattform zu verkaufen. Andernfalls würde Tiktok in Amerika verboten. Der Besitzer heißt Bytedance, Sitz in Peking, eingetragen auf den Cayman Islands. Der US-Sonderausschuss, der sich mit der Kommunistischen Partei Chinas befasst, hält das beliebte soziale Netzwerk für «ein inakzeptables Risiko für die nationale Sicherheit der USA». Es erlaube der chinesischen Regierung, «die amerikanische Öffentlichkeit zu überwachen und zu beeinflussen».

Trump: «Eine Menge Leute auf Tiktok, die es lieben.»

Die Republikaner wollen den Inhalt des Papiers im Rahmen eines Sonderverfahrens verabschieden. «Wir müssen sicherstellen, dass die chinesische Regierung Tiktok nicht durch Datenerfassung und Propaganda gegen amerikanische Nutzer und unsere Regierung einsetzen kann», sagte Steve Scalise, republikanischer Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, zu Wochenbeginn. Präsident Joe Biden könnte die Verordnung bereits am Freitag unterschreiben. Doch ganz so einfach wird es möglicherweise nun doch nicht. Denn da ist ein möglicherweise entscheidender Gegner: Donald Trump.

Derselbe Trump hatte als Präsident versucht, Tiktok aus den Vereinigten Staaten zu verbannen. Nach Klagen der Eigner blockierte ein Bundesrichter im Dezember 2020 seinen Versuch. Unterdessen scheint der mächtigste Republikaner seine Meinung geändert zu haben. Und das möglicherweise nicht nur deshalb, weil ihm Umfragen zu verstehen gaben, dass ihn ein Verbot Wähler kosten könnte.

In einem Interview mit dem Fernsehsender CNBC erinnerte sich Trump am Montag zwar noch an seine Bedenken, was Datenschutz und nationale Sicherheit betrifft. Aber es gebe bei der App «viel Gutes und viel Schlechtes», und da seien «eine Menge Leute auf Tiktok, die es lieben. Es gibt eine Menge junger Leute auf Tiktok, die ohne die Plattform verrückt werden.» Außerdem: «Ohne Tiktok kann man Facebook größer machen, und ich halte Facebook für einen Feind des Volkes.»

Verkauft Trump nationale Sicherheitsfragen wie Sneakers?

Feind des Volkes ist eine dieser typischen Ausdrucksformen Trumps, wobei er wissen dürfte, dass trotz schwindender Beliebtheit immer noch zahlreiche Amerikaner Facebook nutzen. Trump hatte seine Liebe ja auch dem von ihm zuvor reichlich genutzten Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) entzogen, Rückkehr möglich. Auf seiner Privatversion Truth Social sind 6,68 Millionen Follower gemeldet, er folgt demnach 66 Nutzern. Im vergangenen Sommer soll er dem X-Besitzer Elon Musk angeboten haben, Truth Social zu kaufen, wie die New York Times berichtet.

Tiktok in den USA: Turnschuhe oder die Interessen der USA - alles Mittel für seine Zwecke? Der Ex-Präsident, hier in Philadelphia, mit seinem jüngsten Merchandising-Produkt.

Turnschuhe oder die Interessen der USA – alles Mittel für seine Zwecke? Der Ex-Präsident, hier in Philadelphia, mit seinem jüngsten Merchandising-Produkt.

(Foto: Chip Somodevill/Getty Images/AFP)

Musk ist Trump offenkundig zunehmend zugetan, wie seine Kommentare zum Beispiel über Einwanderer ohne Papiere nahelegen. Was genau Trump jetzt zum Verteidiger von Tiktok macht, ist Anlass von Spekulationen. Die Washington Post vermutet, dass seine Wende mit einem Gönner der Republikaner und Investor von Tiktok zu tun haben dürfte. Trump brauche im Wahlkampf und wegen seiner Strafen nach Verfahren ja Hunderte Millionen Dollar. Da fürchten Kritiker, er verkaufe nationale Sicherheitsfragen im Zweifel genauso wie Sneaker. Man habe den Eindruck, schreibt die Zeitung, «dass es kein außenpolitisches Thema gibt, bei dem Trump nicht von einem Höchstbietenden bewegt werden kann».

Oder wird Trump diesmal ausnahmsweise von seinen Leuten überstimmt? Denn in der Sache stehen nun Gefolgsleute auf dem Prüfstand. Eine Aktivistin der Offensive gegen Tiktok ist die New Yorker Republikanerin Elise Stefanik, eine denkbare Kandidatin für die Vizepräsidentschaft, sie widerspricht dem Patron selten. Selbst der von Trumps Hardlinern installierte Speaker Mike Johnson unterstützt den Vorschlag und findet, dass Tiktok «aktiv unsere Wirtschaft und Sicherheit untergräbt». Allerdings habe er mit Trump noch nicht darüber gesprochen, was sich bis zum Mittwoch ändern könnte.

Die Anwälte von Tiktok beziehungsweise Bytedance argumentieren mit der amerikanischen Meinungsfreiheit, die US-Regierung versuche, «170 Millionen Amerikanern ihr verfassungsmäßiges Recht auf freie Meinungsäußerung zu nehmen». Trump unterrichtete sein Publikum auf Truth Social am vergangenen Freitag so: «Wenn sie Tiktok loswerden, werden Facebook und Zuckerschmuck ihr Geschäft verdoppeln.» Mit «Zuckerschmuck» ist natürlich Mark Zuckerberg gemeint, der Chef von Meta, dem Facebook gehört. Trump überzieht seine Gegner mit solchen Namen. Facebook habe bei der letzten Wahl betrogen, behauptet Trump – und glaubt offenbar, dass ihm Tiktok helfen könnte, diese Wahl zu gewinnen.



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