Kaum war diese Schlacht geschlagen und der Wahlsieg verkündet, da strahlten in Israel schon großflächige Gratulationen von den Werbetafeln: „Glückwunsch“ stand da in riesigen Lettern neben einem Bildnis Donald Trumps. Dazu der fromme Wunsch auf Englisch: „Trump, make Israel great!“
Mindestens genauso schnell reagierte Premierminister Benjamin Netanjahu, der im Wettrennen der Weltenlenker gewiss unter den ersten und überschwänglichsten gewesen ist, als er Trump zum „größten Comeback in der Geschichte“ gratulierte und damit unter anderem Muhammad Ali und Lazarus auf die Plätze verwies. Beflissen wandte sich Netanjahu dabei nicht nur an seinen alten Freund Donald, sondern zugleich an dessen Gattin Melania. Und unterzeichnet hat er natürlich auch im Namen seiner Ehefrau Sara. Man ist ja unter Freunden, fast schon familiär.
Als Heilsbringer wird Trump nun in Israel zurückerwartet. Niedergeschlagen hatte sich das schon in Umfragen vor der Wahl, in denen 65 Prozent der Israelis angaben, sie würden, wenn sie denn könnten, für Trump stimmen. Auf Kamala Harris entfielen nur 13 Prozentpunkte, der Rest blieb unentschieden. Anerkennung drückt sich darin aus für das, was Trump in den vergangenen Wahlkampfwochen auch selbst immer wieder gern verkündet hatte: „Ich habe mehr für Israel getan als jeder andere Präsident, und offen gesagt, ich habe mehr für Israel getan als jeder andere Mensch.“
In seiner ersten Amtszeit hat Trump Israel mit vielen Zugeständnissen beglückt
Tatsächlich hatte Trump in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 Israel beglückt mit einem Bündel an weitreichenden Zugeständnissen: Frei von völkerrechtlichen Bedenken hatte er die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt, die 1967 von Syrien eroberten Golanhöhen als israelisches Staatsgebiet anerkannt und den Siedlungsbau in den besetzten Palästinensergebieten weitgehend gebilligt. Auf Israels Drängen hin kündigte er das Atomabkommen mit Iran auf und verhängte scharfe Sanktionen gegen das Teheraner Regime. Zudem hat er noch die Abraham-Abkommen vermittelt, mit denen Israel seine Beziehungen zu mehreren arabischen Staaten normalisierte.
Diese Liste aus vergangenen Zeiten lässt nun in Israel die Blütenträume knospen, und dem scheidenden Präsidenten Joe Biden werden gewiss nur wenige eine Träne nachweinen. Biden mag sich über fünf Jahrzehnte hinweg als treuer Freund des jüdischen Staats erwiesen haben. Er ist nach dem Terrorüberfall vom 7. Oktober 2023 umgehend nach Israel geflogen und hat anschließend Waffen in Massen geliefert für den Krieg. Netanjahu aber hat ihn immer wieder auflaufen lassen, wenn er Kritik übte an der brutalen Art der Kriegsführung oder am Mangel an politischen Perspektiven. Israels Premier hat dabei auf Zeit gespielt und auf Trump gesetzt. Nun ist dieses Kalkül aufgegangen.
Von Trump erhofft sich Israels Regierung Handlungsfreiheit in allen Arenen. Den ersten Austausch gab es gleich am Tag der Siegesfeiern. Zwanzig Minuten lang telefonierten Trump und Netanjahu noch am Mittwoch, das Gespräch wurde vom Büro des Premierministers als „warm und herzlich“ bezeichnet. Es sei dabei um die „Zusammenarbeit für Israels Sicherheit“ gegangen, hieß es, speziell auch um die „iranische Bedrohung“. Spätestens seitdem darf spekuliert werden, ob Israel auf Trumps Unterstützung zählen dürfte bei einem Angriff auf die iranischen Atomanlagen.
Die Politik des Isolationismus könnte schnell auch Israel treffen
Israels Hoffnungen sind allerdings nur das eine – die Realität könnte auch ganz anders sein. Schließlich geht es immer noch um Trump, dessen einzige Konstante die Unberechenbarkeit ist. Der von ihm gepredigte Isolationismus unter dem Mantra „America First“ könnte schnell auch Israel treffen. Und zumindest rhetorisch zeigt Trump sich gerade gern als Friedensfürst: „Ich werde keine Kriege beginnen, sondern Kriege beenden“, verkündete er in seiner Siegesrede. Wenn er das ernst meint, könnte das auch Druck entfalten auf Israels Fronten vom Gazastreifen bis zum Libanon.
Doch von solchen Szenarien wollen sich die Jubelchöre in Israel nicht die Stimmung vermiesen lassen. Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir postete zum Wahlsieg ein „Yesssss“ mit vielen „s“, dazu den Satz: „Gott segne Trump“. In Siedlerkreisen wird ein „neues Zeitalter für die Siedlungen“ beschworen, und in der Siedlung Psagot im Westjordanland wurde zur Feier des Tages ein neuer Wein etikettiert mit dem Namen „Trump“. Nahtlos knüpft das an die alten Zeiten der ersten Amtszeit an, als zum Zeichen der Dankbarkeit sogar ein neues Siedlungsprojekt auf den Golanhöhen nach ihm benannt worden war. Um „Ramat Trump“, die Trump-Höhen, war es danach allerdings schnell wieder still geworden. Das könnte sich jetzt wieder ändern.