In zwei Monaten soll es losgehen, exakt am 20. Januar 2025. An Tag eins seiner zweiten Amtszeit will Donald Trump mit dem beginnen, was er im Wahlkampf als „größtes Abschiebungsprogramm in der amerikanischen Geschichte“ bezeichnet hat. Immigranten ohne Aufenthaltsgenehmigung sollen in Massen deportiert werden. Wie genau soll das gehen, wer wird dem künftigen US-Präsidenten dabei zu Diensten sein, wer versucht, ihn zu bremsen?
Trump erinnert gerne an die „Operation Wetback“ aus dem Jahre 1954. Damals schickte die Regierung Dwight Eisenhower laut offiziellen Zahlen 1,3 Millionen Mexikaner über den Rio Grande zurück in den Süden, es war die bisher größte Abschiebung dieser Art. „Aber leider werden wir den Rekord brechen“, sagte Trump. Er dürfte allerdings auf Hindernisse stoßen.
Insgesamt leben in den Vereinigten Staaten mehr als elf Millionen Menschen, die ohne Erlaubnis über die Grenzen gekommen sind. Viele von ihnen sind seit Jahren im Land, oft seit Jahrzehnten. Die meisten arbeiten und zahlen Steuern. Sie sind ein wesentlicher Teil der US-Wirtschaft: Sie ernten, kochen, putzen, gärtnern oder bessern Straßen aus, häufig als Tagelöhner.
Auch die Regierungen von Demokraten wie Barack Obama und Joe Biden haben immer wieder illegale Grenzgänger abgeschoben. Gleichzeitig warten derzeit 3,7 Millionen Ausländer darauf, dass ihr Asylantrag geprüft wird. Als Logistiker für seine geplante Aktion hat sich Trump Hardliner ausgesucht: seinen bald obersten Grenzschützer Tom Homan und dessen Vize Stephen Miller.
Zuletzt machte das Gerücht die Runde, Trump werde zum Amtsantritt den nationalen Notstand ausrufen und „militärische Mittel“ einsetzen. „Wahr“, schrieb er in seinem Netzwerk Truth Social. Die U. S. Army darf nach gegenwärtigem Stand nicht verhaften und abschieben, doch 4000 Mitglieder der National Guard sind schon jetzt an der Südgrenze stationiert. Die Einwanderungs- und Zollbehörde, die Abschiebungen durchsetzen müsste, hat jedoch nur 6000 Beamte und 41 000 Haftplätze, das genügt für Trumps monströse Pläne nicht annähernd.
New Mexico und Arizona wollen nicht mitmachen
Es heißt, Trump könnte sich auf ein 226 Jahre altes Gesetz berufen, den Alien Enemies Act von 1798. Auf dessen Grundlage wurden im Zweiten Weltkrieg in den USA Menschen mit japanischer, deutscher und italienischer Abstammung festgehalten. Unklar ist, ob auf die Schnelle neue Abschiebegefängnisse entstehen könnten. Sicher ist, dass die Kosten enorm wären und die betroffenen Bundesstaaten sehr unterschiedliche Ansicht haben.
Das republikanisch regierte Texas will 566 Hektar vormaligen Farmlands zur Verfügung stellen, um unerwünschte Einwanderer kasernieren und von dort aus abschieben zu können. Die Gouverneurinnen Katie Hobbs aus Arizona und Michelle Lujan Grisham aus New Mexico dagegen, zwei Demokratinnen, wollen die Grenze schützen, sich aber weigern, Trumps militärische Ideen zu unterstützen. „Wir werden uns nicht an fehlgeleiteten Bemühungen beteiligen, die unseren Gemeinschaften schaden“, sagte Hobbs bei ABC. „Wir werden nicht kooperieren“, sagte Lujan Grisham bei MSNBC.
Ungewiss sind außerdem die Reaktionen der Herkunftsländer. Mexiko, Guatemala und Peru sind auf Druck hin empfänglich, Immigranten wieder aufzunehmen. Bei Venezuela zum Beispiel dürfte es schwieriger werden. Ansonsten warnt das American Immigration Council vor Abschiebungen im großen Stil, die enormes Leid verursachen und nach Berechnungen der Organisation 315 Milliarden Dollar verschlingen würde. 5,1 Millionen Kinder von Einwanderern ohne Papiere sind in den USA geboren und damit Amerikaner, Familien könnten getrennt werden. Menschenrechtler und Anwälte haben Sorge vor Razzien an Arbeitsplätzen. Restaurants oder Farmer fürchten, dass Personal aus Angst vor Verhaftung bald fernbleiben könnte. Trumps Leute scheinen darauf zu hoffen, dass viele Immigranten freiwillig ausreisen.
Man werde vor allem nach Kriminellen suchen, gab Homan zu verstehen, Trumps sogenannter Grenz-Zar. Aber nichts sei vom Tisch. „Wenn Sie sich illegal im Land aufhalten, sollten Sie besser über Ihre Schulter schauen.“ Dara Lind vom American Immigration Council schreibt in der New York Times: „Millionen Menschen werden am 21. Januar aufwachen und nicht genau wissen, was auf sie zukommt.“