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Schon immer war es Liebe, aber auch Hass, die Tijuana mit den Vereinigten Staaten verbunden haben: Die Stadt liegt ganz im Norden Mexikos, direkt an der Grenze zu den USA. Einerseits ein Segen, weil US-Firmen billig in Tijuana produzieren lassen und Touristen kommen, um Urlaub zu machen oder um zu feiern. Andererseits ist die Nähe aber auch ein Fluch, weil Migranten und Drogenkartelle die Stadt als Durchgangsstation nutzen. Es gibt Bandenkriege und die Mordrate ist eine der höchsten der Welt.
Als wäre diese Beziehung nicht schon kompliziert genug, kommt seit Donnerstag noch ein neues Problem hinzu: Das Wasser wird knapp, und schuld ist – wie könnte es anders sein – die Regierung im fernen Washington.
Donald Trump stänkert dort schon seit Jahren gegen Mexiko. Während seiner ersten Präsidentschaft ließ er eine Mauer bauen an der Grenze: In Tijuana endet sie im Meer. Und kaum war er im Januar dieses Jahres wieder im Amt, drohte er mit Strafzöllen, 25 Prozent auf so gut wie alle Importe aus Mexiko. Vorerst wurden diese Sonderabgaben zwar auf Eis gelegt, die Stimmung aber ist angespannt – und ausgerechnet in dieser politisch durchaus heiklen Lage lässt Washington einen schon seit Jahren schwelenden Streit mit Mexiko um Wasser eskalieren.
Das alte Abkommen ermöglichte auf beiden Seiten der Grenze eine blühende Landwirtschaft. Damit ist es nun vorbei
Beide Länder teilen sich mehrere Flusssysteme und damit es dabei zu keinem Konflikt kommt über die Frage, wer wie viel Wasser entnehmen darf, schloss man schon vor mehr als 80 Jahren einen Vertrag. Damals, 1944, wurde festgelegt, dass die USA jedes Jahr Millionen Liter den Colorado River hinunter über die Grenze nach Mexiko schicken müssen. Dort wiederum speist man im Gegenzug Tausende Kubikmeter in den Río Bravo ein, jenen Strom also, der in den Vereinigten Staaten Rio Grande genannt wird.
Über Jahrzehnte hinweg ermöglichte das Abkommen auf beiden Seiten der Grenze die Entstehung einer blühenden Landwirtschaft. Fabriken profitierten ebenso, Städte wuchsen und lange war Wasser ohnehin auch kein Problem, es gab eher zu viel als zu wenig.
Damit aber ist es nun vorbei: In den vergangenen Jahren litt der Norden Mexikos unter Trockenheit und Dürren. Mexikanische Bauern machten deshalb Druck, blockierten Bahnstrecken und besetzten Staudämme, um zu verhindern, dass kostbares Nass in die USA abfließt.
Die USA und Mexiko sind also im Wasserstreit eigentlich aufeinander angewiesen
Auf der anderen Seite war die Lage ähnlich: Landwirte im Süden der USA klagten über vertrocknete Felder aufgrund der ausbleibenden Wasserlieferungen aus Mexiko und in Texas musste 2024 deswegen angeblich sogar die letzte verbliebene Zuckermühle schließen, ein Trauerspiel. Weiter westlich aber, am Lauf des Colorado, entnahmen US-amerikanische Bauern ihrerseits dem Fluss so viel Wasser, dass dieser heute meist nicht einmal mehr das Meer erreicht – mit Folgen wiederum für die Menschen in Mexiko: Tijuana, zum Beispiel, ist zu 90 Prozent vom Wasser des Colorado abhängig.
Die USA und Mexiko sind also im Wasserstreit eigentlich aufeinander angewiesen. Groß war darum die Freude im November vergangenen Jahres: Nach 18 Monaten und teils zähen Verhandlungen hatte man sich endlich auf eine neue Vereinbarung geeinigt. Mexiko erklärte sich bereit, vereinbarte Lieferungen früher durchzuführen und man wollte gemeinsam Maßnahmen zum Wassersparen einführen, „zum Wohle beider Länder“, hieß es aus der grenzüberschreitenden Wasserkommission IBWC.

:Die Trump-Flüsterin
Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum scheint einen besonderen Draht zum US-Präsidenten gefunden zu haben: Donald Trump zollt ihr „Respekt“ – und setzt die Strafzölle aus.
Nun, nur wenige Monate später, ist es mit diesen versöhnlichen Tönen allerdings vorbei: Die neue Regierung in Washington will maximalen Druck machen auf die Länder Lateinamerikas. Präsident Donald Trump droht nicht nur mit Strafzöllen, er will auch den Panamakanal wieder für die USA beanspruchen. Und nun ist da auch noch das Thema Wasser: Wieso sollten die Vereinigten Staaten den südlichen Nachbarn Mexiko versorgen, wenn man es dort in der Vergangenheit stets nicht allzu genau genommen hat mit der pünktlichen und litergenauen Einhaltung der Verträge?
Mexiko bittet um eine Sonderlieferung Wasser – doch die neue US-Regierung lehnt ab
Als man in Mexiko unlängst anfragte, ob man wegen Wasserknappheit in Tijuana vielleicht eine Sonderlieferung bekommen könnte, sagte man darum im US-Außenministerium schlicht: Nein. Mexikos „anhaltende Ausfälle“ bei den Wasserlieferungen im Rahmen des Vertrags von 1944 schadeten der amerikanischen Landwirtschaft, hieß es in einem Beitrag bei X. Man werde darum den Antrag Mexikos ablehnen.
„Ausgezeichnet“, jubelte der republikanische Abgeordnete Ted Cruz. In seiner Heimat, Texas, stecke die Landwirtschaft in einer Krise, „weil Mexiko seinen Verpflichtungen nicht nachkommt“.
Dort wiederum hält man sich mit scharfer Kritik bisher zurück. Präsidentin Claudia Sheinbaum hatte in der Vergangenheit trotz aller Konflikte zwischen beiden Ländern eine erstaunlich gute Beziehung zu ihrem Amtskollegen Donald Trump. Man werde sich um die Angelegenheit kümmern, den es gebe ja immer weniger Wasser. „Das ist Teil des Problems“, so Sheinbaum.
Tatsächlich hat der Klimawandel dazu geführt, dass es in einigen Bundesstaaten im Norden Mexikos immer schwieriger wird, Landwirtschaft zu betreiben. Felder verdorren, Tiere verenden und immer weniger Wasser fließt in vielen Flüssen. So sehen viele Menschen am Ende nur noch einen Ausweg: auswandern, Richtung Norden, in die USA.