Der 1. FC Köln steigt nach einer vor allem in der ersten Halbzeit katastrophalen Leistung am abschließenden Spieltag in Heidenheim in die zweite Fußballbundesliga ab. Bereits nach 33 Minuten lag der FC 0:3 hinten, den Gegentoren gingen teilweise haarsträubende Fehler voraus, am Ende hieß es 1:4. Es ist der insgesamt siebte Abstieg aus der ersten Liga in der Geschichte des Klubs – und möglicherweise der folgenschwerste. Wegen einer Transfersperre des Weltfußballverbandes Fifa darf der 1. FC Köln in diesem Sommer keine neuen Spieler verpflichten, ein direkter Wiederaufstieg erscheint unter diesen Voraussetzungen fast unmöglich. Zuletzt spielte Köln 2019 in der zweiten Liga.
«Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich will nicht ausfallend werden, aber in der ersten Halbzeit haben wir es uns komplett kaputt gemacht», sagte Torhüter Marvin Schwäbe bei Sky: «Wir müssen jetzt sehen, wer den Weg mitgeht und wer nicht.» Ähnlich reagierte Mark Uth: «Wir haben in der ersten Halbzeit keinen einzigen Zweikampf geführt. Das geht einfach nicht.»
In die Relegation gegen Fortuna Düsseldorf muss der VfL Bochum. Union Berlin rettet sich noch durch einen dramatischen Elfmeternachschuss in der Nachspielzeit mit einem Sieg im Heimspiel gegen den SC Freiburg. Bochum verlor in Bremen 1:3. Mainz gelang aus eigener Kraft mit einem Sieg gegen Wolfsburg der Klassenverbleib. Die Relegationsspiele finden am 23. und 27. Mai statt. Bochum muss das Rückspiel in Düsseldorf bestreiten.
Die Abschlusstabelle der Fußball-Bundesliga finden Sie hier.
Der Abstiegskampf in der Chronologie
Vor dem Spiel
Für Köln war die Lage klar: Siegen oder Absteigen. Nur drei Punkte beim widerborstigen Aufsteiger Heidenheim würden die Tür zum Relegationsplatz noch mal öffnen. «Das kann einer der kuriosesten Klassenerhalte werden, die es seit langer Zeit gegeben hat», hatte Kölns Trainer Timo Schultz in der Euphorie des Last-Minute-Sieges gegen Union am vergangenen Samstag gesagt. Da drehte seine Mannschaft einen 0:2-Rückstand in einen 3:2-Sieg und erspielte sich so diese letzte Chance.
Zumindest rechnerisch einfach war die Ausgangslage auch für Bochum und Mainz: Ein Punkt würde jeweils reichen, um die Relegation zu vermeiden. Nur Union Berlin musste gegen Freiburg «den Rechenschieber auspacken», wie man ausschließlich im Fußballkontext sagt. Ein Punkt würde die Relegation sichern, ein Sieg die Chance auf den Klassenverbleib ohne Umwege gewährleisten. Die größten Emotionen zeigte aber an der Alten Försterei vor dem Spiel der Gegner: Freiburgs Trainer Christian Streich weinte schon vor seinem vorerst letzten Bundesliga-Spiel als Trainer.
Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert
Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.
Erste Halbzeit
Schon nach 22 Minuten musste der 1. FC Köln die Erinnerung an den vergangenen Samstag reaktivieren, um alle Hoffnung nicht sofort zu verlieren. Ausgerechnet Jeff Chabot, der Kölner Fels der vergangenen Wochen, fälschte einen Schuss des Heidenheimers Eren Dinkci unhaltbar ab. Zuvor hatte allerdings Jan-Niklas Beste weitgehend unbedrängt durchs Kölner Mittelfeld spazieren dürfen. Kurz danach verlor Faride Alidou den Ball im Zentrum, wo man im Profifußball niemals einen Ball verlieren darf. Dinkci bedankte sich, dribbelte leichtfüßig um zwei Kölner herum und schoss zum 2:0 ein. Es hätte aus Kölner Sicht nicht schlimmer losgehen können – bis zur 33. Minute. Denn da traf nach erneuter Kölner Abwehrkonfusion Kevin Sessa zum 3:0 für Heidenheim.
Auch Bochum lag bereits nach sechs Minuten hinten (Marco Friedl traf für Bremen), und Mainz egalisierte die frühe Wolfsburger Führung durch den seit Wochen bemerkenswert spielenden Brajan Gruda zum zwischenzeitlichen 1:1.
Und Union? Die Berliner freuten sich über die Zwischenstände aus Bremen und Heidenheim – konnten sich aber beim eigenen Torwart Frederik Rönnow bedanken, nicht früh zurückzuliegen. Die eigene Riesenchance zur Führung vergab Josip Juranovic: Er scheiterte per Elfmeter an Freiburgs Torhüter Noah Atubolu. In der Pause konnte Interimstrainer Marco Grote immerhin die frohe Kunde überbringen, dass ein eigenes Tor aktuell für den Klassenverbleib reichen würde – und der sofortige Abstieg wegen des deutlichen Kölner Rückstands nur noch theoretisch möglich ist. Gute Voraussetzungen eigentlich.
Zweite Halbzeit
Im Fokus stand zuerst Bochums Torhüter Manuel Riemann. Unter Einsatz all seiner Körperteile verhinderte er zunächst das 2:0 für Werder. Riemann ließ sich mehrmals so hart anschießen, dass er behandelt werden musste. Köln bäumte sich an der Ostalb ein wenig auf, Steffen Tigges köpfte in der 64. Minute das 1:3. 14 Minuten lang hielt der verkürzte Abstand – dann knallte Beste aus der Distanz den Ball an Schwäbe vorbei ins Tor, nun stand es 1:4 aus Kölner Sicht.
Alles hing an Union. Doch an der Alten Försterei passierte zunächst … wenig. Die Eisernen schafften es gegen den SC nicht, Offensivkraft zu entwickeln, obwohl sie ja eigentlich nichts mehr zu verlieren hatten. Bis Benedict Hollerbach den Ball auf dem linken Fuß hatte: Von der Strafraumgrenze aus knallte er ihn zur Berliner Führung in den Winkel.
Hollerbachs Gewaltschuss schubste den VfL auf den Relegationsplatz, der sofort in Bremen die Initiative ergriff – und zwei weitere Tore kassierte. Erst köpfte Anthony Jung den Ball nach einem Freistoß von Marvin Ducksch ins Tor, dann flankte Romano Schmid auf Jens Stage, der ebenfalls einköpfte. Es schlug die 80. Minute – und alle Bochumer Hoffnungen ruhten nur noch auf dem SC Freiburg in Köpenick …
Schlussphase
… und Freiburg half. Der Japaner Ritsu Doan, bloß 1,72 Meter groß, köpfte den Ausgleich. Die Tore in Bremen, Bochums 3:1-Anschlusstreffer durch Christopher Antwi-Adjei und das Bremer 4:1 durch Romano Schmid waren für Bochum nicht mehr von Belang. Es hing nur noch an den Geschehnissen in der Alten Försterei, und dort passierte Unglaubliches. In der Nachspielzeit bekamen die Köpenicker noch mal einen Elfmeter zugesprochen, Maximilian Eggestein hatte Danilho Doekhi runtergerissen. Kevin Volland trat an … verschoss erneut … doch Janik Haberer, der ehemalige Freiburger, traf per Nachschuss. Die Eisernen, als Champions-League-Teilnehmer in die Saison gestartet, retten sich in der Nachspielzeit. Bochum muss in die Relegation.
«Jetzt werde ich mich erst mal volllaufen lassen», kündigte Union-Präsident Dirk Zingler bei Sky an: «Wir sind einfach glücklich, dass wir das den Menschen geben konnten.» Manager Oliver Ruhnert war nach dem Last-Minute-Erfolg «leer» vor Anspannung und Erleichterung: «Wir sind positiv geblieben, obwohl es so scheiße gelaufen ist. Jetzt gehe ich nach Hause und brauche meine Ruhe.»
Beim VfL Bochum war die Stimmung selbstverständlich anders. «Wir haben einfach versagt heute. Anders kann ich es nicht sagen», gab Kapitän Anthony Losilla nach der Pleite zu: «Wir hatten es uns ganz anders vorgestellt, aber wir haben heute nicht alles investiert. Die anderen haben den Job gemacht, wir nicht.»
Und Mainz? Die krönen ihre erneut überragende Rückrunde mit dem ungefährdeten Klassenverbleib. 3:1 in Wolfsburg hieß es am Ende. «Wir waren so was von weg», sagte der Mainzer Sportvorstand Christian Heidel am Sky-Mikrofon. Sportdirektor Martin Schmidt ergänzte: «Es ist unglaublich, was der Fußball für Geschichten schreibt. Die letzten 13 Spiele mit Bo spielen wir eine Runde wie ein Europapokalanwärter.»