Die Angestellten von Audi in Brüssel haben längst aufgehört, auf gute Nachrichten aus Deutschland zu waren. Schon im Sommer wurde ihnen mitgeteilt, dass sie ihre Jobs wohl bald verlieren werden. Und natürlich haben sie mitbekommen, in welchen Schwierigkeiten Audis Mutterkonzern VW steckt. Deshalb kam die Nachricht am Dienstagnachmittag nicht unerwartet: Das Brüsseler Audi-Werk schließt nicht erst, wie zuletzt geplant, Ende nächsten Jahres, sondern bereits Ende Februar.
Im Werk herrsche „Grabesstimmung“, sagten Arbeiter, die von belgischen Medien befragt wurden. Aber nun wisse man wenigstens, was Sache ist. Knapp 3000 Frauen und Männer werden ihren Arbeitsplatz verlieren, hinzukommen 1500, die bei Zulieferern arbeiten. Am Mittwoch wurden Gespräche über Abfindungen geführt, und die belgischen Arbeitnehmervertreter wissen: Auch in Deutschland verfolgt man ihre Arbeit sehr genau.
Das belgische Werk sollte ein Leuchtturm der Elektromobilität sein
„Natürlich werden wir für die Beschäftigten von Audi Brüssel verhandeln, aber wir tun das auch in Solidarität mit den deutschen Kolleginnen und Kollegen“, sagt Dominique Bray von der christlichen Gewerkschaft CNE. Einige VW-Leute hätten bereits Kontakt mit ihm aufgenommen und gefordert, hart zu verhandeln, „damit sie eine Basis haben für die Verhandlungen, die sie demnächst vielleicht selbst führen müssen“. Drei Werke will VW in Deutschland offenbar schließen.
Es ist ein Trauerspiel der deutschen Autoindustrie, was sich in der Brüsseler Gemeinde Forest abspielt. „Welcome to the Factory oft the Future“, steht auf der Werksfassade, Audi wollte hier einen Leuchtturm der Elektromobilität betreiben. Doch das Werk der Zukunft ist nun von gestern. Der Luxus-Elektro-SUV namens Q8 e-tron, der in Brüssel produziert wird, verkauft sich nicht. Ursprünglich sollten jährlich 40 000 Autos gebaut werden, nun sind es wohl nur noch ein paar Tausend. Der Markt verlangt nach billigen E-Autos.
Die Produktion des Q8 e-tron wird nach Mexiko verlagert, das war längst klar. Die Beschäftigten in Brüssel hatten gehofft, VW werde ihnen ein anderes Modell zuteilen. Darauf pochten auch die Gewerkschaften, als Audi im Juli dieses Jahres eine „Restrukturierung“ ankündigte. Doch diese Hoffnung hat sich mit der VW-Krise endgültig zerschlagen. Und Audi hat es eilig, sich aus Brüssel zu verabschieden. Der im Juli vorgestellte Plan sah einen stufenweisen Abbau des Personals bis Ende 2025 vor, davon ist nun keine Rede mehr.
Audi hat nach eigenen Angaben mit mehr als 20 Interessenten aus der Autobranche gesprochen, aber niemand habe ein tragfähiges Konzept vorgelegt. Als trügerisch erwies sich auch die Hoffnung, ein chinesischer Autobauer werde in Brüssel einsteigen. Am Dienstag teilte das Unternehmen mit, es gebe nun doch noch einen potenziellen Investor, der das Werk in Forest übernehmen könnte. Es handle sich um einen Nutzfahrzeughersteller. Aber darauf setzt in Brüssel kaum noch jemand. Die belgische Politik steuert bereits die Bemühungen, die Audi-Leute umzuschulen und für sie neue Jobs zu finden. Es gebe Tausende offene Industriearbeitsplätze in Brüssel und Umgebung, hieß es nach einer Sitzung des „Krisenstabs Audi“ vergangene Woche.