Ein paar Anspielungen ließen sich schon erkennen, als Präsident Aleksander Ceferin seine Rede vor den Delegierten von Europas Fußball-Union (Uefa) hielt. Da zitierte der Slowene erst seine Tochter, die ihm neulich vorgehalten habe, der Papa erinnere sie manchmal an eine Figur aus «Der Herr der Ringe» – dabei habe er doch gar kein Interesse am Ring der Macht. Und dann kramte er aus dem Sentenzenschatz der alten Römer noch einen Hinweis hervor: «Quidquid agis, prudenter agas et respice finem», trug er vor. «Was auch immer du tust, tue es klug und bedenke das Ende», bedeuten die Wörter auf Deutsch. Besonders die letzten beiden bekamen kurz darauf eine besondere Bedeutung.
Denn die für die Sportwelt einschneidende Nachricht des Tages verkündete Ceferin, 56, während des Kongresses noch nicht. Die sparte er sich für die anschließende Pressekonferenz. Da erklärte er, dass er 2027 nicht noch einmal als Präsident antritt und seine Zeit an der Spitze der Uefa nach dann elf Jahren enden wird. «Ich bin müde von Covid, müde von zwei Kriegen und von Nonsens-Projekten wie der sogenannten Super League«, sagte er.
Sein Schritt habe vor allem zwei Gründe: Auch eine Organisation wie die Uefa brauche «frisches Blut» – und er selbst sei schon lange genug von seiner Familie getrennt. Die Entscheidung habe er bereits vor sechs Monaten getroffen, aber nur einem kleinen Kreis mitgeteilt. Und dann sei es in den vergangenen Wochen ja höchst amüsant gewesen, «diese Hysterie» mitzuerleben.
Damit bezog sich Ceferin auf die Diskussionen, die es zuletzt rund um ihn und die Uefa gegeben hatte. Denn Ende des vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass der Verband den Passus seiner Satzung präzisieren wollte, der die Amtszeiten aller Vorständler auf drei Legislaturperioden beschränkt. Diese Regel wurde unter Ceferin 2017 eingeführt, der selbst bereits 2016 ins Amt gekommen war. Allerdings war noch eine unpräzise Formulierung enthalten, ab wann sie nun wirklich gültig sei.
Ceferin führt zwei Gründe an, warum er seinen Rücktritt nicht schon vor sechs Monaten ankündigt
In der öffentlichen Debatte hingegen ging es seither fast nur noch um die Frage, ob Ceferins erste Amtszeit unter diese Regel falle oder nicht. Nicht nur ein Schweizer Rechtsgutachten kam zu dem Schluss, dass Ceferin 2027 noch einmal hätte kandidieren können, weil eine rückwirkende Einführung mit dem Schweizer Verbandsrecht nicht vereinbar sei. Nach dem überwältigenden Ja des Kongresses – nur der englische Verband votierte dagegen – war der Weg für Ceferin zu einer neuerlichen Kandidatur endgültig frei. Stattdessen gab er bekannt, dass er in drei Jahren Schluss macht – und verband das sichtlich erzürnt mit einer kräftigen Kritik an den Medien und den «selbsternannten Moralaposteln», die ihm unterstellt hatten, sich alles für eine weitere Amtszeit zurechtzubiegen.
Ceferin führte zwei Gründe an, warum er seinen Rücktritt nicht schon vor sechs Monaten ankündigte, sondern bis jetzt wartete. Zum einen habe er den Kongress nicht beeinflussen wollen. Und zum anderen habe er im Zuge der vermeintlichen Hängepartie die «wahren Gesichter» von einigen Personen kennenlernen wollen – und die habe er gesehen.
Ceferins Ankündigung stellt einen gravierenden Einschnitt für die Sportpolitik dar. Der bei seiner Wahl weitgehend unbekannte Slowene etablierte die Uefa in den vergangenen Jahren als klaren Gegenpol von Gianni Infantino und dem Weltverband (Fifa), der mit zahlreichen Eskapaden und Skandalen auffiel. Auch stellte er sich vehement den Bemühungen um eine Super League entgegen, die trotz einiger Rückschläge andauern – insbesondere von einer Gruppe um die beiden spanischen Großklubs Real Madrid und FC Barcelona sowie den Sportvermarkter A22. In Paris teilte Ceferin noch einmal in deren Richtung aus. «Einige Menschen denken, dass sie alles kaufen können, aber man kann keine 70 Jahre Geschichte kaufen», sagte der Slowene, der offenkundig seinen altphilologischen Tag hatte und die geplante Super League als «Pleonexia League», bezeichnete, also als Liga der Habgierigen.
Unterstützung bekam Ceferin dabei jedoch nicht nur von den Uefa-Delegierten, sondern auch aus der Politik. Die französische Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra verwies gleich in ihrem Grußwort darauf, wie wichtig der Schutz des europäischen Sportmodells sei. Und zudem wurde am Tag des Kongresses bekannt, dass auf eine Initiative Frankreichs 26 Länder der Europäischen Union eine entsprechende Resolution unterzeichneten. Darin wird unter anderem betont, wie wichtig es sei, dass der Zugang eines Teams zu einer höheren Liga von der sportlichen Leistung abhängt. Nur ein einziges EU-Mitglied signierte diese Erklärung nicht: Spanien – das Land, aus dem die beiden letzten verbliebenen Großklubs kommen, die noch offen auf die Super League drängen.